13.08.2012

Insolvenzanfechtung: Zum Rechtsweg bei Gehaltszahlungen durch einen Dritten

Entrichtet ein Dritter anstelle des Arbeitgebers die dem Arbeitnehmer geschuldete Arbeitsvergütung, ist für eine Insolvenzanfechtung dieser Zahlung der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben. In solchen Fällen geht es gerade nicht um die "Rückgewähr verdienten Arbeitsentgelts", infolgedessen gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG das ArbG zuständig wäre.

BGH 19.7.2012, IX ZB 27/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem im Oktober 2007 über das Vermögen der F-GmbH eröffneten Insolvenzverfahren. Der Beklagte war seit 2006 bei der GK-G beschäftigt, deren Alleingesellschafterin die F-GmbH ist. Zwischen Januar und März 2007 entrichtete die F-GmbH anstelle der GK-G an den Beklagten, der von November 2006 bis einschließlich Januar 2007 auf einer Baustelle der F-GmbH eingesetzt war, Lohnzahlungen über rund 6.001 €. Ein im Mai 2007 gegen die GK-G gestellter Insolvenzantrag wurde mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse zurückgewiesen.

Der Kläger nahm den Beklagten gem. § 134 Abs. 1 InsO auf Erstattung der von der F-GmbH an ihn zugunsten der GK-G erbrachten Lohnzahlungen in Anspruch. LG und OLG erklärten den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig. Auch die Rechtsbeschwerde, mit der der Beklagte weiterhin verlangte, die Sache an die Arbeitsgerichtsbarkeit zu verweisen, blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Eine Zuständigkeit des ArbG nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG schied auf der Grundlage des Beschlusses des Gemeinsamen Senats vom 27.9.2010 (GmS-OGB 1/09) aus.

Zwar wird der Insolvenzverwalter nach der vorgenannten Rechtsprechung für die Dauer des Insolvenzverfahrens faktisch Arbeitgeber. Diese Rechtsgrundsätze konnten allerdings nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen werden. Die F-GmbH war nicht die Arbeitgeberin des Beklagten. Als Insolvenzverwalter über das Vermögen der F-GmbH konnte der Kläger somit nur im Verhältnis zu deren Arbeitnehmern in die Rechtsstellung des Arbeitgebers eingerückt sein.

Infolgedessen war die F-GmbH dem Beklagten mangels eines zwischen beiden bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht zur Zahlung von Arbeitslohn verpflichtet, sondern hatte die Überweisungen als Dritte erbracht (§ 267 Abs. 1 BGB). Wegen der fehlenden Arbeitgeberfunktion sowohl der F-GmbH als auch darauf aufbauend des Klägers im Verhältnis zu dem Beklagten ging es hier nicht um die "Rückgewähr verdienten Arbeitsentgelts". Gegenstand der Klage bildete vielmehr die Rückgewähr seitens der F-GmbH freiwillig erbrachter, rechtlich nicht geschuldeter Zahlungen. Darum betraf die Klage gerade nicht - wie § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG voraussetzt - die Rückforderung von Arbeitsentgelt in der Beziehung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Es lag auch kein Arbeitsvertrag im Wege einer konkludenten Vertragsvereinbarung zwischen dem Beklagten und der F-GmbH vor. Wäre der Beklagte von einem solchen ausgegangen, hätte es nahegelegen, allgemein und dauerhaft die Zahlung des Arbeitsentgelts bei der Schuldnerin einzufordern. Selbst wenn - was mangels näherer Feststellungen des OLG nicht abschließend beurteilt werden konnte - der Beklagte als Leiharbeitnehmer für die F-GmbH tätig war, folgte daraus nicht die Zuständigkeit der ArbG. Denn für Ansprüche zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Leiharbeitgeber ist das ArbG gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG nur zuständig, soweit der Leiharbeitgeber - was bei der freiwilligen Zahlung von Arbeitsentgelt ausschied - die Arbeitgeberfunktion wahrnimmt. Davon abgesehen läge hier eine auch gem. § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG erlaubnisfreie Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen vor.

Eine Zuständigkeit der ArbG folgte schließlich auch nicht aus § 3 ArbGG, nach dessen Inhalt die durch §§ 2, 2a ArbGG begründete Zuständigkeit auch im Verhältnis zu einem Rechtsnachfolger besteht. Im vorliegenden Fall handelte es sich um eine freiwillige Drittzahlung nach § 267 Abs. 1 BGB. Ist nur die konzernrechtliche Durchgriffshaftung als Rechtsnachfolge zu verstehen, kann eine - hier gegebene - freiwillige Zahlung durch die Muttergesellschaft nicht § 3 ArbGG zugeordnet werden. In einem solchen Fall liegt keine Haftung des Leistenden für die von ihm freiwillig erfüllte Verbindlichkeit vor.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück