26.09.2012

Zur Verfassungsmäßigkeit des Abzugs von Kinderbetreuungskosten bei Schwangerschaft der Mutter

Es ist verfassungsgemäß, den Abzug von Kinderbetreuungskosten vom Vorliegen persönlicher Anspruchsvoraussetzungen (z.B. Ausbildung oder längerfristige Erkrankung) abhängig zu machen. Bei der Auswahl der maßgeblichen Gründe kommt dem Gesetzgeber ein Typisierungsspielraum zu, den er mit §§ 4f, 9 Abs. 5 S. 1 und 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG a.F. (2006) nicht überschritten hat. Eine Schwangerschaft stellt als solche keine Krankheit dar und berechtigt daher nicht zum Abzug privater Kinderbetreuungskosten.

BFH 5.7.2012, III R 80/09
Der Sachverhalt:
Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger hatten im Streitjahr 2006 zwei leibliche Kinder, nämlich die 2004 geborene T und die im August des Streitjahres geborene F. Der Kläger ist als selbständiger Rechtsanwalt berufstätig. Die Klägerin befand sich bis zur Geburt von T in der Ausbildung zur Erzieherin. Die sodann unterbrochene Ausbildung konnte von ihr auch im Laufe des Streitjahres nicht wieder aufgenommen werden.

Für die Betreuung ihrer Tochter T bei einer Tagesmutter hatten die Kläger rd. 2.000 € zu zahlen. Das Finanzamt versagte die von den Klägern begehrte steuerliche Berücksichtigung dieser Aufwendungen. Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Klage.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision der Kläger hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Gründe:
Das EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung lässt den Abzug der bei den Klägern angefallenen Kinderbetreuungskosten nicht zu. Das Verfassungsrecht gebietet einen solchen Abzug nicht.

Seit 2012 können derartige Kinderbetreuungskosten abgezogen werden, ohne dass persönliche Abzugsvoraussetzungen bei den Eltern vorliegen müssen. Im Streitjahr 2006 konnten diese Kosten dagegen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG nur bei Vorliegen bestimmter Abzugsvoraussetzungen berücksichtigt werden. Lebten beide Elternteile zusammen, dann musste, wenn einer der Elternteile, wie der Kläger, erwerbstätig war, der andere Teil entweder ebenfalls erwerbstätig sein oder sich in Ausbildung befinden. Auch bei einer mindestens drei Monate andauernden Erkrankung oder einer Behinderung dieses Elternteils war der Abzug zulässig. Lagen solche Gründe nicht vor, etwa weil sich ein Elternteil allein der Erziehung der Kinder widmete, dann waren Betreuungskosten grundsätzlich nicht abziehbar.

Vorliegend waren die persönlichen Abzugsvoraussetzungen nicht erfüllt. Die Klägerin befand sich weder in Ausbildung, da sie diese bereits nach der Geburt des ersten Kindes unterbrochen hatte, noch war sie längerfristig erkrankt. Die Schwangerschaft selbst ist nicht als Krankheit anzusehen, da kein regelwidriger körperlicher Zustand vorliegt. Krank ist eine Frau nicht, wenn sie schwanger wird, sondern nur dann, wenn sie nicht schwanger werden kann. Treten während der Schwangerschaft gesundheitliche Komplikationen auf, dann ist der Krankheitsbegriff ebenfalls regelmäßig erfüllt. Davon konnte im Streitfall jedoch nach den Feststellungen des FG nicht ausgegangen werden.

Die Klägerin war demnach weder aus gesundheitlichen noch aus sonstigen Gründen an der persönlichen Betreuung ihres ältesten Kindes gehindert; insofern konnten die Kosten der Tagesmutter nach der gesetzlichen Konzeption nicht abgezogen werden. Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der einschränkenden Abzugsvoraussetzungen bestehen nicht; sowohl die persönlichen Abzugsvoraussetzungen als auch die Abzugshöchstgrenzen sind als zulässige Typisierungen des Gesetzgebers anzusehen. Auch die Regelung des § 3 Nr. 33 EStG, wonach finanzielle Leistungen des Arbeitgebers zur Betreuung von Kindern seiner Arbeitnehmer steuerfrei sind, beinhaltet keine ungerechtfertigte Privilegierung von Arbeitnehmern gegenüber Selbständigen.

Linkhinweis:

  • Der Volltext ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BFH PM Nr. 68 vom 26.9.2012
Zurück