20.09.2013

Zur Pflicht des Testamentsvollstreckers zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung

Testamentsvollstrecker sind gem. § 31 Abs. 5 S. 1 ErbStG zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung für einen Erwerber nur verpflichtet, wenn sich die Testamentsvollstreckung auf den Gegenstand des Erwerbs bezieht und das Finanzamt die Abgabe der Erklärung vom Testamentsvollstrecker verlangt. Zivilrechtlich ist der Testamentsvollstrecker weder Vertreter des Erblassers oder des Nachlasses noch Vertreter des oder der Erben; er hat die Stellung eines Treuhänders und ist Inhaber eines privaten Amtes.

BFH 11.6.2013, II R 10/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin wurde im notariell beurkundeten Erbvertrag ihrer Großeltern von dem länger lebenden Großelternteil als Nachvermächtnisnehmerin nach dem Ableben der jeweiligen Vorvermächtnisnehmerinnen. Die Großeltern ordneten eine Testamentsvollstreckung für ihren Nachlass an. Das Amt des Testamentsvollstreckers sollte u.a. die Aufgabe umfassen, für die Ausführung der Vermächtnisse zu sorgen und die vermachten Gegenstände auch nach der Vermächtniserfüllung für die im Erbvertrag bestimmte Dauer der Testamentsvollstreckung von dreißig Jahren ab Eintritt des Erbfalls weiter zu verwalten. Nach dem Ableben des zuletzt verstorbenen Großelternteils im Mai 1990 nahm der Testamentsvollstrecker seine Tätigkeit auf.

Eine im Oktober 2008 verstorbene Vorvermächtnisnehmerin wurde von ihrer Schwester alleine beerbt. Diese machte im Rahmen ihrer Erbschaftsteuererklärung das zugunsten der Klägerin angeordnete Nachvermächtnis hinsichtlich des Miteigentumsanteils an einem Grundstück als Nachlassverbindlichkeit geltend. Daraufhin setzte das Finanzamt, ohne von der Klägerin oder dem Testamentsvollstrecker eine Erbschaftsteuererklärung anzufordern, wegen des Nachvermächtnisses gegenüber der Klägerin Erbschaftsteuer fest. Der Besteuerung legte die Behörde nicht das Verhältnis der Klägerin zu dem zuletzt verstorbenen Großelternteil, sondern ihr Verhältnis zu der Vorvermächtnisnehmerin zugrunde. Der Erbschaftsteuerbescheid war an die Klägerin gerichtet und wurde ihr auch bekannt gegeben.

Den Antrag der Klägerin, den Erbschaftsteuerbescheid dem Testamentsvollstrecker erneut bekannt zu geben, lehnte das Finanzamt ab. Den weiteren Antrag, den nach ihrer Ansicht wegen fehlerhafter Bekanntgabe unwirksamen Erbschaftsteuerbescheid aufzuheben und der Besteuerung ihr Verhältnis zum zuletzt verstorbenen Großelternteil zugrunde zu legen, lehnte das Finanzamt ebenfalls ab. Die Klägerin sah darin eine Verletzung der §§ 32 Abs. 1 S. 1, 31 Abs. 5 S. 1 ErbStG. Ihre Klage blieb allerdings in allen Instanzen erfolglos.

Die Gründe:
Der Erbschaftsteuerbescheid wurde der Klägerin wirksam bekannt gegeben.

Ein Erbschaftsteuerbescheid wird regelmäßig mit der Bekanntgabe an den Erwerber (Steuerschuldner) wirksam. Abweichend von § 122 Abs. 1 S. 1 AO ist in den Fällen des § 31 Abs. 5 ErbStG der Steuerbescheid dem Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter bekanntzugeben. § 31 Abs. 5 S. 1 ErbStG regelt die Verpflichtung des Testamentsvollstreckers zur Abgabe der Erklärung, ohne die Erklärungspflicht von weiteren Voraussetzungen abhängig zu machen. Die Vorschrift ist jedoch nicht dahin zu verstehen, dass sie im Fall einer Testamentsvollstreckung eine uneingeschränkte Erklärungspflicht des Testamentsvollstreckers anordnet. Vielmehr er zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung für einen Erwerber nur dann verpflichtet, wenn sich die Testamentsvollstreckung auf den Gegenstand des Erwerbs bezieht und das Finanzamt die Abgabe der Erklärung vom Testamentsvollstrecker verlangt.

Zivilrechtlich ist der Testamentsvollstrecker weder Vertreter des Erblassers oder des Nachlasses noch Vertreter des oder der Erben; er hat die Stellung eines Treuhänders und ist Inhaber eines privaten Amtes. In Bezug auf einen Vermächtnisnehmer tritt eine Steuererklärungspflicht des Testamentsvollstreckers jedoch nur ein, wenn der Testamentsvollstrecker über die bloße Erfüllung des Vermächtnisses hinaus weitere Befugnisse hinsichtlich des vermachten Gegenstands hat. Das betrifft vor allem Fälle, in denen für das Vermächtnis eine Dauervollstreckung angeordnet wurde. Der Aufgabenkreis des Testamentsvollstreckers umfasst grundsätzlich nicht die Regelung von weiteren Angelegenheiten der Personen, denen infolge des Erbfalls lediglich schuldrechtliche Ansprüche erbrechtlicher Natur gegenüber den Erben zustehen.

Infolgedessen war der Erbschaftsteuerbescheid der Klägerin als Nachvermächtnisnehmerin wirksam bekannt gegeben worden. In Bezug auf das Nachvermächtnis war zwar eine Dauervollstreckung angeordnet worden. Eine Bekanntgabe des für die Klägerin bestimmten Erbschaftsteuerbescheids an den Testamentsvollstrecker war aber nicht erforderlich, weil das Finanzamt diesen nicht zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung für die Klägerin wegen deren Erwerb durch das Vermächtnis aufgefordert hatte.

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