08.03.2016

Keine Löschung einer Markeneintragung wegen bösgläubiger Anmeldung bei Beeinträchtigung eines nur regional geschützten Unternehmenskennzeichens

Die Löschung einer Markeneintragung wegen bösgläubiger Anmeldung (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG) kann nicht wegen der Beeinträchtigung eines Unternehmenskennzeichens (§ 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG) verlangt werden, das keinen bundesweiten, sondern nur einen räumlich auf das lokale Tätigkeitsgebiet des Unternehmens beschränkten Schutzbereich aufweist. Der Umstand, dass derjenige, der einen rechtlich ungeschützten Besitzstand erworben hat, danach besser gegen Böswilligkeit geschützt sein kann als derjenige, der ein räumlich beschränktes Schutzrecht erworben hat, führt zu keiner abweichenden Beurteilung.

BGH 15.10.2015, I ZB 44/14
Der Sachverhalt:
Für die Markeninhaberin ist seit 2006 die Wortmarke Nr. 306 21 552 "LIQUIDROM" für verschiedene Dienstleistungen in das Register des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragen. Dies betrifft Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen; medizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen; Betrieb von öffentlichen Bädern für Zwecke der Körperhygiene einschließlich Saunabetrieb.

Der Antragsteller hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der Marke mit der Begründung beantragt, sie sei böswillig angemeldet worden. Die Markeninhaberin war Geschäftsführerin der "T. B. mbH". Diese hatte von der "Stiftung Neues Tempodrom" mit Pachtvertrag vom 1.10.2001 als "Liquidrom" bezeichnete Räume eines in Berlin belegenen Veranstaltungsgebäudes gepachtet. In dem Pachtvertrag heißt es: "Der Verpächter überträgt dem Pächter das Recht, die in den als Anlage 2 beigefügten Grundrissplänen orange gekennzeichneten Räume und Flächen im Folgenden als "Liquidrom" oder "Pachträume" bezeichnet - mit allen Einrichtungen (Badebetrieb, Saunabetrieb, Wellness, Liquid Sound) inklusive der dortigen Gastronomie zu betreiben."

Das als "Liquidrom" bezeichnete Bad öffnete im Mai 2002. Im Jahr 2004 fielen Pächterin und Verpächterin in Insolvenz. Das Pachtverhältnis wurde im Mai 2005 beendet. Im August 2005 erfolgte eine Ausschreibung für die Wiedereröffnung des "Liquidroms". Die T-GmbH i.Gr., vertreten durch die Markeninhaberin als Geschäftsführerin, bewarb sich erfolglos um den Pachtvertrag. Am 31.3.2006 meldete die Markeninhaberin die Streitmarke an. Das "Liquidrom" wurde im Dezember 2007 wiedereröffnet und wird seitdem von der "Liquidrom GmbH & Co. KG" betrieben.

Das Deutsche Patent- und Markenamt ordnete die Löschung der Marke an. Die Beschwerde der Markeninhaberin hatte vor dem BPatG keinen Erfolg. Auf die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin hob der BGH den Beschluss des BPatG auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung dorthin zurück.

Die Gründe:
Die Beurteilung des BPatG, die Markeninhaberin habe die Marke i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG böswillig angemeldet, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Nach BGH-Rechtsprechung ist von einer Böswilligkeit des Anmelders i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt. Eine böswillige Markenanmeldung kommt in Betracht, wenn der Anmelder weiß, dass ein anderer dasselbe oder ein verwechselbares Zeichen für dieselben oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben, und wenn besondere Umstände hinzukommen, die das Verhalten des Anmelders als sittenwidrig erscheinen lassen.

Es konnte vorliegend offenbleiben, ob danach die Markeninhaberin mit der Markenanmeldung böswillig in einen schutzwürdigen Besitzstand der "Stiftung Neues Tempodrom" an der Bezeichnung "Liquidrom" eingegriffen hat. Die hier in Rede stehende Bezeichnung "Liquidrom" genießt als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs i.S.v. § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG lediglich einen räumlich auf Berlin beschränkten Schutz. Ein böswilliger Eingriff in einen Besitzstand, dem nur ein räumlich begrenzter Schutz zukommt, rechtfertigt entgegen der Ansicht des BPatG grundsätzlich nicht die Löschung der Eintragung einer Marke, die Schutz für das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beansprucht.

Die Löschung einer im gesamten Inland geschützten Marke wegen böswilliger Markenanmeldung kann daher nicht allein im Blick auf die Beeinträchtigung eines räumlich beschränkten Rechts verlangt werden. Der Umstand, dass derjenige, der einen rechtlich ungeschützten Besitzstand erworben hat, danach besser gegen Böswilligkeit geschützt sein kann als derjenige, der ein räumlich beschränktes Schutzrecht erworben hat, führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Für den Schutz gegen eine böswillige Markenanmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG kommt es nicht auf die Frage an, ob der Besitzstand zeichenrechtlich geschützt ist, sondern darauf, ob die räumliche Ausdehnung des schutzwürdigen Besitzstandes es rechtfertigt, die Marke mit Wirkung für das gesamte Inland zu löschen. Das ist bei einem räumlich beschränkten Besitzstand auch dann nicht der Fall, wenn dieser zeichenrechtlichen Schutz genießt.

Der Inhaber der räumlich beschränkten Zeichenrechte ist gegenüber dem Inhaber der im Blick auf diese Rechte böswillig angemeldeten Marke damit nicht schutzlos gestellt. Er kann im Falle einer Zeichenkollision dem Verlangen des Markeninhabers, die Nutzung des Zeichens innerhalb seines räumlich beschränkten Geltungsbereichs zu unterlassen, die Einrede wettbewerbswidriger Behinderung i.S.d. § 4 Nr. 10 UWG entgegenhalten. Entsprechend kann die Nutzung der böswillig angemeldeten Marke im räumlichen Geltungsbereich des Zeichens wettbewerbsrechtliche Ansprüche seines Inhabers wegen unlauterer gezielter Behinderung nach § 4 Nr. 10 UWG begründen. Die räumliche Beschränkung des Unternehmenskennzeichens wirkt sich hierbei - nicht anders als bei der markenrechtlichen Geltendmachung räumlich beschränkter Zeichenrechte.

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