25.04.2016

§ 797 BGB: Vorlage von Schuldverschreibungen und Zinsscheinen im Original trotz Sammelverwahrung für Pfändungs- und Überweisungsbeschluss

Der Gläubiger eines Titels, nach dem der Schuldner gem. § 797 BGB nur gegen Aushändigung einer Inhaberschuldverschreibung zur Leistung verpflichtet ist, muss für den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses dem Vollstreckungsgericht die Schuldverschreibungen und Zinsscheine im Original vorlegen. Dies gilt auch, wenn sich diese in einer Sammelverwahrung befinden.

BGH 7.4.2016, VII ZB 14/15
Der Sachverhalt:
Die Gläubigerin betreibt die Zwangsvollstreckung gegen die Republik A. aufgrund einer Forderung, die aus von der Republik A. ausgegebenen, sammelverwahrten Inhaberschuldverschreibungen und Zinsscheinen resultiert.

Die Gläubigerin erwirkte einen rechtskräftigen Titel, aus dem die Schuldnerin verpflichtet ist, an die Gläubigerin rd. 120.000 € nebst Zinsen gegen Aushändigung näher bezeichneter Inhaberschuldverschreibungen und Zinsscheinen zu bezahlen. Zur Durchsetzung ihrer Forderungen beantragte die Gläubigerin beim AG (Vollstreckungsgericht), einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bzgl. angeblicher Forderungen der Schuldnerin gegen drei Bankinstitute zu erlassen.

Die Originale der Inhaberschuldverschreibung legte die Gläubigerin im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht vor. Sie beschränkte sich darauf, eine Depotbestätigung vorzulegen, aus der sich ergibt, dass die Inhaberschuldverschreibungen dort verwahrt werden, zudem legte sie Kopien der Anleihen vor, die den Zusatz enthalten "Bestätigte Kopie der Originalurkunde als Exemplar" und mit einem Datum einer Unterschrift und dem Stempel des Sammelverwahrers versehen sind. Die Gläubigerin ist der Auffassung, der Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses erfordere nicht die Vorlage der Inhaberschuldverschreibungen und Zinsscheine im Original.

Das AG wies den Antrag zurück. Das LG wies die sofortige Beschwerde der Gläubigerin zurück. Die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der Gläubiger eines Titels, nach dem der Schuldner gem. § 797 BGB nur gegen Aushändigung einer Inhaberschuldverschreibung zur Leistung verpflichtet ist, muss für den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses dem Vollstreckungsgericht die Schuldverschreibungen und Zinsscheine im Original vorlegen, auch wenn sich diese in einer Sammelverwahrung befinden.

Zweck der Verpflichtung des Ausstellers zur Leistung nur gegen Aushändigung der Inhaberschuldverschreibung gem. § 797 BGB ist es, ihn vor mehrfacher Inanspruchnahme zu schützen. Diesem Schutzzweck wird nur durch die Vorlage der Inhaberschuldverschreibung im Original Genüge getan. Die Pflicht zur Vorlage der Originalurkunde ist allein geeignet, sicherzustellen, dass der Gläubiger tatsächlich im Besitz der Urkunde ist. Eine (aktuelle) Depotbescheinigung ist entgegen der Rechtsbeschwerde nur in geringerem Maße geeignet, den Besitz des Gläubigers nachzuweisen. Eine solche Depotbescheinigung bezeugt lediglich, dass der Gläubiger nach Auskunft eines Dritten in der Lage ist, sich die vorzulegende Urkunde zu verschaffen. Eine Gewähr für die inhaltliche Richtigkeit dieser Aussage gibt es nicht.

In der Praxis mag es unwahrscheinlich sein, dass eine Bank fehlerhafte Depotbescheinigungen erteilt; ausgeschlossen ist dies aber nicht. Zudem besteht ein - zwar ebenfalls nur geringes, aber nicht auszuschließendes Risiko des Verlusts der Urkunde bei der noch zu erfolgenden Auslieferung an den Gläubiger, worauf die Rechtsbeschwerdeführerin selbst hingewiesen hat. Es entspricht auch den allgemein anerkannten Grundsätzen des Zwangsvollstreckungsrechts, dass die zur Vollstreckung erforderlichen Urkunden vom Gläubiger dem Vollstreckungsorgan vor Beginn der Zwangsvollstreckung im Original vorgelegt werden müssen.

Der Umstand, dass Inhaberschuldverschreibungen und Zinsscheine sammelverwahrt werden, erfordert keine andere Beurteilung. Die Vorlage der Originalurkunden beim Vollstreckungsgericht ist dem Gläubiger auch bei sammelverwahrten Wertpapieren weder unmöglich noch unzumutbar. Die Auslieferung aus der Sammelverwahrung an den Hinterleger ist möglich, § 7 Abs. 1 DepotG, was die Rechtsbeschwerde nicht in Abrede stellt. Die Kosten, die damit verbunden sind, hat der Gläubiger hinzunehmen. Da er von den Vorteilen der Sammelverwahrung durch geringere Verwaltungskosten profitiert, muss er auch die Nachteile in Form erhöhter Kosten für eine erforderliche Auslieferung tragen.

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