18.03.2016

EuG hebt Nichtigerklärung der Gemeinschaftsmarke Winnetou auf

Das Markenamt hat gegen die für die Gemeinschaftsmarken geltenden Grundsätze der Autonomie und Unabhängigkeit verstoßen. Anstatt eigenständig zu beurteilen, ob das Zeichen Winnetou für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen beschreibenden Charakter aufweist, hat es die Entscheidungen der deutschen Gerichte, wonach dieser Begriff beschreibend sei und daher nicht als Marke geschützt werden könne, als zwingend angesehen.

EuG 18.3.2016, T-501/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin, die Karl-May-Verlag GmbH, vormals Karl May Verwaltungs- und Vertriebs- GmbH, ist seit 2003 Inhaberin der Gemeinschaftswortmarke WINNETOU, u.a. für Filme, Druckereierzeugnisse, Schmuck, Parfüms, Kosmetikartikel, Lederwaren, Haushaltsartikel, Kleidung, Spiele, Lebensmittel, Veranstaltungen, Feriencamps, den Transport von Personen sowie die Verpflegung und Beherbergung von Gästen. Auf Antrag der deutschen Constantin Film Produktion GmbH hatte das Markenamt der Union (HABM) im Jahr 2013 die Löschung der Marke angeordnet. Eine Ausnahme galt für "Drucklettern" und "Druckstöcke".

Hinsichtlich der anderen Waren und Dienstleistungen war das Markenamt unter Bezugnahme auf Winnetou, den fiktiven, edelmütigen und guten Indianerhäuptling, der die Hauptfigur einer Romanreihe des deutschen Schriftstellers Karl May sowie der Protagonist in Filmen, Theater- oder Radioaufführungen ist, der Ansicht, dass dieses Zeichen zugleich beschreibend sei und keine Unterscheidungskraft aufweise. Infolgedessen könne es nicht als Marke geschützt und dadurch monopolisiert werden. Die Klägerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Das EuG gab der Klage gegen die Entscheidung des Markenamtes statt und hob diese auf.

Die Gründe:
Die Begründung der angefochtenen Entscheidung erfüllte nicht die Anforderungen von Art. 296 AEUV und Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009, da das Gericht anhand dieser Begründung keine effektive gerichtliche Prüfung der angefochtenen Entscheidung vornehmen konnte. Das Markenamt muss unter Berücksichtigung der Urteilsbegründung erneut über den Antrag auf Nichtigerklärung der Marke entscheiden.

Das Markenamt hat gegen die für die Gemeinschaftsmarken geltenden Grundsätze der Autonomie und Unabhängigkeit verstoßen. Anstatt eigenständig zu beurteilen, ob das Zeichen Winnetou für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen beschreibenden Charakter aufweist, hat es die Entscheidungen der deutschen Gerichte, wonach dieser Begriff beschreibend sei und daher nicht als Marke geschützt werden könne, als zwingend angesehen. Dieser Fehler ist dem Markenamt auch unterlaufen, als es auf der Grundlage der Beurteilungen hinsichtlich des beschreibenden Charakters zu dem Schluss gelangte, dass keine Unterscheidungskraft vorliege.

Insbesondere hat das Markenamt nicht ausreichend dargetan, warum das Zeichen Winnetou - über seine konkrete Bedeutung als Bezeichnung einer fiktiven Figur hinaus - dahin wahrgenommen werden soll, dass es sich ganz allgemein auf die Begriffe "Indianer" und "Indianerhäuptling" bezieht. Zudem ist die Begründung des beschreibenden Charakters hinsichtlich der Waren, die vom Markenamt unter der Kategorie "Merchandising"-Produkte zusammengefasst wurde, äußerst allgemein und abstrakt.

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Waren eine homogene Kategorie darstellen; außerdem hat sich das Markenamt auf die Aussage beschränkt, dass das Zeichen Winnetou für diese Waren beschreibe, dass es sich um mit den Filmen oder der Romanfigur in Zusammenhang stehende Waren handele, bei denen der Verbraucher davon ausgehe, dass es sich lediglich um "Winnetou"-Werbeprodukte handele, ohne auf die Herkunft der Waren zu schließen. Mithin fehlt es an einer spezifischen Untersuchung hinsichtlich der Natur und der Merkmale der in Rede stehenden Waren.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM v. 18.3.2016
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