Privatanschrift des GmbH-Geschäftsführers für Anmeldung beim Registergericht nicht erforderlich
OLG Köln v. 9.1.2025 - I-4 Wx 19/24
Der Sachverhalt:
Die Antragsteller hatten am 8.10.2024 die Eintragung des Antragstellers zu 2) als Geschäftsführer der Antragstellerin zu 1) und die Eintragung einer Satzungsänderung der Antragstellerin zu 1) im Handelsregister begehrt. Das AG Bonn hat die Anmeldung mit Beschluss vom 16.10.2024 im Hinblick darauf beanstandet, dass die Wohnanschrift des Antragstellers zu 2) nicht mitgeteilt worden sei. Die Verpflichtung zur Bekanntgabe der Wohnanschrift des Geschäftsführers gegenüber dem Gericht ergebe sich aus den für das Registerverfahren geltenden Verfahrensvorschriften, namentlich §§ 7, 23 FamFG, § 12 HGB. Nach § 23 FamFG seien Personen, die als Beteiligte in Betracht kämen vom Antragsteller möglichst genau zu bezeichnen, so dass diese eindeutig identifizierbar seien. Außerdem sei sicherzustellen, dass die Beteiligten für das Gericht zur ordnungsgemäßen Verfahrensführung unter ihrer Wohnanschrift erreichbar seien.
Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragsteller hat das OLG die Zwischenverfügung des Registergerichts vom 16.10.2024 in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 21.11.2024 aufgehoben und die Sache unter Berücksichtig der rechtlichen Beurteilung des Senats an das AG Bonn zur Entscheidung über den Eintragungsantrag zurückgegeben.
Die Gründe:
Die Zwischenverfügung war aus materiellen Gründen aufzuheben. Die vom Registergericht vertretene Rechtsauffassung hielt - ungeachtet des nachvollziehbaren lnteresses des AG an der Kenntnis der Wohnadressen der in das Handelsregister einzutragenden Geschäftsführer - rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Vollzug der Anmeldung der Eintragung des Antragstellers zu 2) als Geschäftsführer und der Satzungsänderung durften nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass die Wohnanschrift des einzutragenden Geschäftsführers mitzuteilen sei. Denn die Anmeldung war nicht unvollständig i.S.v. § 382 Abs. 4 S. 1 Alt. 1 FamFG.
Welchen lnhalt eine Anmeldung haben muss, richtet sich nach den die Eintragungsfähigkeit regelnden Vorschriften des materiellen Rechts und dem für das Eintragungsverfahren in Registersachen maßgeblichen Verfahrensrecht der §§ 23 ff, 378 ff FamFG. Nach § 39 Abs. 1 GmbHG ist jede Änderung in den Personen der Geschäftsführer und nach § 54 Abs. 1 S. 1 GmbHG jede Satzungsänderung zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Diese Vorschriften enthalten - im Gegensatz zu anderen die Eintragung regelnden materiellen Vorschriften wie etwa § 106 Abs. 2 HGB - keine Vorgaben zum lnhalt der Anmeldung. Weder ihnen noch §§ 23 ff, 378 ff FamFG oder der aufgrund der Ermächtigung in § 387 Abs. 2 FamFG erlassenen Verordnung über die Errichtung und Führung des Handelsregisters (HRV) ist eine Verpflichtung der Gesellschaft oder der Geschäftsführer zu entnehmen, die Wohnanschrift der Geschäftsführer dem Registergericht mitzuteilen.
Der Anmeldung stand auch kein anderes behebbares Hindernis i.S.v. § 382 Abs. 4 S. 1 Alt. 2 FamFG entgegen. Soweit das AG die Auffassung vertreten hatte, die Mitteilung der Wohnanschrift des Geschäftsführers sei zur Erfüllung der ihm im Rahmen des Registerverfahrens obliegenden hoheitlichen Aufgaben erforderlich, hielt die der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zur eindeutigen ldentifizierung des Geschäftsführers einer GmbH ist dessen Wohnanschrift im Allgemeinen nicht erforderlich. lm Rahmen der Antragstellung nach § 23 Abs. 1 FamFG kann hinsichtlich der ldentifizierbarkeit eines Beteiligten kein strengerer Maßstab gelten als für dessen Eintragung.
