08.05.2025

Mögliche Ansprüche des Enkels eines jüdischen Kaufmanns gegen Geldinstitut verjährt

Einem Geldinstitut ist es nicht aus Rechtsgründen verwehrt, sich im Hinblick auf mögliche Ansprüche des Enkels eines jüdischen Kaufmanns hinsichtlich eines etwaigen Kontoguthabens auf die Verjährungsvorschriften zu berufen. Diese verletzen weder das Eigentumsrecht aus Art. 14 GG noch das nach Art. 3 Abs. 1 GG geltende Gleichheitsgebot. Die Verjährungsvorschriften sind auch nicht deshalb verfassungswidrig, weil zugunsten der von den Nationalsozialisten verfolgten Menschen keine Ausnahmen gemacht wurden.

OLG Hamm v. 7.5.2024 - 31 U 10/24
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Enkel eines jüdischen Kaufmanns und Schweizer Staatsbürgers. Der Großvater des Klägers hatte 1932 ein Konto eröffnet, auf welches Einzahlungen vorgenommen worden waren. Der Kläger begehrte nun im Rechtsstreit mit dem beklagten Geldinstitut Auskunft über dieses Konto und letztlich die Auszahlung eines etwaigen Kontoguthabens, hilfsweise Schadensersatz. In dem Rechtsstreit stritten die Parteien u.a. darüber, ob etwaige Ansprüche verjährt sind.

Das LG wies die Klage ab. Die Berufung des Klägers hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Auf die Frage des Fortbestands des Kontos und eines etwaigen Kontoguthabens kommt es hier nicht an, weil etwaige Ansprüche des Klägers als Erbe seines Großvaters jedenfalls verjährt sind.

Dem beklagten Geldinstitut ist es weder aus Rechtsgründen verwehrt, sich auf die Verjährungsvorschriften zu berufen, noch sind diese verfassungswidrig. Sie verletzen weder das Eigentumsrecht aus Art. 14 GG noch das nach Art. 3 Abs. 1 GG geltende Gleichheitsgebot.

Die Verjährungsvorschriften sind entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht deshalb verfassungswidrig, weil zugunsten der von den Nationalsozialisten verfolgten Menschen keine Ausnahmen gemacht wurden. Sowohl die allgemeine Verjährungsfrist von 30 Jahren gem. § 195 BGB als auch die Bestimmungen im "Gesetz zum Abschluß der Währungsumstellung" vom 17.12.1975 (BGBl. I S. 3123) wahren die Interessen auch solcher Gläubiger in nicht zu beanstandender Weise.

Die Fristen sind - insbesondere unter Berücksichtigung der Unterbrechung und Hemmung der Verjährung während der Dauer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft - so lang bemessen, dass auch die von nationalsozialistischem Unrecht Betroffenen eine faire Chance haben, ihre Ansprüche noch rechtzeitig vor Eintritt der Verjährung geltend zu machen. Dies gilt auch für den hier entschiedenen Einzelfall. Das Verfahren war daher nicht auszusetzen und dem BVerfG zur Entscheidung vorzulegen.

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OLG Hamm PM vom 7.5.2025