25.08.2023

Beschwerde des Insolvenzverwalters gegen Festsetzung der Vergütung bei Einstellung des Insolvenzverfahrens mit Zustimmung der Gläubiger

Die Einstellung des Insolvenzverfahrens mit Zustimmung der Gläubiger steht einer Beschwerde des Insolvenzverwalters gegen die Festsetzung seiner Vergütung nicht entgegen, wenn dieser vor der Verfahrenseinstellung für den streitigen Teil seiner Vergütung Sicherheit geleistet hat. Der Schätzwert der Masse wird, wenn das Verfahren durch Einstellung vorzeitig beendet ist, durch die Summe der Forderungen aller zu befriedigenden Insolvenz- und Massegläubiger begrenzt, sofern nicht der Wert der bereits erzielten Massezuflüsse höher ist.

BGH v. 13.7.2023 - IX ZB 42/22
Der Sachverhalt:
Mit Beschluss vom 18.6.2018 eröffnete das AG das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den weiteren Beteiligten zum Insolvenzverwalter. Im Jahr 2021 leitete das AG das Einstellungsverfahren nach § 213 InsO ein. Am 22.3.2021 beantragte der weitere Beteiligte, seine Vergütung auf insgesamt rd. 28.000 € brutto festzusetzen.

Das AG setzte die Vergütung auf insgesamt rd. 16.000 € brutto festgesetzt. Die sofortige Beschwerde des Beteiligten, mit der er seinen Vergütungsantrag auf insgesamt 27.500 € brutto reduzierte, wies das LG zurück. Den streitigen Teil der Vergütung i.H.v. rd. 12.000 € hinterlegte der Beteiligte als Sicherheitsleistung gem. § 214 Abs. 3 InsO. Am 11. Mai 2023 wurde das Insolvenzverfahren gem. § 213 InsO eingestellt. Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten hob der BGH den Beschluss des LG auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung dorthin zurück.

Die Gründe:
Soll das Insolvenzverfahren nach § 213 InsO eingestellt werden, hat der Insolvenzverwalter zuvor die unstreitigen Masseansprüche zu berichtigen; für die streitigen ist Sicherheit zu leisten (§ 214 Abs. 3 InsO). Vorher kommt eine Verfahrenseinstellung nicht in Betracht. Zu den Masseansprüchen gehören auch die Vergütungsansprüche des Insolvenzverwalters. Wegen des streitigen Teils des Vergütungsanspruchs des Beteiligten ist eine Sicherheitsleistung nach Maßgabe der §§ 232 ff BGB erfolgt.

Die Vergütung des Verwalters ist gem. § 1 Abs. 1 Satz 2 InsVV nach dem Schätzwert der Masse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens zu berechnen. Wie der Schätzwert der Masse bei einer Einstellung des Verfahrens gem. § 213 InsO zu berechnen ist, richtet sich danach, in welchem Umfang der Insolvenzverwalter das zur Masse gehörende Vermögen bereits verwertet hat. Liegt der Gesamtbetrag der bereits erzielten Massezuflüsse höher als die Summe aller zu befriedigenden Forderungen, ist dieser Wert für die Berechnungsgrundlage maßgeblich. Denn zur Berechnungsgrundlage für die Vergütung zählen alle Vermögenswerte, die zum Zeitpunkt der Beendigung der zu vergütenden Tätigkeit zu dem gesicherten und verwalteten Vermögen gehört haben. Dies sind alle Massezuflüsse, die auch tatsächlich an die Masse ausbezahlt werden und daher die Masse erhöhen. Der Insolvenzverwalter muss den entsprechenden Geldbetrag bereits vereinnahmt haben. Die Massezuflüsse erhöhen die Berechnungsgrundlage auch insoweit, als sie nicht zur Befriedigung sämtlicher Gläubiger benötigt werden, weil im Hinblick auf den hierin liegenden Tätigkeitsumfang des Insolvenzverwalters keine Begrenzung der Massezuflüsse und keine Schätzung mehr erforderlich ist.

Liegt die Summe aller zu befriedigenden Forderungen der Insolvenz- und Massegläubiger höher als der Wert der bereits erzielten tatsächlichen Massezuflüsse, ist die Obergrenze der Berechnungsgrundlage die Summe aller zu befriedigenden Forderungen. In diesem Fall sind einzubeziehen auch Vermögenswerte, die noch nicht verwertet worden sind; sie sind mit dem bei einer Verwertung zu erwartenden Erlös anzusetzen. Daher sind auch Forderungen zu berücksichtigen, die zur Insolvenzmasse gehören. Dies gilt allerdings nur in dem Umfang, in dem die Einziehung der Forderung zur Befriedigung aller Gläubiger - der Insolvenz- wie auch der Massegläubiger - erforderlich gewesen wäre. Wären Massegegenstände nicht verwertet worden, weil eine vollständige Befriedigung der Gläubiger ohnedies zu erreichen gewesen wäre, ist der Wert jener Gegenstände vergütungsrechtlich nicht zu berücksichtigen. Hingegen wären Massegegenstände in dem Umfang zu verwerten, in dem der Erlös für die Begleichung aller Masseverbindlichkeiten erforderlich ist.

Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Bemessung der Berechnungsgrundlage rechtsfehlerhaft. Die Berechnungsgrundlage ergibt sich allein aus der Summe aller zu befriedigenden Forderungen, weil die vom Beteiligten bereits verwertete Masse hinter dieser Summe zurückbleibt. Eine Erhöhung der sich aus der Summe aller zu befriedigenden Forderungen ergebenden Berechnungsgrundlage um den Betrag der bereits verwerteten Masse scheidet aus.

Mehr zum Thema:

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§ 64 Festsetzung durch das Gericht
Keller in Kayser/Thole, Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 11. Aufl. 2023

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§ 213 Einstellung mit Zustimmung der Gläubiger
Hölzle in Kayser/Thole, Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 11. Aufl. 2023

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Hölzle in Kayser/Thole, Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 11. Aufl. 2023

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