27.02.2024

Fotos einer Fototapete stellen keine Urheberrechtsverletzung dar

Bei lebensnaher Betrachtung kann von dem Erwerber einer Fototapete im Rahmen einer vertragsgemäßen Nutzung nicht erwartet werden, sicherzustellen, dass keine Lichtbilder in dem mit der Fototapete ausgestattetem Raum gefertigt werden oder die Fototapete abgedeckt oder auf den gefertigten Lichtbildern nachträglich retuschiert wird.

OLG Düsseldorf v. 8.2.2024 - 20 U 56/23
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hat aus abgetretenem Recht Ansprüche wegen Urheberrechtsverletzungen gegen die Beklagte geltend gemacht, nachdem sie festgestellt hatte, dass die Beklagte Innenraumaufnahmen des von ihr betriebenen Hotels "Y. Resort & Spa", auf denen zwei verschiedene Motive einer Fototapete zu sehen sind, sowohl auf ihrer Webseite als auch auf mehreren Hotelbuchungsportalen nutzt und auch eine Innenraumaufnahme, auf denen eine der beiden Fototapeten zu sehen ist, in ihrer SPA-Broschüre, die als pdf-Dokument auf ihrer Webseite zum Download bereitsteht, verwendet.

Das LG hat die auf Unterlassung, Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Erstattung von Abmahnkosten gerichtete Klage abgewiesen. Es war der Ansicht, die Beklagte habe mit dem Erwerb des Sacheigentums an den Fototapeten ein einfaches Nutzungsrecht dahingehend erworben, dass sie Lichtbilder der Fototapete im Rahmen von Lichtbildern der Räume habe fertigen bzw. fertigen lassen dürfen. Es sei von einer konkludenten Rechteeinräumung auszugehen, weil bei sachgerechter Würdigung der Gesamtumstände davon ausgegangen werden müsse, dass der Fotograf "autorisierten Herstellern" die Rechte zur Herstellung der Fototapete und die urheberrechtlichen Nutzungsrechte zum Zwecke der Weiterübertragung an die Endkunden (ggf. über Zwischenhändler) übertragen habe, die zur vertragsgemäßen Nutzung der Fototapete erforderlich seien.

Hiergegen richtete sich die Berufung der Klägerin. Da die konkludente Überlassung eines urheberrechtlichen Nutzungsrechts dinglichen Charakter habe, setze die betreffende Willenserklärung voraus, dass unter Berücksichtigung der gesamten Begleitumstände nach dem objektiven Inhalt der Erklärung unzweideutig zum Ausdruck gekommen sei, der Erklärende wolle über sein Urheberrecht in der Weise verfügen, dass er einem Dritten daran ein bestimmtes Nutzungsrecht einräume. Diese Voraussetzungen lägen indes nicht vor, weil der allein auf der Hand liegende Vertragszweck beim Verkauf/Kauf einer Fototapete die Ermöglichung der Gestaltung, im besten Fall der Verschönerung von Räumen durch Anbringen der Fototapete an Wände, Türen etc. sei. Die vertragsgemäße Nutzung einer Fototapete erschöpfe sich daher in einer festen Verbindung der Fototapete mit den Räumen.

Das OLG hat die Berufung zurückgewiesen. Allerdings wurde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zum BGH zugelassen.

Die Gründe:
Die Beklagte hat zwar die zumindest als Lichtbild gem. § 72 UrhG geschützten Fotografien ohne Urheberbenennung (§ 13 UrhG) vervielfältigt, §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 16 UrhG, und öffentlich zugänglich gemacht, §§ 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, 19a UrhG. Sie hat aber durch dieses Verhalten weder die - insoweit unterstellten - Rechte der Klägerin noch das - unterstellt in Prozessstandschaft geltend gemachte - Urheberpersönlichkeitsrecht des Fotografen widerrechtlich verletzt.

Der Beklagten sind mit Erwerb der streitgegenständlichen Fototapeten konkludent urheberrechtliche Nutzungsrechte an den Tapeten eingeräumt worden. Die vertragsgemäße Nutzung einer Fototapete sieht ihre untrennbare Verbindung mit dem Raum vor. Nachdem sie mit der Wand verklebt wurde, dient sie zum einen der Dekoration des Raumes. Darüber hinaus gehört zu ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung - sowohl in privaten, als auch in gewerblichen Räumen -, dass von dem mit der Fototapete ausgestatteten Raum Lichtbilder gefertigt sowie diese verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden. Bei lebensnaher Betrachtung kann von dem Erwerber einer Fototapete im Rahmen einer vertragsgemäßen Nutzung nicht erwartet werden, sicherzustellen, dass keine Lichtbilder in dem mit der Fototapete ausgestattetem Raum gefertigt werden oder die Fototapete abgedeckt oder auf den gefertigten Lichtbildern nachträglich retuschiert wird. Hätte der Erwerber um diese gravierende Einschränkung der bestimmungsgemäßen Nutzung gewusst, so ist zu erwarten, dass er die Fototapete niemals erworben hätte; die Fototapeten wären schlicht unverkäuflich.

Zudem war die Klägerin infolge des Inverkehrbringens der Fototapeten nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB daran gehindert, Ansprüche wegen der streitgegenständlichen Veröffentlichung von Innenaufnahmen des von der Beklagten betriebenen Hotels, auf denen die Fototapeten zu sehen sind, geltend zu machen, weil sie sich durch ihre Rechtsausübung in rechtsmissbräuchlicher Art und Weise in Widerspruch zu ihrem vorherigem Verhalten setzt. Letztlich konnte die Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auch nicht auf eine Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts in Gestalt des Urheberbenennungsrechts gemäß § 13 UrhG stützen. Hier war on einem stillschweigenden Verzicht auszugehen. So ist zwar der konkrete Inhalt des Vertrages zwischen dem Fotografen und dem von ihm zur Fertigung von Fototapeten autorisierten Unternehmen nicht bekannt. Unstreitig war indes, dass die Fototapeten selbst keinerlei Urheberbezeichnung enthalten, was mangels gegenteiliger Anhaltspunkte den Schluss rechtfertigte, dass der Fotograf auf sein Recht auf Anbringung der Urheberbezeichnung durch schlüssiges Verhalten verzichtet hatte.

Die Revision war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Hinblick auf die abweichende Rechtsprechung des LG Köln (Urt. v. 18.8.2022, Az. 14 O 125/21) zuzulassen.

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