16.02.2021

Zur Vergütung des Mitglieds eines Gläubigerausschusses

Die Vergütung des Mitglieds eines Gläubigerausschusses ergibt sich in der Regel aus dem tatsächlichen Zeitaufwand und dem Stundensatz. Für den Stundensatz sind der Umfang und die Schwierigkeit des Insolvenzverfahrens, der Umfang und die Schwierigkeit der Aufgaben des Gläubigerausschusses in dem betreffenden Insolvenzverfahren, nicht versicherbare Haftungsrisiken, Art und inhaltlicher Umfang (Intensität) der Mitwirkung des Ausschussmitglieds sowie die Qualifikation und Sachkunde des jeweiligen Ausschussmitglieds zu berücksichtigen. Die Vergütung des Mitglieds eines Gläubigerausschusses stellt eine Aufwandsentschädigung dar. 

BGH v. 14.1.2021 - IX ZB 71/18
Der Sachverhalt:
Das Insolvenzgericht eröffnete mit Beschluss vom 1.10.2013 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der G-GmbH & Co. KG (Schuldnerin) und bestellte den weiteren Beteiligten zu 2) zum Insolvenzverwalter. Mit Beschluss vom 4.9.2013 setzte das AG - Insolvenzgericht - einen vorläufigen Gläubigerausschuss im Eröffnungsverfahren und mit Beschluss vom 1.10.2013 einen vorläufigen Gläubigerausschuss vor der ersten Gläubigerversammlung ein. Es bestellte den weiteren Beteiligten zu 1) zum Mitglied sowohl des vorläufigen Gläubigerausschusses im Eröffnungsverfahren als auch des vorläufigen Gläubigerausschusses vor der ersten Gläubigerversammlung. 

Der weitere Beteiligte zu 1) ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht. Er war vom 4.9.2013 bis zum 19.11.2013 als Mitglied des Gläubigerausschusses tätig. Der weitere Beteiligte zu 1) macht für seine Tätigkeit als Mitglied des Gläubigerausschusses einen Zeitaufwand von 118,28 Stunden geltend. Er beantragt, seine Vergütung auf der Grundlage eines Stundensatzes von 300 € zzgl. 19 % Umsatzsteuer festzusetzen.

Das AG hielt einen Stundensatz von 200 € für angemessen und setzte die Vergütung nebst Umsatzsteuer auf insgesamt rd. 28.000 € brutto fest. Hiergegen legten sowohl der weitere Beteiligte zu 1) als auch der weitere Beteiligte zu 2) sofortige Beschwerde ein. Das LG setzte die Vergütung auf die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 2) geringfügig herab und wies die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 1) zurück. Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligte zu 1) hob der BGH den Beschluss des LG auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung dorthin zurück.

Die Gründe:
Die Entscheidung des LG hält rechtlicher Überprüfung hinsichtlich der Höhe des Stundensatzes in entscheidenden Punkten nicht stand.

Der einem Mitglied des Gläubigerausschusses gem. § 73 Abs. 1 Satz 1 InsO für seine Tätigkeit zustehende Anspruch auf Vergütung und Erstattung angemessener Auslagen richtet sich im Regelfall nach dem Zeitaufwand und dem Umfang der Tätigkeit (§ 73 Abs. 1 Satz 2 InsO). Das Gesetz stellt dabei mit dem Zeitaufwand auf die tatsächlich für die Tätigkeit verwendete Zeit ab. Der Umfang der Tätigkeit meint alle Gesichtspunkte, welche die Höhe des Stundensatzes beeinflussen (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 InsVV). Die Höhe des Stundensatzes hat das Gericht in seiner Vergütungsentscheidung anhand der für die Bemessung des Stundensatzes maßgeblichen Gesichtspunkte zu begründen. 

