03.01.2025

Beitragsanpassung privater Krankenversicherung - Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO

Soweit nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO Auskunft verlangt werden kann, kann nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO - wie beantragt - eine Kopie verlangt werden. Ein Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO kann nicht lediglich deshalb abgelehnt werden, weil damit finanzielle Ansprüche verfolgt werden sollen.

AG Lörrach v. 20.12.2024, 3 C 29/23
Der Sachverhalt:
Der Kläger war seit 1990 bei dem Beklagten privat krankenversichert. Der monatliche Beitrag war in den vergangenen Jahren immer wieder angepasst worden, so auch zum 1.1.2021. Der Kläger war der Ansicht, dass die Prämienanpassung formell unwirksam sei. Es sei erforderlich auf die nicht nur vorübergehende Veränderung über dem geltenden Schwellenwert hinzuweisen. Der Hinweis "nicht nur vorübergehende" fehle. Der Auskunftsanspruch ergebe sich aus Art. 15 DSGVO, § 3 Abs. 2 VVG, § 810 BGB oder § 242 BGB.

Der Beklagte hielt dagegen, die Ansprüche seien bis einschließlich 2019 verjährt. Die Mitteilungsschreiben seien formell wirksam, weil sie die notwendigen Informationen enthalten würden. Davon abgesehen habe der Beklagte seit 2013 ununterbrochen in den Mitteilungsschreiben per Link auf die Homepage und die zusätzlichen Informationen/FAQs mit den ausführlichen Erläuterungen zu der Beitragsanpassung hingewiesen, was genüge.

Der Kläger entgegnete, die Ansprüche seien nicht verjährt, weil das Vertragsverhältnis noch laufe. Art. 15 DSGVO knüpfe an die personenbezogene Datenverarbeitung an, die noch andauere. Außerdem könne an den Anspruch auf Rückzahlung nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB angeknüpft werden, der jeden Monat mit jeder Zahlung neu entstehe. Der Kläger habe die Versicherungsunterlagen verloren und diese seien nicht mehr auffindbar. Der Hilfsantrag stünde zumindest nach Art. 15 DSGVO zu.

Das AG hat der Klage lediglich hinsichtlich des Hilfsantrags stattgegeben.

Die Gründe:
Die erfolgte Prämienanpassung war nicht formell unwirksam.

Die Neufestsetzung der Beiträge durch die Beklagte wird erst wirksam, wenn die Voraussetzungen von § 203 Abs. 5 VVG eingehalten sind. Dafür müssen die maßgeblichen Gründe der Beitragsanpassung mitgeteilt werden. Dies erfordert die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 S. 1 VVG veranlasst hat. Dagegen muss der Versicherer nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat. Außerdem muss dem Versicherungsnehmer mit gebotener Klarheit dargelegt werden, dass eine Veränderung der Rechnungsgrundlage über dem geltenden Schwellenwert die konkrete Beitragserhöhung ausgelöst hat (BGH Urt. v. 31.8.2022 - IV ZR 252/20.

Das Mitteilungsschreiben des Klägers enthielt genau diese Vorgaben. Der Kläger hatte lediglich geltend gemacht, dass der Passus "nicht nur vorübergehend" fehle. Zwar ist dies eine materielle Anforderung des § 203 Abs. 2 S. 1 VVG, wird aber unter den formellen Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG nicht genannt (vgl. OLG Karlsruhe vom 17.1.2023, 12 U 304/21). Ungeachtet dessen kam in der Mitteilung durchaus zum Ausdruck, dass die Abweichung nicht nur vorübergehender Natur ist.

Der Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Auskunft aus § 242 BGB. Ein solcher setzt u.a. voraus, dass die Unterlagen beim Kläger nicht mehr vorhanden sind und der Kläger in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, wofür der Verlust der Unterlagen alleine nicht genügt (BGH-Urt. v. 27.9.2023 - IV ZR 177/22). Zwar hatte der Kläger vorgetragen, dass er die Unterlagen verloren habe und diese nicht mehr auffindbar seien. Allerdings wurden keine Gründe über den Verlust vorgetragen.

Allerdings hat der Kläger einen nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO ein Recht auf Auskunft über die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten. Soweit nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO Auskunft verlangt werden kann, kann nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO - wie beantragt - eine Kopie verlangt werden. Dabei handelt es sich um einen Inhaltsgleichen Anspruch und Art. 15 Abs. 3 DSGVO regelt lediglich die Modalität der Anspruchserfüllung (EuGH, Urt. v. 4.5.2023 - C-487/21). Der Beklagte kann die Auskunft nicht verweigern. Die Auskunft kann nicht lediglich deshalb abgelehnt werden, weil damit finanzielle Ansprüche verfolgt werden sollen. Dafür, dass der Antrag exzessiv oder rechtsmissbräuchlich war, gab es keine Anhaltspunkte.

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