04.03.2013

Zur Rückstellung für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen

Eine Rückstellung für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen kann Finanzierungskosten für die zur Aufbewahrung genutzten Räume auch dann enthalten, wenn die Anschaffung/Herstellung der Räume nicht unmittelbar (einzel-)finanziert wurde, sondern der Aufbewahrungspflichtige (hier: eine Sparkasse) die sog. Poolfinanzierung anwandte. Voraussetzung für die Berücksichtigung der Zinsen ist in diesem Fall, dass sie sich durch Kostenschlüsselung verursachungsgerecht der Herstellung/ Anschaffung der Räume zuordnen lassen und dass sie nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 2002 angemessen sind.

BFH 11.10.2012, I R 66/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Sparkasse. Sie unterliegt mit ihrem gesamten Geschäftsbetrieb nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 4 KStG 2002 der Körperschaftsteuer. Sie hatte in ihrem Jahresabschluss zum 31.12.2005 eine Rückstellung für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen gebildet und hierbei auch Finanzierungskosten im Zusammenhang mit den für Zwecke der Aufbewahrung genutzten eigenen Räumen einbezogen. Nach einem Schlüssel wurden die (jahresbezogenen) Kostenteile mit dem für die jeweils mittlere Aufbewahrungsfrist der am Bilanzstichtag vorhandenen Unterlagen anzusetzenden Faktor multipliziert. Infolgedessen ergab sich hieraus ein Rückstellungsbetrag i.H.v. rund 750.000 €.

Darüber hinaus passivierte die Klägerin Finanzierungskosten für die eigenen Archivräume. Sie ging hierbei von jährlichen Zinsaufwendungen i.H.v. rund 35.352 € aus, die aus den Restbuchwerten der für Aufbewahrungszwecke genutzten Räume sowie der durchschnittlichen Passivverzinsung der Sparkasse abgeleitet wurden. Das Finanzamt war hingegen der Ansicht, dass die Finanzierungsaufwendungen nicht passiviert werden könnten, da sie nicht zu den notwendigen Gemeinkosten i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 2002, sondern in Anlehnung an die Regelungen des § 255 Abs. 2 u. 3 HGB a.F. lediglich zu den gewillkürten Gemeinkosten zu rechnen seien.

Das FG wies die Klage gegen die hiernach ergangene Körperschaftsteuerfestsetzung ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Entgegen der Ansicht des FG finden auch diejenigen Zinsen, die als sog. Gemeinkosten der Pflicht der Klägerin, ihre Geschäftsunterlagen aufzubewahren, zuzuordnen sind, Eingang in die Rückstellungsbewertung.

Für Zwecke des steuerbilanziellen Ausweises ist seit dem StEntlG 1999/2000/2002 in § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG 1997 n.F./2002 geregelt, dass - so der Einleitungssatz - Rückstellungen höchstens insbesondere unter Berücksichtigung der folgenden Grundsätze und - so Buchst. b der sich anschließenden Aufzählung - Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen mit den Einzelkosten und den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten sind. Die Vorinstanz hat hieraus abgeleitet, dass in die steuerrechtliche Rückstellungsbewertung zwar Zinsen für Kredite eingehen, deren Valuten unmittelbar zur Finanzierung der Archivräume verwendet worden waren. Von diesen Einzelkosten seien aber die nur im Wege einer Kostenschlüsselung (Schätzung) zuordenbaren Gemeinkosten zu trennen.

Der Senat folgt dem nicht. Er ist vielmehr der Ansicht, dass nicht unmittelbar der Aufbewahrungsverpflichtung zuzuordnende Zinsaufwendungen zu den Gemeinkosten i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 2002 zu rechnen sind. Eine Rückstellung für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen kann Finanzierungskosten (Zinsen) für die zur Aufbewahrung genutzten Räume auch dann enthalten, wenn die Anschaffung/Herstellung der Räume nicht unmittelbar (einzel-)finanziert wurde, sondern der Aufbewahrungspflichtige seine gesamten liquiden Eigen- und Fremdmittel in einen "Pool" gegeben und hieraus sämtliche Aufwendungen seines Geschäftsbetriebs finanziert hat (sog. Poolfinanzierung). Voraussetzung für die Berücksichtigung der Zinsen (als Teil der notwendigen Gemeinkosten) ist in diesem Fall, dass sie sich durch Kostenschlüsselung verursachungsgerecht der Herstellung/ Anschaffung der Räume zuordnen lassen und dass sie nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 2002 angemessen sind.

Der Senat konnte nicht mit der gebotenen Sicherheit entnehmen, ob die Klägerin bereits im Zeitpunkt der Herstellung oder Anschaffung der einzelnen für Archivierungszwecke genutzten Gebäude ihre Ausgaben aus einem Finanzierungspool geleistet hatte. Sollte sich im weiteren Verfahren ergeben, dass auch nur einzelne dieser Gebäude durch unmittelbar zuordenbare Einzelkredite finanziert wurden, so wäre insoweit eine Zurechnung von Poolfinanzierungszinsen (Gemeinkosten) ausgeschlossen und nur die auf die Einzelkredite entfallenden Schuldzinsen (Einzelkosten) in die Bewertung der Archivierungsverpflichtung einzustellen. Somit hätte das FG für den Fall, dass die Klägerin tatsächlich den Finanzierungsweg des Einzelkredits eingeschlagen haben sollte, der Frage nachzugehen, ob und in welcher Höhe die Einzelkredite sowie etwaige Umschuldungsdarlehen zwischenzeitlich durch Eigenmittel getilgt wurden, und auf dieser Grundlage den rückstellbaren Zinsanteil zu schätzen.

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