03.09.2013

Einrede des nicht erfüllten Vertrags steht nur einer erfüllungsbereiten Partei zu

Die Einrede aus § 320 BGB hat die Funktion, die geschuldete Gegenleistung zu erzwingen. Infolgedessen steht sie einer Partei, die deutlich gemacht hat, dass sie nicht am Vertrag festhalten will, nicht zu.

BGH 17.7.2013, VIII ZR 163/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger, der im September 2006 zum Insolvenzverwalter der G-GmbH bestellt worden war, nahm die Beklagte auf Bezahlung von Heizkörpern in Anspruch, die er nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens an sie ausgeliefert hatte. Die Beklagte rechnete gegenüber der Kaufpreisforderung des Klägers mit Schadensersatzansprüchen auf, die sie daraus herleitete, dass der Kläger teils verspätet und teils mangelhaft geliefert und mit Schreiben vom 24.11.2006 die weitere Vertragserfüllung ganz abgelehnt habe. Ihr seien deshalb Mehrkosten für einen notwendigen Deckungskauf, für zusätzlichen Montageaufwand und für die Beseitigung von Mängeln entstanden.

Der Kläger erkannte Schadensersatzansprüche der Beklagten i.H.v. insgesamt rund 7.700 € an und nahm deshalb die Klage in Höhe dieses Betrages zurück. Dennoch begehrte er weiterhin die Zahlung von 79.481 €. Das LG gab der Klage i.H.v. 71.373 € statt. Nach Hinterlegung einer Sicherheit durch den Kläger zahlte die Beklagte zur Abwendung der Zwangsvollstreckung einen Betrag von 73.333 € bzw. 29.268 €. In der Berufungsinstanz erhob sie dann Widerklage auf Rückzahlung dieser Beträge.

Das KG änderte das erstinstanzliche Urteil ab und wies die Klage ab, soweit die Beklagte zur Zahlung von mehr als 70.525 € verurteilt worden war. Ferner verurteilte es den Kläger unter Abweisung der weitergehenden Widerklage, Zug um Zug gegen Freigabe der vom Kläger beim AG hinterlegten Sicherheit 3.164 € zu zahlen. Auf die Revision der Beklagten, mit der sie die Abweisung der Klage insgesamt sowie den Wegfall der Zug-um-Zug-Einschränkung der Verurteilung auf die Widerklage begehrte, hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das KG zurück.

Gründe:
Mit der vom KG gegebenen Begründung konnten die in der Revisionsinstanz noch im Streit befindlichen Schadensersatzansprüche, mit denen die Beklagte gegen die Kaufpreisforderung des Klägers aufgerechnet hatte, nicht verneint werden. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, da es weiterer Feststellungen zum Schadensumfang bedarf.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stand der Einwand des nichterfüllten Vertrages gem. § 320 BGB einem solchen Schadensersatzanspruch der Beklagten nicht entgegen. Dabei kam es nicht darauf an, ob sich die Beklagte, wie die Vorinstanz angenommen hatte, mit der Bezahlung von Rechnungen über erfolgte Teillieferungen in Verzug befand und ob aus diesem Grund die vertraglich vereinbarte Vorleistungspflicht des Klägers entfallen war. Denn anders als das Berufungsgericht offenbar meinte, hätte dies dem Kläger nicht das Recht gegeben, sich vom Vertrag zu lösen.

Ein solches Recht folgt insbesondere nicht aus der vom Berufungsgericht herangezogenen Vorschrift des § 320 BGB. Denn diese Einrede hat die Funktion, die geschuldete Gegenleistung zu erzwingen, und setzt deshalb voraus, dass derjenige, der sich auf sie beruft, seinerseits erfüllungsbereit ist. Derjenige, der deutlich gemacht hat, dass er nicht am Vertrag festhalten will, kann sich die Einrede nicht zunutze machen (BGH, Urteil v. 4.7.2002, Az.: I ZR 313/99).

Dies traf auch auf den vorliegenden Fall zu. Der Kläger hatte mit Schreiben vom 24.11.2006 die weitere Vertragserfüllung unter Hinweis auf das Nachfolgeunternehmen endgültig abgelehnt. Für die darin liegende Pflichtverletzung war es ohne Belang, ob die Beklagte mit der Bezahlung erfolgter Teillieferungen in Verzug war und dem Kläger deshalb möglicherweise die Rechte aus §§ 320, 321 BGB zugestanden hätten. Einer Fristsetzung zur Leistung bedurfte es angesichts der als ernsthaft und endgültig anzusehenden Leistungsverweigerung des Klägers nicht. Nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachvortrag der Beklagten verursachten die angesichts der Leistungsverweigerung des Klägers erforderlichen Deckungskäufe Mehrkosten in der geltend gemachten Höhe.

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