22.01.2025

Einziehung von Geschäftsanteilen: Kein einstweiliger Rechtsschutz im Vorfeld des Beschlusses

Gegen einen vorläufig wirksamen Beschluss der Gesellschafterversammlung, mit dem basierend auf einer Regelung in der Satzung der Gesellschaft die Geschäftsanteile eines Gesellschafters gegen dessen Willen eingezogen werden sollen, kann der Gesellschafter grundsätzlich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes insoweit Schutz erlangen, als er (einen Verfügungsanspruch vorausgesetzt) die Untersagung der Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste zum Handelsregister und die weitere Behandlung als Gesellschafter bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache über die Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses erreichen kann.

OLG München v. 16.1.2025 - 7 W 55/25 e
Der Sachverhalt:
Die Antragsgegnerin ist eine GmbH mit einem in zwei Anteile von jeweils 13.000 € aufgeteilten Stammkapital von 26.000 €. Inhaber eines Anteils (Nr. 2) ist der Antragsteller. Unternehmensgegenstand ist der Vertrieb von Lüftungs- und Klimatechnik sowie der Montage und Instandhaltung. Die Satzung der Antragsgegnerin lautet auszugsweise wie folgt:

§ 8 Einziehung von Geschäftsanteilen
(1) Die Gesellschafterversammlung kann die Einziehung von Geschäftsanteilen beschließen, wenn der betroffene Gesellschafter zustimmt.
(2) Die Gesellschafterversammlung kann ohne Zustimmung des betroffenen Gesellschafters die Einziehung beschließen, wenn (...)
c) der Gesellschafter die Interessen der Gesellschaft in schuldhafter Weise grob verletzt, den übrigen Gesellschaftern eine weitere Zusammenarbeit nicht zuzumuten ist und ein Verbleiben des betroffenen Gesellschafters den Bestand der Gesellschaft ernstlich gefährden würde,
(...)
(4) Bei den Beschlüssen nach den Absätzen (2) (...) hat der jeweils betroffene Gesellschafter kein Stimmrecht.(...)"


Am 10.12.2024 hat der Geschäftsführer der Antragsgegnerin zu einer  außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Antragsgegnerin am 29.1.2025 eingeladen, auf der beschlossen worden solle, den Anteil (Nr. 2) des Antragstellers gem. § 8 Abs. 2 c.) des Gesellschaftsvertrages einzuziehen. Dieser hielt dagegen, dass er sich stets rechtstreu verhalten habe, und deshalb ein Grund für die Einziehung seiner Geschäftsanteile nicht vorliege. Die Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes bestehe auch bei lediglich drohenden Gesellschafterbeschlüssen.

Mit Beschluss vom 27.12.2024 hat das LG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Das OLG hat dies im Beschwerdeverfahren bestätigt.

Die Gründe:
Es fehlte an der Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes.

Ein Verfügungsgrund würde voraussetzen, dass bereits durch das Zuwarten des Antragstellers mit der Beantragung einer einstweiligen Verfügung bis zu der von ihm befürchteten Beschlussfassung in der auf den 29.1.2025 anberaumten Gesellschafterversammlung eine Rechtsvereitelung bzw. Beeinträchtigung eintreten würde. Dies ist jedoch - wie das LG richtig ausgeführt hat - vom Antragsteller nicht glaubhaft gemacht worden.

Gegen einen vorläufig wirksamen Beschluss der Gesellschafterversammlung, mit dem - wie vorliegend - basierend auf einer Regelung in der Satzung der Gesellschaft (§ 8 Abs. 2 lit c) die Geschäftsanteile eines Gesellschafters gegen dessen Willen eingezogen werden sollen, kann der Gesellschafter grundsätzlich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes insoweit Schutz erlangen, als er (einen Verfügungsanspruch vorausgesetzt) die Untersagung der Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste zum Handelsregister und die weitere Behandlung als Gesellschafter bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache über die Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses erreichen kann.

Warum dem Antragsteller dieses Zuwarten bis zur tatsächlichen Fassung des Einziehungsbeschlusses nicht zuzumuten sein soll, war nicht ersichtlich. Der Antragsteller war zur Gesellschafterversammlung am 29.1.2025. Auch wenn er nach § 8 Abs. 4 der Satzung bei der Beschlussfassung über die Einziehung seiner Anteile einem Stimmverbot unterliegt, erhält er im Moment der Beschlussfassung Kenntnis davon und kann, sollte der Einziehungsbeschluss gefasst worden sein, unmittelbar im Anschluss, im Wege der einstweiligen Verfügung gerichtlichen Schutz beantragen.

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Aufsatz
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