29.09.2011

Verbot des Angebots privater Sportwetten und anderer Glücksspiele im Internet wirksam

Das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet nach § 4 Abs. 4 des Glücksspielstaatsvertrags vom 1.1.2008 (GlüStV) ist wirksam. Es verstößt insbesondere nicht gegen das Recht der EU.

BGH 28.9.2011, I ZR 92/09 u.a.
Der Sachverhalt:
In den fünf Fällen, in denen jetzt Urteile verkündet wurden, präsentierten und bewarben in- und ausländische Wettunternehmen auch nach dem 1.1.2008, also nach dem Inkrafttreten des Glückspielstaatsvertrags, ihr Wettangebot im Internet unter ihren jeweiligen Domainnamen. Deutsche Spieler konnten dieses Angebot nutzen. Die Wettunternehmen wurden von verschiedenen staatlichen Lottogesellschaften auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen.

Die Klagen waren vor den Instanzgerichten überwiegend erfolgreich; nur das LG Wiesbaden und das LG München I sowie das OLG München wiesen sie ab. Der BGH, der erstmals über die Rechtslage nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags zu entscheiden hatte, erachtete die Klagen der Lottogesellschaften in den Revisionsverfahren für begründet.

Die Gründe:
Soweit den Beklagten von Behörden der DDR im Jahr 1990 vor der Wiedervereinigung Genehmigungen zum Veranstalten oder Vermitteln von Glücksspielen erteilt worden sind, folgt daraus keine Berechtigung, diese Tätigkeit entgegen § 4 Abs. 4 GlüStV nach dem 1.1.2008 im Internet auszuüben. Nach der Rechtsprechung des EuGH können sich die Beklagten auch nicht auf eine durch einen anderen Mitgliedstaat - etwa Gibraltar oder Malta - erteilte Erlaubnis berufen, um in Deutschland Glücksspiele im Internet anzubieten.

Das Verbot von Glücksspielen im Internet gem. § 4 Abs. 4 GlüStV stellt zwar eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs in der EU dar. Die mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziele wie Suchtbekämpfung, Jugendschutz und Betrugsvorbeugung können aber Beschränkungen der Spieltätigkeit rechtfertigen. Wegen der größeren Gefahren des Internets, insbes. Anonymität, fehlende soziale Kontrolle und jederzeitige Verfügbarkeit, darf dieser Vertriebsweg stärker als herkömmliche Absatzwege eingeschränkt werden.

Das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV erfüllt auch die vom EuGH entwickelte Anforderung der Kohärenz. Danach müssen Maßnahmen, mit denen ein Mitgliedstaat die Spieltätigkeit beschränkt, dazu beitragen, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen. Da es sich bei § 4 Abs. 4 GlüStV um eine eigenständige Regelung handelt, kommt es insoweit nicht darauf an, ob der Glücksspielstaatsvertrag insgesamt das Kohärenzkriterium erfüllt. Es ist deshalb hier unerheblich, welche Regeln in Deutschland für Automatenspiele oder herkömmliche Spielbanken gelten, die eine persönliche Anwesenheit der Spieler voraussetzen.

Das Angebot von Pferdewetten im Internet ist verboten. Allerdings wird es bislang von den Bundesländern geduldet. Das führt aber im Hinblick auf die vergleichsweise geringe Bedeutung der Pferdewetten nicht zur Ungeeignetheit des Internetverbots zur Gefahrenabwehr. § 5 Abs. 3 GlüStV, der die Werbung für öffentliches Glücksspiel u.a. im Internet verbietet, ist ebenfalls als wirksam anzusehen.

Hintergrund:
Die Beurteilung des BGH deckt sich mit der des BVerwG, das am 1.6.2011 ebenfalls eine Entscheidung über die Zulässigkeit privater Sportwetten verkündet hat (Az. 8 C 5.10).

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 150 vom 28.9.2011
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