02.09.2013

Zur Gewinnermittlung bei Realteilung einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft ohne Spitzenausgleich

In Fällen, in denen - ihren Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung ermittelnde - (freiberufliche) Mitunternehmerschaften ohne Spitzenausgleich ihre Auflösung durch Realteilung betreiben, besteht keine Verpflichtung zur Erstellung einer Realteilungsbilanz nebst Übergangsgewinnermittlung, wenn die Buchwerte fortgeführt werden und die Mitunternehmer unter Aufrechterhaltung der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung ihre berufliche Tätigkeit in Einzelpraxen weiterbetreiben.

BFH 11.4.2013, III R 32/12
Der Sachverhalt:
Die Kläger hatten im Streitjahr 2002 eine Steuerberatungs- und Rechtsanwaltssozietät als GbR betrieben, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahme-Überschussrechnung ermittelte. Der Kläger zu 2) kündigte die GbR im Juni 2002 zum Jahresende. Die Kläger vereinbarten u.a., dass jeder diejenigen Wirtschaftsgüter zu Alleineigentum erhalten solle, die er zur betrieblichen Nutzung in Besitz gehabt habe. Darüber hinaus regelten die die Übernahme der Verbindlichkeiten der GbR. Im Jahr 2003 betrieben beide Kläger ihre berufliche Tätigkeit in Einzelpraxen weiter. Sie ermittelten ihren Gewinn jeweils nach § 4 Abs. 3 EStG. Die Buchwerte der jeweils übernommenen Wirtschaftsgüter führten sie fort.

Im Rahmen einer Außenprüfung bei der GbR vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die GbR zum 31.12.2002 durch Realteilung auseinandergesetzt worden sei; zu diesem Stichtag sei der Gewinn durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln. Der Übergangsgewinn sei laufender Gewinn. Im Rahmen der Auseinandersetzung der GbR durch Realteilung seien die vorhandenen positiven und negativen Wirtschaftsgüter aufgeteilt worden. Aufgelder oder ein sog. Spitzenausgleich seien nicht bezahlt worden. Der laufende Gewinn aus selbständiger Tätigkeit sei deshalb um 283.203 € zu erhöhen. Das Finanzamt änderte den Bescheid für das Streitjahr entsprechend.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFH ohne Erfolg.

Die Gründe:
Das FG war zutreffend davon ausgegangen, dass die Auseinandersetzung der GbR im Wege der Realteilung ohne Ausgleichszahlungen (sog. Spitzenausgleich) erfolgte. Im Ergebnis zu Recht hatte es zudem eine Verpflichtung der GbR, anlässlich der Realteilung eine Realteilungsbilanz zu erstellen und einen Übergangsgewinn zu ermitteln, verneint.

Eine Realteilung mit Spitzenausgleich liegt vor, wenn ein Mitunternehmer aus eigenen Mitteln einen Ausgleich an den anderen Mitunternehmer leistet, weil er etwa im Rahmen der Realteilung Wirtschaftsgüter übernommen hat, deren Verkehrswerte den Wert seines Anteils am Gesamthandsvermögen übersteigen. In die Realteilung sind nicht nur die positiven, sondern auch die negativen Wirtschaftsgüter - also auch Verbindlichkeiten - der real geteilten Personengesellschaft miteinzubeziehen; dagegen können (Ausgleichs-)Verbindlichkeiten, die erst durch den Realteilungsvorgang selbst entstehen, nicht in die Umstrukturierung des Realteilungsvermögens miteinbezogen werden. Im Streitfall wurden lediglich die positiven und negativen Wirtschaftsgüter aufgeteilt, so dass die Realteilung ohne Spitzenausgleich erfolgte.

Eine Verpflichtung der GbR, anlässlich der Realteilung eine Realteilungsbilanz zu erstellen und einen Übergangsgewinn zu ermitteln, ergab sich weder aus der Vorschrift des § 16 Abs. 2 S. 2 EStG noch aus allgemeinen Grundsätzen oder aus berechtigten, praktischen Erwägungen des Finanzamtes. § 16 Abs. 2 S. 2 EStG findet bei der Realteilung einer Mitunternehmerschaft ohne Spitzenausgleich und unter Fortführung der Buchwerte keine Anwendung, da die Rechtsfolge der Buchwertfortführung in diesem Fall abschließend in § 16 Abs. 3 S. 2 EStG geregelt ist. Die Realteilung einer Personengesellschaft ist zwar ertragsteuerlich als Betriebsaufgabe einzuordnen. Dass die Buchwerte (grundsätzlich) fortzuführen sind, ergibt sich jedoch unmittelbar und insoweit abschließend aus § 16 Abs. 3 S. 2 EStG, nach dem - wie etwa in § 6 Abs. 3 S. 1 EStG - die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen sind, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben. Dieses Ergebnis wird bestätigt durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift.

Eine Verpflichtung der GbR ergab sich auch nicht aus allgemeinen Grundsätzen, insbesondere nicht aus dem Grundsatz der Gesamtgewinngleichheit. Zwar ist vom BFH die Frage, ob im Falle der Realteilung einer - ihren Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelnden - (freiberuflichen) Mitunternehmerschaft ohne Spitzenausgleich diese im Fall der Buchwertfortführung eine Realteilungsbilanz erstellen und einen Übergangsgewinn ermitteln muss (sog. fiktiver Übergang zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG), wenn die Mitunternehmer unter Aufrechterhaltung der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung ihre berufliche Tätigkeit in Einzelpraxen weiterbetreiben, noch nicht entschieden. Nach Auffassung des erkennenden Senats besteht in einem solchen Fall allerdings keine Verpflichtung. Die Rechtsauffassung steht im Einklang mit der rechtlichen Behandlung der Einbringung nach § 24 UmwStG. Die Realteilung einer Personengesellschaft ist ihrem Wesen nach der umgekehrte Fall einer Einbringung nach § 24 UmwStG.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BFH online
Zurück