24.01.2024

Keine Darlehenskündigung wegen negativer SCHUFA-Auskunft

Die vorgelegte SCHUFA-Auskunft war schon an sich nicht gerichtsverwertbar. Aus der Mitteilung von Scorewerten, Quoten und Ratingstufen ist für außenstehende Dritte nämlich nicht erkennbar, wie diese errechnet und auf welcher Datengrundlage diese erstellt wurden.

LG Düsseldorf v. 21.12.2023 - 8 O 55/23
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte dem Beklagten am 23.12.2020 ein Darlehen von 35.000 € gewährt, das am 21.2.2021 ausgezahlt wurde. Es sollte in insgesamt 96 Raten zurückgezahlt werden. Nach Auszahlung des Darlehens wurde die Klägerin von der SCHUFA-Holding AG (SCHUFA) über einen negativen Eintrag beim Beklagten informiert. Der Beklagte war mit Ratingstufe P sowie eine Risikoquote von 96,8 % gelistet. Am 25.5.2022 erhielt die Klägerin eine technische Nachmeldung der SCHUFA, in der sie über das Merkmal "SD FAELLIG 7421 EUR/24.05.2022/" in Kenntnis gesetzt wurde. Das bedeutete, dass ein Kreditvertrag des Beklagten aufgrund Zahlungsverzuges gekündigt wurde und sein Saldo 7.421 € betrug. Zugleich hatte der Beklagte auch Raten aus dem hier maßgeblichen Vertrag nicht mehr bedient und war insoweit von der Klägerin bereits gemahnt worden.

Unter Hinweis auf die Information der SCHUFA kündigte die Klägerin den Kredit am 27.5.2022 außerordentlich aus wichtigem Grund. Gleichzeitig stellte sie die Restforderung unter Fristsetzung zum 26.6.2022 i.H.v. 31.037 € fällig. Nachdem keine Zahlungen erfolgt waren, wurde die Forderung an ein Inkassounternehmen zum Einzug übergeben, das den Beklagten mehrfach per Brief mahnte. Dafür stellte das Inkassounternehmen Kosten i.H.v. 1.133 € in Rechnung. Am 2.2.2023 wurde auf Antrag des Inkassounternehmens ein Mahnbescheid gegen den Beklagten über 34.008 € erlassen. Für die Tätigkeit im Mahnverfahren stellte das Inkassounternehmen 701 € in Rechnung.

Der Beklagte war trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen. Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten durch Versäumnisurteil zu verurteilen, an sie einen Hauptsachebetrag i.H.v. 31.037 € sowie vorgerichtlichen Kosten von 1.835 € zu bezahlen.

Das LG hat die Klage abgewiesen.

Die Gründe:
Die Voraussetzungen für den Erlass des beantragten Versäumnisurteils lagen nicht vor. Die Klägerin hat nach ihrem gem. § 331 Abs. 1 ZPO als zugestanden anzunehmenden Vorbringen keinen Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta aus § 812 Abs. 1 S. 2, 1. Var. BGB. Sie hat weder einen Kündigungsgrund nach Ziff. 19 Abs. 3 ihrer AGB noch die Voraussetzungen des § 490 Abs. 1 BGB bzw. des § 498 Abs. 1 BGB schlüssig vorgetragen.

Für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung trug die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast. Ob eine "wesentliche" Verschlechterung und damit ein wichtiger Grund zur Kündigung vorliegt, kann nur nach einer Gesamtwürdigung des Einzelfalles und einer Abwägung der Interessen beider Vertragsteile entschieden werden. Um annehmen zu können, dass sich die Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers wesentlich verschlechtert haben, sind die Situationen bei Vertragsabschluss und im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung zu vergleichen. Dabei bedarf es einer Gesamtschau aller wirtschaftlichen Umstände des Einzelfalls aus objektiver Perspektive. Zur Feststellung der wesentlichen Verschlechterung bedarf es mehr als einer simplen Rechenoperation. Maßgeblich ist jeweils das Vermögen, auf das tatsächlich zugegriffen werden kann.

Der Bank obliegt eine sorgfältige Prüfung und die Pflicht zur ordnungsgemäßen Informationsbeschaffung. Dies gilt insbesondere dann, wenn die wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse auf Indizien gestützt wird, da der Bank als Darlehensgeberin nicht schon eine Kündigung bei bloßem Verdacht eröffnet ist. Infolgedessen waren die hier wiederholten und nochmals vertieften Ausführungen der Klägerin zur negativen SCHUFA-Auskunft nicht geeignet, die Annahme einer konkreten Verschlechterung der Vermögensverhältnisse auf Seiten des Beklagten als Darlehensnehmer zu rechtfertigen.

Die vorgelegte SCHUFA-Auskunft war schon an sich nicht gerichtsverwertbar. Aus der Mitteilung von Scorewerten, Quoten und Ratingstufen ist für außenstehende Dritte nämlich nicht erkennbar, wie diese errechnet und auf welcher Datengrundlage diese erstellt wurden. Zudem waren im Zusammenhang mit den als "Score-Info" in der SCHUFA-Auskunft bezeichneten Aussagen "Es liegen Missbrauchsmerkmale oder Saldo nach Titulierung vor" bzw. "Es liegen Informationen zu vertragswidrigem Verhalten vor" keine erläuternden Ausführungen der Klägerin erfolgt, welche konkreten Informationen oder Sachverhalte zu diesen Eintragungen geführt haben.

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Aufsatz:
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