30.10.2015

Landkarten als Datenbank rechtlich geschützt

Topografische Landkarten können als "Datenbanken" rechtlich geschützt sein. Die Qualifizierung als "Datenbank" hängt davon ab, ob es sich um eine Sammlung von "unabhängigen Elementen" handelt, die sich voneinander trennen lassen, ohne dass der Wert ihres informativen, literarischen, künstlerischen, musikalischen oder sonstigen Inhalts dadurch beeinträchtigt wird.

EuGH 29.10.2015, C-490/14
Der Sachverhalt:
Der klagende Freistaat Bayern gibt durch das Landesamt für Vermessungs- und Geoinformation topografische Landkarten für das gesamte Bundesland Bayern im Maßstab 1:50.000 heraus. Der beklagte österreichische Verlag Esterbauer veröffentlicht u.a. Atlanten, Tourenbücher und Karten für Radfahrer, Mountainbiker und Inlineskater. Nach Auffassung des Freistaates nutzte der Verlag zur Erstellung seines Kartenmaterials rechtswidrig diese topografischen Landkarten und übernahm dabei die ihnen zugrunde liegenden Daten.

Das LG gab der auf Unterlassung und Schadensersatz gerichteten Klage statt. Das OLG hob das Urteil teilweise auf und ließ die Revision zum BGH nur insoweit zu, als es die auf den Schutz von Datenbanken gestützten Ansprüche des Freistaats verneint hatte. Der BGH setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vor.

Der BGH fragt in diesem Zusammenhang nach dem Geltungsbereich der Richtlinie 96/9/EG über den rechtlichen Schutz von Datenbanken und nach der etwaigen Subsumtion der vom Freistaat Bayern erstellten topografischen Landkarten unter den Begriff "Datenbank". Nach der Richtlinie bezeichnet dieser Begriff "eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit elektronischen Mitteln oder auf andere Weise zugänglich sind". Insbesondere möchte der BGH wissen, ob die Daten über die Koordinaten bestimmter Punkte der Erdoberfläche "unabhängige Elemente" i.S.d. Definition sein können.

Die Gründe:
Die Daten einer Sammlung, die - wie die hier aus den topografischen Landkarten des Freistaats herausgelösten Daten - wirtschaftlich selbstständig verwertet werden, stellen "unabhängige Elemente" einer "Datenbank" i.S.d. Richtlinie dar, da sie den Kunden des die Daten verwertenden Unternehmens nach ihrer Herauslösung sachdienliche Informationen liefern.

Geografischen Daten, die von einem Dritten aus einer topografischen Landkarte herausgelöst werden, um eine andere Landkarte herzustellen und zu vermarkten, behalten nach ihrer Herauslösung ein hinreichenden Informationswert, um als "unabhängige Elemente" einer "Datenbank" i.S.d. Richtlinie angesehen werden zu können. Die Qualifizierung als "Datenbank" hängt nach der Rechtsprechung des EuGH davon ab, ob es sich um eine Sammlung von "unabhängigen Elementen" handelt. Das bedeutet, die Elemente müssen sich voneinander trennen lassen, ohne dass der Wert ihres informativen, literarischen, künstlerischen, musikalischen oder sonstigen Inhalts dadurch beeinträchtigt wird.

Die Errichtung einer Datenbank, zu der die Richtlinie durch den mit ihr eingeführten rechtlichen Schutz einen Anreiz geben solle, könne den Elementen, aus denen diese Datenbank besteht, dadurch einen Mehrwert verleihen, dass sie systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln zugänglich sind. Wird der Wert eines Elements einer Sammlung durch dessen Anordnung in der Sammlung erhöht, kann die Herauslösung des Elements aus dieser Sammlung zu einer entsprechenden Verringerung des Wertes führen.

Der Minderwert berührt allerdings nicht die Qualifizierung des Elements als "unabhängiges Element", wenn es einen selbstständigen Informationswert behält. Daher schließt eine Verringerung des Informationswerts eines Elements im Zusammenhang mit dessen Herauslösung aus der Sammlung, zu der es gehört, nicht zwangsläufig aus, dass dieses Element unter den Begriff "unabhängige Elemente" fallen kann, wenn es denn einen selbständigen Informationswert behält.

Es ist auf die EuGH-Rechtsprechung hinzuweisen, wonach der selbstständige Informationswert eines aus einer Sammlung herausgelösten Elements im Hinblick auf den Informationswert nicht für den typischen Nutzer der betreffenden Sammlung, sondern für jeden Dritten zu beurteilen ist, der sich für das herausgelöste Element interessiert.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM vom 29.10.2015
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