Die Wohnadresse ist auch nicht Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Antragstellung nach § 23 FamFG. Denn für einen verfahrenseinleitenden Antrag nach § 23 Abs. 1 FamFG können keine strengeren Anforderungen als für die Klageerhebung nach § 253 ZPO gelten. lm Zivilprozess ist zur ordnungsgemäßen Klageerhebung die Bezeichnung der Parteien erforderlich, § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Allgemein anerkannt ist, dass zur Parteibezeichnung die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift gehört. Eine ladungsfähige Anschrift, die nicht nur die Wohnanschrift, sondern auch die Adresse einer Arbeitsstelle sein kann, ist jede Adresse, bei der auf Grundlage der Vorschriften der ZPO die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass dort eine ordnungsgemäße Zustellung vorgenommen werden kann.
Die Wohnadresse ist letztlich auch nicht erforderlich, um die Erreichbarkeit des Geschäftsführers für das Gericht während des Registerverfahrens sicherzustellen. Die Erreichbarkeit des Antragstellers wird auch diesen Fällen ausreichend durch die Angabe der Geschäftsanschrift der Gesellschaft sichergestellt. Allein die stets bestehende Möglichkeit, dass eine GmbH die ihr obliegenden Anmeldepflichten nicht erfüllt, rechtfertigt es nicht, grundsätzlich die Mitteilung der Wohnanschriften ihrer Geschäftsführer zu verlangen. Sollte im Einzelfall die Zustellung an die Wohnanschrift des Geschäftsführers erforderlich sein, kann das AG diese durch eine einfache Melderegisterauskunft ermitteln (vgl. BGH, Beschl. v. 23.1.2024 - Az.: ll ZB 71/23).
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OLG Köln
Die Antragsteller hatten am 8.10.2024 die Eintragung des Antragstellers zu 2) als Geschäftsführer der Antragstellerin zu 1) und die Eintragung einer Satzungsänderung der Antragstellerin zu 1) im Handelsregister begehrt. Das AG Bonn hat die Anmeldung mit Beschluss vom 16.10.2024 im Hinblick darauf beanstandet, dass die Wohnanschrift des Antragstellers zu 2) nicht mitgeteilt worden sei. Die Verpflichtung zur Bekanntgabe der Wohnanschrift des Geschäftsführers gegenüber dem Gericht ergebe sich aus den für das Registerverfahren geltenden Verfahrensvorschriften, namentlich §§ 7, 23 FamFG, § 12 HGB. Nach § 23 FamFG seien Personen, die als Beteiligte in Betracht kämen vom Antragsteller möglichst genau zu bezeichnen, so dass diese eindeutig identifizierbar seien. Außerdem sei sicherzustellen, dass die Beteiligten für das Gericht zur ordnungsgemäßen Verfahrensführung unter ihrer Wohnanschrift erreichbar seien.
Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragsteller hat das OLG die Zwischenverfügung des Registergerichts vom 16.10.2024 in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 21.11.2024 aufgehoben und die Sache unter Berücksichtig der rechtlichen Beurteilung des Senats an das AG Bonn zur Entscheidung über den Eintragungsantrag zurückgegeben.
Die Gründe:
Die Zwischenverfügung war aus materiellen Gründen aufzuheben. Die vom Registergericht vertretene Rechtsauffassung hielt - ungeachtet des nachvollziehbaren lnteresses des AG an der Kenntnis der Wohnadressen der in das Handelsregister einzutragenden Geschäftsführer - rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Vollzug der Anmeldung der Eintragung des Antragstellers zu 2) als Geschäftsführer und der Satzungsänderung durften nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass die Wohnanschrift des einzutragenden Geschäftsführers mitzuteilen sei. Denn die Anmeldung war nicht unvollständig i.S.v. § 382 Abs. 4 S. 1 Alt. 1 FamFG.
