02.02.2012

Zur Steuerpflicht von Zinsen aus Lebensversicherungen bei Umschuldungen

Ein Steuerpflichtiger kann sich nicht auf § 10 Abs. 2 S. 2a bis c EStG berufen, wenn die Valuta seines Umschuldungsdarlehens, zu dessen Besicherung Ansprüche aus Kapitallebensversicherungen eingesetzt werden, höher als die Restschuld des umzuschuldenden Darlehens ist und der übersteigende Betrag zur Einzahlung auf einen Bausparvertrag verwendet wird, der eine Verzinsung des Bausparguthabens vorsieht. In diesem Fall kann die Einzahlung allenfalls als mittelbare Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes angesehen werden.

BFH 12.10.2011, VIII R 30/09
Der Sachverhalt:
Der Kläger und seine Ehefrau hatten im Dezember 1992 mit Hilfe eines Darlehens eine Eigentumswohnung erworben. In der Folgezeit erzielten sie mit der Wohnung negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Eheleute entschlossen sich im Jahr 2002 dazu, das Darlehen mit Hilfe einer Bausparkasse umzuschulden. Diese gewährte ihnen ein Annuitätendarlehen über 60.000 € sowie ein Darlehen über 84.000 €, wovon 64.000 € ausgezahlt und die restlichen 20.000 € sofort für einen Bausparvertrag verwendet wurden. Das Bausparguthaben wurde mit 3 % verzinst. Der Restbestand des alten Darlehens betrug 124.000 €.

Sämtliche Rechte und Ansprüche aus dem Bausparvertrag verpfändeten der Kläger und seine Ehefrau zwecks Darlehenssicherung an die Bausparkasse. Zur Absicherung verpfändeten sie ferner ihre Ansprüche aus zwei Lebensversicherungsverträgen an die Bausparkasse. Das Finanzamt stellte die Steuerpflicht der Zinsen aus den Lebensversicherungen gesondert fest. Es nahm eine schädliche Verwendung an, weil ein Teil des durch die Lebensversicherungen gesicherten Darlehens der Finanzierung eines Bausparguthabens und damit einer langfristigen Forderung diene.

Der Kläger hielt dagegen, die vorgesehene Vorfinanzierung des Bauspardarlehens sei Teil eines einheitlichen Finanzierungskonzepts, das nicht in seine Bestandteile zerlegt werden dürfe. Bei Betrachtung der konzeptionellen Besonderheiten habe das Umschuldungsdarlehen ebenso wie das zuvor mit seinen Mitteln abgelöste Ursprungsdarlehen der unmittelbaren und ausschließlichen Finanzierung der Anschaffungskosten der Eigentumswohnung gedient und diene diesem Zweck auch weiterhin.

Das FG gab der Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Es lag eine steuerschädliche Verwendung vor, die in vollem Umfang zur Steuerpflicht der Zinsen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG führte.

Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 1 EStG steuerpflichtig. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz lag keiner der in § 10 Abs. 2 S. 2a bis c EStG aufgeführten Ausnahmetatbestände vor. Dadurch, dass ein Teilbetrag des Darlehens von 20.000 € nicht direkt zur Ablösung des alten Darlehens eingesetzt, sondern unmittelbar auf den Bausparvertrag eingezahlt worden war,  wurde dieser Teilbetrag zur Begründung einer Forderung des Klägers und seiner Ehefrau gegenüber der Bausparkasse verwendet. Das allein führte bereits zur Steuerschädlichkeit.

Die hier gewählte Finanzierungsart beruhte auf einem von der Bausparkasse entwickelten Finanzierungsmodell, das die Verknüpfung und spätere Tilgung eines Vorfinanzierungsdarlehens mit einem Bausparvertrag vorsah und bei dem Darlehenshöhe und Bausparsumme mit 84.000 € um 20.000 € höher lag als der abzulösende Darlehensrestbetrag von 64.000 €. Die Einzahlung der 20.000 € auf das Bausparkonto und die damit verbundene Begründung einer Forderung waren daher gerade kein notwendiges Durchgangsstadium im Rahmen üblicher Zahlungsgestaltung.

Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 S. 2a EStG waren außerdem auch deshalb nicht erfüllt, weil die Höhe der bei der Bausparkasse aufgenommenen Umschuldungsdarlehen die Restvaluta des alten Darlehens um 20.000 € überstieg. Insofern diente das Darlehen nicht mehr unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist. Die Einzahlung der 20.000 € konnte allenfalls noch als mittelbare Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesehen werden, was aber nicht ausreichte.

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