16.08.2012

Zur Behandlung und Bewertung eines zinslosen Darlehens

Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Die Motive des Zuwendenden eines zinslosen Darlehens sind für den Steuertatbestand dieser Vorschrift ohne Bedeutung.

FG Münster 29.3.2012, 3 K 3819/10 Erb
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte im Mai 2002 ein zinsloses Darlehen von ihrem ehemaligen Lebensgefährten, Herrn E. erhalten. Hintergrund für die zur Verfügungstellung des Darlehens war, dass die Zinsbelastung der Klägerin gemindert werden sollte, die aus der Finanzierung des in ihrem Eigentum stehenden Immobilienobjekts resultierte. Die Klägerin zahlte das Darlehen im Mai 2008 ohne Zinsen zurück. Die Finanzverwaltung erhielt davon Kenntnis aufgrund einer bei Herrn E. durchgeführten Betriebsprüfung.

Infolgedessen forderte das Finanzamt die Klägerin zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung auf. Es war der Ansicht, dass der aus der unentgeltlichen Überlassung des Darlehens ergebende Zinsvorteil gem. § 7 Abs. 1 ErbStG der Schenkungsteuer unterliege, bei deren Berechnung nach § 12 BewG der Zinsfaktor 5,5 % anzuwenden sei.

Die Klägerin vertrat dagegen die Auffassung, dass eine Verpflichtung zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung nicht bestehe. Das Darlehen sei zwar zinslos überlassen worden. Dies führe aber mangels Bereicherung nicht zu einer steuerpflichtigen Schenkung, weil die zinslose Darlehensgewährung mit einer die Schenkung ausschließenden Gegenleistung in Form der "Erreichung einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft" verbunden gewesen sei.

Das FG wies die gegen den Schenkungssteuerbescheid gerichtete Klage ab. Allerdings wurde zur Fortbildung des Rechts die Revision zum BFH zugelassen. Das Verfahren ist dort unter dem Az. II R 25/12 anhängig.

Die Gründe:
Das Finanzamt hatte zu Recht die unentgeltliche Überlassung einer Kapitalsumme auf Zeit, durch die sich der Darlehensgeber seiner Einnahmemöglichkeiten begab, der Schenkungsteuer unterworfen.

Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Gegenstand der Zuwendung ist die dem Darlehensnehmer gewährte Nutzungsmöglichkeit des Kapitals, deren Jahreswert gewöhnlich mit 5,5 % gem. § 12 ErbStG i.V.m. § 15 Abs. 1 BewG bzw. § 12 Abs. 3 BewG anzusetzen ist. Dies entspricht der ständigen BFH-Rechtsprechung. Bereits mit Urteil vom 12.7.1979 (Az. II R 26/78) entschied der BFH, dass in der Zinslosigkeit eines von der Mutter an ihren Sohn gewährten Darlehens eine freigebige Zuwendung liegt. Zuletzt hat der BFH am 20.9.2010 (Az. II B 7/10) entschieden, dass die in der Gewährung eines zinslosen Darlehens liegende Kapitalnutzungsmöglichkeit eine freigebige Zuwendung i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sein könne.

Auch wenn das Motiv des Darlehensgebers gewesen sein mag, eine eheähnliche Lebensgemeinschaft mit der Klägerin zu erreichen, handelt es sich beim Eingehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft nicht um die "Bezahlung" von Leistungen, nämlich um die für den Geschäftsverkehr bestimmte Ebene, auf der Leistung und Gegenleistung rechtlich miteinander verknüpft werden. Die Motive des Zuwendenden sind für den Steuertatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ohne Bedeutung.

Zwar ist der Senat aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen davon überzeugt, dass nur ein Zinssatz von 4,5 % erzielt worden wäre. Allerdings sieht § 12 Abs. 3 BewG eine Abweichung von dem gesetzlich festgelegten Zinssatz von 5,5 % nicht vor. Auch wenn man den Rechtsgedanken des § 13 Abs. 3 Satz 2 BewG zu Grunde legt, kommt ein Ansatz eines anderen Zinssatzes als 5,5 % nicht in Betracht. Da tatsächlich ein Zinssatz von 5,5 % in den Streitjahren 2002 bis 2008 auch für eine Kapitalanlage von 1 Mio. € jedenfalls bei seriöser Geldanlage nicht zu erzielen war, war zur Fortbildung des Rechts die Revision zum BFH zuzulassen.

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