11.10.2012

Gegenwertforderung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) ist unwirksam

§ 23 Abs. 2 der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBLS), der die Zahlung eines Gegenwerts für die bei der VBL verbleibenden Versorgungslasten bei Beendigung einer Beteiligung regelt, ist wegen unangemessener Benachteiligung des ausgeschiedenen Beteiligten unwirksam. Allerdings kann die dadurch eingetretene Satzungslücke durch eine neue Satzungsregelung mit Wirkung für bereits beendete Beteiligungen geschlossen werden.

BGH 10.10.2012, IV ZR 10/11 u.a.
Der Sachverhalt:
Ein Arbeitgeber, der seine Beteiligung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) kündigt, muss nach § 23 Abs. 2 der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBLS) als Ausgleich für die bei der VBL verbleibenden Versorgungslasten seiner Beschäftigten eine sog. Gegenwertforderung zahlen. Der Kläger des Verfahrens IV ZR 10/11 ist Trägerverein einer Klinik und gehörte dem Abrechnungsverband Ost der VBL seit 1996 an. Er kündigte das Beteiligungsverhältnis zum 31.12.2003.

Der zu zahlende Gegenwert für neun Rentner und 135 Leistungsanwärter wurde von der VBL mit rund 957.125 € beziffert und vom Kläger zunächst bezahlt. Später verlangte er die Rückzahlung eines Teilbetrages von 400.000 € von der VBL. LG und OLG gaben der Klage wegen Unwirksamkeit der Satzungsbestimmung über den Gegenwert statt. Mit ihrer Revision verfolgte die VBL ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Der Beklagte des Verfahrens IV ZR 12/11 ist der AOK Bundesverband, der schon an der Vorgängeranstalt der VBL seit den 1940er Jahren beteiligt war. Er kündigte seine Beteiligung zum 31.12.2002. Die VBL berechnete einen Gegenwert von insgesamt rund 18,3 Mio. € und verlangte mit der Klage den nach Anrechnung von zwei Abschlagszahlungen verbleibenden Restbetrag von gut 8,1 Mio. €. LG und OLG wiesen die Klage ab. Mit der Revision verfolgte die VBL ihren Zahlungsanspruch weiter.

Beide Revisionen der VBL blieben vor dem BFH erfolglos.

Die Gründe:
§ 23 Abs. 2 VBLS ist wegen unangemessener Benachteiligung des ausgeschiedenen Beteiligten unwirksam.

Die Vorschrift unterliegt der vollen AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle. Eine Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien, die eine weitgehende Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers bei deren Umsetzung und inhaltlicher Ausgestaltung zur Folge hat, setzt eine wirksame tarifvertragliche Regelung voraus. Diese lag hier nicht vor. Der Änderungstarifvertrag Nr. 6 zum Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag Altersversorgung - ATV) vom 24.11.2011 stellt hinsichtlich seiner rückwirkend zum 1.1.2001 in Kraft gesetzten Regelungen zum Gegenwert für Beteiligungen, die vor Abschluss dieses Tarifvertrages beendet wurden, eine unzulässige echte Rückwirkung dar.

Die in § 23 Abs. 2 VBLS vorgesehene volle Berücksichtigung von Versicherten ohne erfüllte Wartezeit bei der Berechnung des Gegenwerts benachteiligt den ausgeschiedenen Beteiligten unangemessen. Außerdem liegt eine unangemessene Benachteiligung des ausgeschiedenen Beteiligten in der Ausgestaltung des Gegenwerts als Einmalzahlung eines Barwerts vor. Letztlich ist § 23 Abs. 2 VBLS intransparent, da nicht alle Berechnungsgrundlagen des Gegenwerts offen gelegt werden.

Allerdings kann die durch die Unwirksamkeit der Gegenwertregelung in § 23 Abs. 2 VBLS eingetretene Satzungslücke nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung durch eine neue Satzungsregelung, die den ausgeschiedenen Beteiligten nicht unangemessen benachteiligt, mit Wirkung für eine bereits beendete Beteiligung geschlossen werden.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 169 vom 10.10.2012
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