29.11.2011

Zur Vorpfändung eines Steuererstattungsanspruchs

Für den Fall der Vorpfändung eines Steuererstattungsanspruchs ist diese mit der vom Gerichtsvollzieher bewirkten Zustellung des die Vorpfändung enthaltenden Schreibens i.S.d. § 46 Abs. 6 AO "erlassen". Auf den Zeitpunkt, zu dem das Schreiben dem Gerichtsvollzieher übergeben wurde, kommt es nicht an.

BGH 10.11.2011, VII ZB 55/10
Der Sachverhalt:
Die Gläubigerin betrieb aus einer vollstreckbaren notariellen Urkunde die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner wegen eines Teilbetrags von 500.000 €. Am 2.1.2007 um 07.45 Uhr stellte der Gerichtsvollzieher dem Drittschuldner, einem Finanzamt, im Wege der Vorpfändung ein vorläufiges Zahlungsverbot der Gläubigerin zu. Damit kündigte die Gläubigerin an, dass die Pfändung der Ansprüche des Schuldners auf Zahlung des Lohnsteuerjahresausgleichs, insbesondere von Lohn- und Kirchensteuer sowie auf Erstattung von Einkommens-, Kirchen- und Vermögenssteuer für das Jahr 2006 bevorstehe.

Das entsprechende Schreiben hatte die Gläubigerin auf den 2.1.2007 vordatiert und dem Gerichtsvollzieher bereits am 27.12.2006 übergeben. Ebenfalls am 2.1.2007, jedoch nach Zustellung des vorläufigen Zahlungsverbots, zeigte der Schuldner dem Drittschuldner an, dass er seinen Erstattungsanspruch an einen Dritten abgetreten habe.

Am 23.1.2007 erwirkte die Gläubigerin einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, mit dem die angeblichen Ansprüche des Schuldners gegen den Drittschuldner auf Erstattung der im vorläufigen Zahlungsverbot aufgeführten Steuern gepfändet und der Gläubigerin zur Einziehung überwiesen wurden. Die dagegen eingelegte Erinnerung des Schuldners, mit der er die Unwirksamkeit der Vorpfändung geltend machte, hatte keinen Erfolg. Die sofortige Beschwerde nahm der Schuldner wegen mangelnder Erfolgsaussicht zurück.

Die anschließend eingelegte Erinnerung des Schuldners gegen die Vorpfändung blieb in allen Instanzen erfolglos.

Die Gründe:
Der Anspruch des Schuldners auf Lohnsteuerjahresausgleich 2006 war mit Ablauf des Jahres 2006 entstanden. Die Vorpfändung war nicht in entsprechender Anwendung des § 46 Abs. 6 AO nichtig.

Auf Vorpfändungen von Steuererstattungsansprüchen ist § 46 Abs. 6 AO entsprechend anwendbar, denn die Vorpfändung wirkt wie eine Beschlagnahme der betroffenen Forderung und begründet den Rang des Pfändungspfandrechts, das durch eine Pfändung innerhalb eines Monats seit Zustellung des vorläufigen Zahlungsverbots entsteht. Sie muss daher für ihre Wirksamkeit die gleichen Anforderungen erfüllen wie der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss.

Infolgedessen kam es darauf an, ob die Vorpfändung i.S.d. § 46 Abs. 6 AO erst im Jahre 2007 "erlassen" wurde. Insofern hatte das Beschwerdegericht zu Recht auf den Zeitpunkt der Zustellung durch den Gerichtsvollzieher am 2.1.2007 abgestellt. Schließlich ist die Vorpfändung eines Steuererstattungsanspruchs mit der vom Gerichtsvollzieher bewirkten Zustellung des die Vorpfändung enthaltenden Schreibens i.S.v. § 46 Abs. 6 AO "erlassen". Auf den Zeitpunkt, zu dem das Schreiben dem Gerichtsvollzieher übergeben wurde, kommt es nicht an. Diese Auslegung steht mit Sinn und Zweck des § 46 Abs. 6 AO im Einklang und trägt zudem dazu bei, eine Benachteiligung des Pfändungsgläubigers gegenüber dem Zessionar zu verhindern.

Ob der Schuldner nach bestandskräftiger Pfändung der Forderung noch ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Erinnerung hat, mit der er die Unwirksamkeit der Vorpfändung mit dem Ziel geltend machen kann, sich auf der Grundlage eines entsprechenden Beschlusses auf die Unwirksamkeit der Pfändung berufen zu können, war nach allem unerheblich.

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