18.08.2011

Zur Bindung des Einbringenden an bei aufnehmender Kapitalgesellschaft angesetzten Wert

Werden Gesellschaftsanteile an einer Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Anteilen an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft eingebracht, entspricht der vom Einbringenden erzielte Veräußerungspreis grundsätzlich dem Wert, den die aufnehmende Kapitalgesellschaft für die eingebrachten Anteile angesetzt hat. Wird dieser Wert im Rahmen der Besteuerung jener Kapitalgesellschaft korrigiert, so ändert sich dadurch zugleich der beim Einbringenden zu berücksichtigende Veräußerungspreis.

BFH 20.4.2011, I R 97/10
Der Sachverhalt:
Der Kläger war seit 1998 Aktionär der A-AG und der B-AG. Die A-AG war schon Ende 1998 buchmäßig überschuldet und beantragte im Jahr 2003 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Im Dezember 1998 beschloss die Gesellschafterversammlung der B-AG, das Grundkapital zu verdoppeln. Die Kapitalerhöhung sollte gegen Sacheinlagen erfolgen, die durch Einbringung von Aktien der A-AG geleistet werden sollten. Die Einbringung sollte zum Teilwert gem. § 20 UmwStG 1995 erfolgen, wobei der Teilwert mit 170 Mio. DM für alle Aktien beziffert wurde. Der Kläger erhielt auf diese Weise weitere 1.998 Aktien der B-AG, womit er weiterhin 9,99 % von deren Grundkapital hielt. Im Januar 2001 veräußerte er "0,5 % der Aktien" an der B-AG an einen Dritten, im Dezember 2002 die übrigen für 37.998 €.

In der Anlage zur Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2002 ermittelte der Kläger einen zu berücksichtigenden Verlust aus der Veräußerung der B-Aktien i.H.v. 8,2 Mio. €. Bei der Berechnung waren die Anschaffungskosten der B-Aktien mit 16,9 Mio. DM angesetzt, wovon 10.789 DM auf die Anschaffung der ersten Aktien und 16,9 Mio. DM auf die Einbringung der A-Aktien entfielen. Das Finanzamt berücksichtigte letztlich unter Hinweis auf § 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 EStG 2002 den geltend gemachten Verlust nur zur Hälfte und setzte die Einkommensteuer auf 12.596 € fest. Später stellte sich heraus, dass der Einbringungswert der Aktien der A-AG sich entgegen der ursprünglichen Bilanzierung durch die B-AG nicht auf 170 Mio. DM, sondern auf 30 Mio. DM belaufen habe. An der Festsetzung der Einkommensteuer änderte dies allerdings nichts.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision des Klägers blieb vor dem BFH erfolglos.

Die Gründe:
Der Verlustfeststellungsbescheid war rechtmäßig. Das galt sowohl im Hinblick auf die Höhe des vom Kläger erlittenen Verlustes aus der Veräußerung der B-Aktien als auch insoweit, als dieser Verlust dort nur mit der Hälfte seines Betrags berücksichtigt wurde.

Bei Einbringung von Gesellschaftsanteilen an einer Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Anteilen an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft entspricht der vom Einbringenden erzielte Veräußerungspreis grundsätzlich dem Wert, den die aufnehmende Kapitalgesellschaft für die eingebrachten Anteile angesetzt hat. Die in § 20 Abs. 4 S. 1 UmwStG 1995 angeordnete Anbindung der Besteuerung des Einbringenden an die von der aufnehmenden Gesellschaft angesetzten Werte bewirkt, dass eine spätere Änderung der Höhe jener Werte ebenfalls auf die Besteuerung des Einbringenden durchschlägt. Das gilt nicht nur dann, wenn die aufnehmende Gesellschaft in der Folge ihre Handelsbilanz oder ihre Steuerbilanz ändert. Vielmehr genügt dafür, dass jener Gesellschaft gegenüber ein Steuerbescheid ergeht, der - bei Beibehaltung der angesetzten Wertentscheidung dem Grunde nach, also der Entscheidung über den Ansatz des Teil-, des Buch- oder eines Zwischenwertes - auf dem Ansatz anderer als der ursprünglich von ihr angesetzten Werte beruht.

Die Regelung in § 20 Abs. 4 S. 1 UmwStG 1995 dient dazu, die Besteuerung der aufnehmenden Gesellschaft und die Besteuerung des Einbringenden miteinander zu harmonisieren. Dieses Ziel würde nur unvollkommen erreicht, wenn die Ermittlung der Anschaffungskosten und des Veräußerungserlöses des Einbringenden zwar an die ursprüngliche Bilanzierung durch die aufnehmende Gesellschaft gebunden, von der weiteren bei jener Gesellschaft eintretenden Entwicklung aber abgekoppelt wäre. Es muss schon der Erlass eines Steuer- oder Feststellungsbescheids gegenüber der aufnehmenden Gesellschaft jedenfalls dann, wenn dieser Bescheid unanfechtbar wird, zur Verbindlichkeit der ihm zu Grunde liegenden Werte für die Besteuerung des Einbringenden führen. Soweit sich aus dem Senatsbeschluss vom 19.12.2007 (Az.: I R 111/05) ein abweichendes Verständnis ableiten lassen sollte, hält der Senat daran nicht fest. Infolgedessen waren die Teilwerte der A-Aktien im Einbringungszeitpunkt mit den bei der Besteuerung der B-AG angesetzten Werten zu berücksichtigen.

Ebenso war die Annahme des FG, dass der beim Kläger eingetretene Veräußerungsverlust nur nach Maßgabe des § 3c Abs. 2 S. 1 EStG 2002 berücksichtigt werden kann, nicht zu beanstanden. Denn wird im Rahmen einer von § 17 EStG 2002 erfassten Veräußerung ein Verlust erzielt, so ist dieser Verlust gem. § 3c Abs. 2 S. 1 EStG 2002 nur zur Hälfte abziehbar.

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