16.01.2012

Zur fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung bei Kirchensteuerfestsetzungen

Rechtsbehelfsbelehrungen bei Kirchensteuerfestsetzungen, die als für den Einspruch zuständige Behörde lediglich das "zuständige Generalvikariat" benennen, sind unzureichend. Die katholische Kirche ist eine weltweite Bekenntnisgemeinschaft, die lediglich organisatorisch in einzelne Diözesen untergliedert ist und sich somit von der evangelischen Kirche unterscheidet, die autonome Landeskirchen hat.

FG Münster 25.11.2011, 4 K 597/10 Ki
Der Sachverhalt:
Das Finanzamt hatte gegenüber dem in Polen katholisch getauften Kläger im Streitjahr 2008 mit der Einkommensteuer auch die katholische Kirchensteuer festgesetzt. In der Rechtsbehelfsbelehrung hinsichtlich der Festsetzung war ausgeführt, dass der Einspruch bei dem "zuständigen (erz-)bischöflichen Generalvikariat" einzureichen sei. Der Kläger legte gegen den Kirchensteuerbescheid Einspruch ein, den er damit begründete, nicht Mitglied der deutschen, sondern lediglich der polnischen katholischen Kirche zu sein.

Der Einspruch ging etwa sechs Monate nach Bekanntgabe des Bescheids beim zuständigen Generalvikariat ein und wurde als unbegründet abgewiesen, da es nur eine einzige weltumspannende katholische Kirche gebe. Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er ist der Ansicht, dass trotz Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 KiStG NW die Festsetzung von Kirchensteuer ihm gegenüber rechtswidrig sei. Außerdem verfüge er über einen weiteren Wohnsitz in Polen. Dort befinde sich neben seiner weit überwiegenden Habe auch seine Familie. Er habe lediglich für die Arbeit in Deutschland einen inländischen Wohnsitz begründet. Erkennbarer Lebensmittelpunkt sei jedoch sein polnischer Heimatwohnsitz.

Das FG wies die Klage ab.

Die Gründe:
Der Bescheid war nicht bereits durch verspätete Einspruchseinlegung in Bestandskraft erwachsen. Der Einspruch war vielmehr fristgerecht eingelegt worden, da sich die Einspruchsfrist wegen der fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung auf ein Jahr verlängert hatte. Denn zu einer ordnungsgemäßen Belehrung gehört auch die Angabe des Ortes der Behörde, bei der der Einspruch einzulegen ist. Aus dem bloßen Hinweis auf das "zuständige" Generalvikariat kann der Steuerpflichtige jedoch nicht erkennen, wo er den Einspruch einlegen muss.

Der Kläger war gem. § 3 Abs. 1 KiStG NW und § 5 KiStO des betroffenen Bistums kirchensteuerpflichtig. Danach sind alle Angehörigen der römisch-katholischen Kirche kirchensteuerpflichtig, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt i.S.d. §§ 8, 9 AO im Land NRW bzw. im Gebiet des betroffenen Bistums haben. Der Kläger ist Angehöriger der römisch-katholischen Kirche, auch wenn er die Taufe in die römisch-katholische Kirche in Polen erhielt, und hat seinen Wohnsitz im Geltungsbereich des KiStG NW sowie der KiStO des betroffenen Bistums.

Die römisch-katholische Kirche versteht sich als die unter päpstlicher Oberhoheit geeinte weltweite bekenntnisgleiche Gemeinschaft aller römisch-katholisch getauften oder konvertierten Gläubigen. Sie ist eine weltweite Bekenntnisgemeinschaft, die eine Aufteilung der Zugehörigkeit in einander ausschließende nationale Einzelkirchen mit voneinander abweichendem Bekenntnis nicht kennt. Die einmal in der Weltkirche begründete Mitgliedschaft wird durch den Wohnsitzwechsel nicht berührt. Der Betroffene wird lediglich einer Organisationshoheit der weltumspannenden Kirche zugeordnet, also den Diözesen, die in die formale Stellung eines Steuergläubigers eintreten. Insoweit besteht ein Unterschied zur evangelischen Kirche, die autonome Landeskirchen hat.

Was den Wohnsitz in Polen betrifft, so hat der Ehegatte seinen Wohnsitz zwar grundsätzlich dort, wo seine Familie ständig wohnt. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn ein Ehegatte im Inland berufsbedingt einen neuen Wohnsitz nimmt. Der Kläger hatte im Streitjahr in Deutschland einen eigenständigen Wohnsitz, auch wenn er seinen Lebensmittelpunkt wegen der Familie noch in Polen sah. Die von ihm genutzte Wohnung stand ihm nach Belieben tatsächlich und jederzeit zur Nutzung zur Verfügung. Er hatte nicht vorgetragen, die Wohnung in Deutschland nur vorübergehend innehaben zu wollen.

Linkhinweis:

FG Münster Newsletter v. 16.1.2012
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