Hierzu zählen einerseits für alle Mitglieder des Gläubigerausschusses gleich wirkende Umstände wie der Umfang und die Schwierigkeit des Insolvenzverfahrens und der Umfang und die Schwierigkeit der Aufgaben des Gläubigerausschusses in dem betreffenden Insolvenzverfahren. Andererseits sind auch nur in der Person des Mitglieds begründete Umstände heranzuziehen wie besondere nicht versicherbare Haftungsrisiken, Art und inhaltlicher Umfang (Intensität) der Mitwirkung sowie die Qualifikation und Sachkunde des jeweiligen Ausschussmitglieds. Dabei ist für die Höhe des Stundensatzes weiter zu berücksichtigen, dass die Vergütung nach § 73 Abs. 1 InsO, § 17 Abs. 1 InsVV eine Aufwandsentschädigung darstellt. Im Regelfall sind die Mitglieder des Gläubigerausschusses Gläubiger des Insolvenzverfahrens. Ihre Tätigkeit im Gläubigerausschuss soll den ständigen Einfluss der Gläubiger auf den Ablauf des Insolvenzverfahrens sicherstellen. Sie dient unmittelbar der Durchsetzung der Interessen der am Insolvenzverfahren beteiligten Gläubiger. Insoweit ist das Mitglied des Gläubigerausschusses im Eigeninteresse der Gläubigergemeinschaft tätig.

Die Mitglieder des Gläubigerausschusses haben einen Anspruch, angemessen entlohnt zu werden. Die Höhe des Stundensatzes ergibt sich in erster Linie aus § 17 Abs. 1 Satz 1 InsVV. Sie beträgt regelmäßig zwischen 35 und 95 € je Stunde. Damit hat der Verordnungsgeber jedoch keine Höchstbeträge festgelegt. Vielmehr ist das Gericht, wie sich schon aus der Verwendung des Wortes "regelmäßig" ergibt, berechtigt, bei besonderen Umständen Stundensätze festzulegen, die den in § 17 Abs. 1 Satz 1 InsVV genannten oberen Betrag übersteigen. Soweit es die Umstände des Einzelfalls rechtfertigen, ist das Gericht befugt, den Stundensatz für die einzelnen Mitglieder des Gläubigerausschusses unterschiedlich zu bestimmen. Dies ermöglicht es dem Gericht zudem, in zweierlei Hinsicht Besonderheiten zu berücksichtigen, welche von den allgemeinen Grundsätzen für die Bemessung des Stundensatzes abweichen. So kann das Gericht den von § 17 Abs. 1 Satz 1 InsVV vorgesehenen Rahmen zum einen deshalb überschreiten, weil das Mitglied durch die Dauer oder die Häufigkeit seiner Inanspruchnahme andernfalls einen nicht zumutbaren Erwerbsverlust erleiden würde. In diesem Fall handelt es sich nicht mehr um eine Tätigkeit im untergeordneten Ausmaß. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn die zeitliche Inanspruchnahme über einen längeren Zeitraum einen erheblichen Anteil der insgesamt verfügbaren wöchentlichen Arbeitszeit ausmacht.

Zum anderen kann das Gericht bei der Bemessung des Stundensatzes berücksichtigen, dass das Mitglied des Gläubigerausschusses kein Gläubiger ist und daher gem. § 67 Abs. 3 InsO zum Mitglied bestellt worden ist. In diesem Fall fehlt es an einer Tätigkeit im Eigeninteresse der Gläubigergemeinschaft. Ist ein Nichtgläubiger Mitglied des Gläubigerausschusses, ist für den Stundensatz zu prüfen, inwieweit das Mitglied gerade wegen seiner besonderen Qualifikation und Kenntnisse bestellt worden ist. In diesem Fall kann das Insolvenzgericht einen an marktüblichen Bedingungen orientierten Stundensatz festsetzen, der dem Umfang der Tätigkeit entspricht, soweit die Tätigkeit des Mitglieds zu seiner Berufsausübung gehört. Nach alldem hält die Entscheidung des LG rechtlicher Überprüfung hinsichtlich des Stundensatzes nicht stand.
BGH online
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