Welchen lnhalt eine Anmeldung haben muss, richtet sich nach den die Eintragungsfähigkeit regelnden Vorschriften des materiellen Rechts und dem für das Eintragungsverfahren in Registersachen maßgeblichen Verfahrensrecht der §§ 23 ff, 378 ff FamFG. Nach § 39 Abs. 1 GmbHG ist jede Änderung in den Personen der Geschäftsführer und nach § 54 Abs. 1 S. 1 GmbHG jede Satzungsänderung zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Diese Vorschriften enthalten - im Gegensatz zu anderen die Eintragung regelnden materiellen Vorschriften wie etwa § 106 Abs. 2 HGB - keine Vorgaben zum lnhalt der Anmeldung. Weder ihnen noch §§ 23 ff, 378 ff FamFG oder der aufgrund der Ermächtigung in § 387 Abs. 2 FamFG erlassenen Verordnung über die Errichtung und Führung des Handelsregisters (HRV) ist eine Verpflichtung der Gesellschaft oder der Geschäftsführer zu entnehmen, die Wohnanschrift der Geschäftsführer dem Registergericht mitzuteilen.
Der Anmeldung stand auch kein anderes behebbares Hindernis i.S.v. § 382 Abs. 4 S. 1 Alt. 2 FamFG entgegen. Soweit das AG die Auffassung vertreten hatte, die Mitteilung der Wohnanschrift des Geschäftsführers sei zur Erfüllung der ihm im Rahmen des Registerverfahrens obliegenden hoheitlichen Aufgaben erforderlich, hielt die der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zur eindeutigen ldentifizierung des Geschäftsführers einer GmbH ist dessen Wohnanschrift im Allgemeinen nicht erforderlich. lm Rahmen der Antragstellung nach § 23 Abs. 1 FamFG kann hinsichtlich der ldentifizierbarkeit eines Beteiligten kein strengerer Maßstab gelten als für dessen Eintragung.
Die Wohnadresse ist auch nicht Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Antragstellung nach § 23 FamFG. Denn für einen verfahrenseinleitenden Antrag nach § 23 Abs. 1 FamFG können keine strengeren Anforderungen als für die Klageerhebung nach § 253 ZPO gelten. lm Zivilprozess ist zur ordnungsgemäßen Klageerhebung die Bezeichnung der Parteien erforderlich, § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Allgemein anerkannt ist, dass zur Parteibezeichnung die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift gehört. Eine ladungsfähige Anschrift, die nicht nur die Wohnanschrift, sondern auch die Adresse einer Arbeitsstelle sein kann, ist jede Adresse, bei der auf Grundlage der Vorschriften der ZPO die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass dort eine ordnungsgemäße Zustellung vorgenommen werden kann.
Die Wohnadresse ist letztlich auch nicht erforderlich, um die Erreichbarkeit des Geschäftsführers für das Gericht während des Registerverfahrens sicherzustellen. Die Erreichbarkeit des Antragstellers wird auch diesen Fällen ausreichend durch die Angabe der Geschäftsanschrift der Gesellschaft sichergestellt. Allein die stets bestehende Möglichkeit, dass eine GmbH die ihr obliegenden Anmeldepflichten nicht erfüllt, rechtfertigt es nicht, grundsätzlich die Mitteilung der Wohnanschriften ihrer Geschäftsführer zu verlangen. Sollte im Einzelfall die Zustellung an die Wohnanschrift des Geschäftsführers erforderlich sein, kann das AG diese durch eine einfache Melderegisterauskunft ermitteln (vgl. BGH, Beschl. v. 23.1.2024 - Az.: ll ZB 71/23).
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