04.01.2013

Zwangsgeld gegen Insolvenzverwalter auch wegen Nichtabgabe von Null-Erklärungen

Die Festsetzung von Zwangsgeld zur Durchsetzung der steuerlichen Erklärungspflichten des Insolvenzverwalters ist weder unverhältnismäßig noch ermessensfehlerhaft, auch wenn voraussichtlich nicht mit steuerlichen Auswirkungen zu rechnen ist. Das FG ist insoweit nicht befugt, eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen und diese an die Stelle der behördlichen Ermessensentscheidung zu setzen.

BFH 6.11.2012, VII R 72/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem über das Vermögen der T-GmbH im September 2001 eröffneten Insolvenzverfahren. Nachdem das Finanzamt den Kläger mehrfach vergeblich aufgefordert hatte, noch ausstehende Steuererklärungen, Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen für die Insolvenzschuldnerin abzugeben, drohte es mit jeweils gesonderten Bescheiden dem Kläger die Festsetzung von Zwangsgeld an, soweit er nicht für die Zeiträume September bis Dezember 2001 sowie die Kalenderjahre 2005 bis 2008 Steuererklärungen nebst Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen vorlege.

Im Dezember 2009 setzte das Finanzamt gegenüber dem Kläger die angedrohten Zwangsgelder fest. In seinen Einsprüchen gegen die Festsetzungsbescheide wies der Kläger erneut darauf hin, das Insolvenzverfahren sei abschlussreif, die Zwangsgeldfestsetzungen deshalb unbillig und unangemessen. Die Schlussunterlagen (mit dem Ergebnis der Masseunzulänglichkeit) seien bereits übermittelt, die entsprechenden Kontenjournale lege er nochmals vor. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, der Insolvenzverwalter bleibe auch nach einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen verpflichtet, die Steuererklärungen für eine Insolvenzschuldnerin zu erstellen.

Zum Schlusstermin im Juli 2011 zeigte der Kläger dem Amtsgericht die Masseunzulänglichkeit der Insolvenzschuldnerin gem. § 208 InsO an. Die Einstellung des Verfahrens steht noch aus.

Das FG gab der Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Die angefochtene Zwangsgeldfestsetzung gegen den Kläger ist rechtmäßig; das Finanzamt hat das ihm eingeräumte Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt.

Mit der Aufhebung der Zwangsgeldfestsetzung wegen mangelhafter Ermessensausübung des Finanzamt hat das FG die Grenzen der ihm durch § 102 FGO eingeräumten Überprüfungsbefugnis überschritten. Eine Korrektur der Ermessensentscheidung ist dem FG nur unter den Voraussetzungen des § 102 FGO erlaubt. Danach prüft es, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten wurden oder die Behörde von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Das Gericht ist nicht befugt, eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen und diese an die Stelle der behördlichen Ermessensentscheidung zu setzen.

Den Feststellungen des FG sind keine Anhaltspunkte für einen Ermessensfehlgebrauch des Finanzamts zu entnehmen. Auch das FG meint nicht, das Finanzamt habe seine Entscheidung aufgrund eines unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalts getroffen. Es hält die Entscheidung vielmehr gerade wegen der auch dem Finanzamt bekannten Sachlage, dass die Abgabe der geforderten Erklärungen durch den Kläger mit hoher Wahrscheinlichkeit keine steuerlichen Auswirkungen haben dürfte, für verfehlt und unzweckmäßig. Damit beanstandet es die Wertung der bei der Ermessensentscheidung zu berücksichtigenden und vom Finanzamt auch berücksichtigten Umstände und setzt im Ergebnis seine für richtiger gehaltene Ermessensentscheidung, von der Festsetzung der Zwangsgelder abzusehen, anstelle derjenigen des Finanzamts. Soweit aber reicht die gerichtliche Kontrollkompetenz des § 102 FGO nicht.

Das Urteil ist auch nicht im Ergebnis richtig, so dass die Revision auch nicht deswegen zurückzuweisen ist (vgl. § 126 Abs. 4 FGO). Der Streitfall weist keine Besonderheiten auf, die die Annahme rechtfertigen könnten, die - regelmäßig zulässige und gebotene - Durchsetzung der auch vom Insolvenzverwalter zu erfüllenden Erklärungspflichten durch Festsetzung der bestandskräftig angedrohten Zwangsgelder sei ausnahmsweise unverhältnismäßig. Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, steht der Durchsetzung der steuerlichen Pflichten des Insolvenzverwalters weder entgegen, dass möglicherweise entstehende Kosten die Insolvenzmasse belasten, obwohl keine steuerlichen Auswirkungen zu erwarten sind, noch dass das Finanzamt die Möglichkeit der Schätzung hätte wahrnehmen können.

Vorliegend hat das Finanzamt zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass die Erfüllung seiner Erklärungspflichten für den Kläger schon deshalb keinen unverhältnismäßigen Aufwand bedeutete, weil er die dafür erforderlichen Vorarbeiten mit seinem Schlussbericht gegenüber dem Insolvenzgericht bereits geleistet habe und die Erstellung der sich daraus nach seinen eigenen Angaben ergebenden "Null-Erklärungen" ihm als Rechtsanwalt keine Schwierigkeit bereiten sollte.

Linkhinweis:

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