06.09.2018

Firmenschilder haben auf Grabsteinen nichts zu suchen

Ein Unternehmen, das Grabmale herstellt und auf Friedhöfen aufstellt, verstößt gegen § 3a UWG (i.V.m. der gemeindlichen Friedhofssatzung), wenn es auf den von ihm aufgestellten Grabmalen Firmenschilder mit der Angabe seines Unternehmensnamens und -sitzes sowie seiner Telefonnummer anbringt, obwohl die Friedhofssatzung das Anbieten von Waren und Dienstleistungen auf dem Friedhof verbietet. Der Verstoß ist geeignet, die Interessen der Verbraucher - der Besucher des Friedhofs - spürbar zu beeinträchtigen.

OLG Stuttgart 5.7.2018, 2 U 167/17
Der Sachverhalt:

Die Verfügungsklägerin verkauft Grabmale, sog. Urnensäulen, die sie u.a. über das Internet vertreibt. Die Verfügungsbeklagte stellt Grabsteine her, die sie auf verschiedenen Friedhöfen aufstellt und an ihnen ein Firmenschild der Größe von ca. 9 cm x 2 cm anbringt. Darauf ist neben der Unternehmensbezeichnung, der Sitz des Unternehmens sowie die Telefonnummer angebracht. Die Verfügungsklägerin sieht hierin einen Verstoß gegen die jeweiligen Friedhofssatzungen der betreffenden Kommunen, wonach es auf dem Friedhof nicht gestattet sei, "Waren und gewerbliche Dienste anzubieten" sowie einen Verstoß gegen § 7 UWG.

Das LG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Zur Begründung führte es aus, es liege zwar ein Verstoß gegen die Friedhofssatzungen vor, dieser sei jedoch nicht spürbar, weil die Beschriftung lediglich aus geringer Entfernung entziffert werden könne. Auf die Berufung der Verfügungsklägerin hat das OLG das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und der Klage weitestgehend stattgegeben.

Die Gründe:

Da sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch schon aus dem Verstoß gegen § 3a UWG ergibt, bedarf es keiner Entscheidung, ob daneben auch ein Erstverstoß gegen § 7 UWG vorliegt.

Entgegen der Auffassung des LG ist der Verstoß geeignet, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Spürbarkeit ist dann zu bejahen, wenn eine Beeinträchtigung der geschützten Interessen nicht nur theoretisch, sondern auch tatsächlich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintreten kann. Dabei sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

Zutreffend stellte das LG einzig auf die Wirkung auf Besucher des Friedhofs ab und nicht auch auf die Interessen der Mitbewerber der Verfügungsbeklagten. Das Werbeverbot schützt die Trauernden vor einer Belästigung durch die Verfolgung kommerzieller Interessen, nicht aber die Mitbewerber davor, dass ein Wettbewerbsvorsprung durch einen Missbrauch des Friedhofs als "Messe" oder als "Leistungsschau" für Waren und Dienstleistungen für Beerdigungsleistungen erzielt wird.

Die Besucher des Friedhofs können sich auch schon dann in ihrer Trauer und ihrem Gedenken an die Verstorbenen von den Firmenschildern gestört fühlen, wenn die Werbung erst bei näherem Hinsehen als solche erkennbar ist. Anders als von den Verfügungsbeklagten dargestellt, ist das Schild auch nicht lediglich kaum wahrnehmbar, sondern erzeugt bei einer Größe von ca. 9 cm x 2 cm eine Anlockwirkung und ist - zumindest, wenn sich der Trauernde in unmittelbarer Nähe befindet - gut lesbar. Nicht maßgeblich ist, ob die Friedhofsverwaltung solche Kennzeichnungen - bis zur Größe eines Fünfmarkstücks - duldet. Für die Frage der Spürbarkeit ist es unerheblich, ob die Verwaltungsbehörde von einer Sanktionsmöglichkeit Gebrauch macht.

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