24.07.2012

Zur Frage der regelmäßigen Arbeitsstätte eines auf einem Flughafengelände tätigen Leiharbeiters

Hinsichtlich des Abstellens auf die Möglichkeit einer Kostenminimierung ist zu prüfen, ob sich der Arbeitnehmer (hier: ein Leiharbeiter am Flughafen) zu Beginn der jeweiligen Tätigkeit ("ex ante") darauf einrichten konnte, am Einsatzort dauerhaft tätig zu sein. Aus der tatsächlichen Durchführung des Arbeitsvertrages können sich allerdings weitere, eindeutige und für den Arbeitnehmer objektiv erkennbare Anhaltspunkte ergeben, die einen Rückschluss auf eine regelmäßige Arbeitsstätte unumgänglich machen.

FG Düsseldorf 24.2.2012, 11 K 3870/10 E
Der Sachverhalt:
Der Kläger war im Streitjahr 2009 bei Leiharbeitnehmer-Firma tätig. Diese konzentriert sich speziell auf die Vermittlung von Fachkräften in den Bereichen Bodenverkehrsdienste, Luftfahrtdienste/Flugzeuginstandhaltung und Flugzeugreinigung. Am Flughafen A. bietet sie eine Reihe von Dienstleistungen an. Dort setzt sie auch in der Regel aufgrund der Konzernverbundenheit der beteiligten Unternehmen einen Großteil ihre Mitarbeiter ein. Auch der Kläger war im Streitjahr - mit Ausnahme eines Einsatzes für wenige Tage am Flughafen D. - ausschließlich am Flughafen A. tätig.

Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 machte der Kläger Fahrtkosten für beruflich veranlasste Auswärtstätigkeiten i.H.v. 5.535 € und damit die tatsächlichen Aufwendungen geltend. Das Finanzamt war allerdings der Ansicht, der Kläger habe nicht das Problem, sich wie ein Arbeitnehmer mit Einsatzwechseltätigkeit auf immer wieder neue Tätigkeitsstätten einstellen zu müssen. Der Flughafen A. bilde daher seine regelmäßige Arbeitsstätte, weshalb ihm nur die Entfernungspauschale des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 2 EStG i.H.v. 2.767 € zustehe.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hatte die geltend gemachten Fahrtkosten zu Recht nur in Höhe der Entfernungspauschale i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG berücksichtigt.

Laut BFH-Rechtsprechung führt das Abstellen auf die Möglichkeit der Kostenminimierung zwingend dazu, dass das Vorliegen einer regelmäßigen Arbeitsstätte nicht im Wege einer ex post-Betrachtung erfolgen kann. Vielmehr ist zu prüfen, ob sich der Arbeitnehmer zu Beginn der jeweiligen Tätigkeit ("ex ante") darauf einrichten konnte, dort dauerhaft tätig zu sein.

Aus der tatsächlichen Durchführung des Arbeitsvertrages können sich allerdings - wie der vorliegende Fall zeigt - weitere, eindeutige und für den Arbeitnehmer objektiv erkennbare Anhaltspunkte ergeben, die einen Rückschluss auf eine regelmäßige Arbeitsstätte unumgänglich machen. In diesen Fällen fehlt es an einer Rechtfertigung, dem Leiharbeitnehmer augrund einer ursprünglichen, im Veranlagungszeitraum aber überholten Tatsachenwürdigung einen höheren Werbungskostenabzug zu gewähren, als einem Arbeitnehmer, der sich von seiner erstmaligen Arbeitsaufnahme an auf eine regelmäßige Arbeitsstätte einrichten konnte.

Das vorübergehende Tätigwerden außerhalb der regelmäßigen Arbeitsstätte stellt somit vielmehr eine Dienstreise dar, die das Vorhandensein der regelmäßigen Arbeitsstätte nicht in Frage stellt. Insoweit weicht der erkennende Senat auch nicht von der BFH-Rechtsprechung ab. Der BFH hat bisher nicht entschieden, dass nur Einrichtungen und Betriebsstätten, die dem Arbeitgeber zivilrechtlich oder wirtschaftlich zuzurechnen sind, eine regelmäßige Arbeitsstätte sein können. Der BFH führt lediglich in seinen Urteilen aus, dass es sich bei einer regelmäßigen Arbeitsstätte in der Regel um einen Betrieb oder eine ortsfeste Betriebsstätte des Arbeitgebers handeln muss. Im Urteil vom 17.6.2010 (Az.: VI R 35/08) hat der BFH die Frage, ob ein Leiharbeitnehmer, der vom Verleiher für die gesamte Zeit seines Dienstverhältnisses dem Entleiher überlassen wurde, eine regelmäßige Arbeitsstätte beim Verleiher begründen kann, sogar ausdrücklich offen gelassen.

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