18.03.2024

Verkehrsübliche Sorgfaltspflicht bei Umgang mit urheberrechtlich geschützten Werken

Es entspricht der verkehrsüblichen Sorgfaltspflicht bei Umgang mit urheberrechtlich geschützten Werken, dass man die Berechtigung zur Nutzung eines Werks prüft und sich darüber Gewissheit verschafft. Für die unterlassene Urheberbenennung rechtfertigt sich schließlich ein 100 %iger Zuschlag auf das üblicherweise zu zahlende Honorar.

LG Hamburg v. 15.2.2024 - 310 O 221/23
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Berufsfotograf. Die Beklagte bietet Leistungen im Bereich Messebau, Pressevorstellungen, Events und Grafiken an. Ihre Leistungen und Produkte bewirbt die Beklagte über ihre Website. Im Jahr 2019 hatte sie für die S-GmbH einen Messestand auf der internationalen Möbelmesse 2019 erstellt. Der Kläger fertigte im Auftrag der S-GmbH Fotografien vom Messestand an. Ausweislich der Rechnung hatte der Kläger der S-GmbH nur "Basis-Bildnutzungsrechte" - d.h. einfache, nicht-exklusive Nutzungsrechte an dem Bildmaterial zur Nutzung im eigenen Unternehmen - sowie "erweiterte Bildnutzungsrechte für Presse & PR" - d.h. Bildnutzungsrechte zur Weitergabe an Presse- und PR-Publikationen - eingeräumt.

Die Beklagte verwendete mindestens seit dem 16.10.2019 fünf der vom Kläger vom Messestand gefertigten Fotoaufnahmen in ihrem Internetauftritt zu werblichen Zwecken. Eine Nennung des Klägers als Urheber der Fotografien erfolgte dabei nicht. Mitte 2022 stellte der Kläger diese Nutzung fest. Nachdem er der Beklagten zunächst vergeblich eine Nachlizenzierung der Bilder angeboten hatte, ließ er sie mit anwaltlichem Schreiben vom 18.10.2022 abmahnen, wobei er zugleich ein fiktives Lizenzhonorar von insgesamt 9.150 € und Erstattung von Dokumentationskosten von 110 € netto sowie von Abmahnkosten i.H.v. 2.474 € brutto verlangte.

Daraufhin gab die Beklagte zwar eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, die der Kläger auch annahm. Eine Zahlung leistete sie allerdings nicht. Die Beklagte bestritt vielmehr eine unberechtigte Nutzung. Nach den auf der Rückseite der Rechnung abgedruckten AGB habe der Kläger der S-GmbH das Recht zur Weitergabe der Aufnahmen (auch) an Projektpartner eingeräumt. Der Umstand, dass eine solche erweiterte Nutzung in der Rechnung selbst nicht explizit genannt worden war, führte nicht dazu, dass dieses (im Rahmen der AGB eingeräumte) Nutzungsrecht ausgeschlossen sei.

Das LG gab der Klage vollumfänglich statt.

Die Gründe:
Dem Kläger stehen gegen die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung eines fiktiven Lizenzhonorars sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten zu.

Die Beklagte hat die fünf Fotos durch Einstellung auf ihrer Internetseite ohne die erforderliche Zustimmung des Klägers als deren Urheber i.S.d. § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht und i.S.d. § 16 UrhG vervielfältigt. Eine Zustimmung zu einer solchen Nutzung durch die Beklagte hatte der Kläger insbesondere nicht im Rahmen der Nutzungseinräumung gegenüber der S-GmbH erklärt. Der Umfang der eingeräumten Nutzungsrechte ergab sich bei verständiger Würdigung allein aus den auf der Vorderseite der hierüber erstellten Rechnung aufgeführten Positionen, während die Ausführungen auf der Rückseite lediglich die vom Kläger grundsätzlich angebotenen Nutzungspakete näher definierten, ohne diese unabhängig vom konkret vereinbarten Leistungsumfang dem jeweiligen Kunden einzuräumen. Damit beschränkten sich die von der S-GmbH erworbenen Nutzungsrechte auf die "Basis-Bildnutzungsrechte". Bei der Beklagten handelt es sich jedoch unstreitig nicht um ein Presse- oder PR-Unternehmen. Allein der Umstand, dass sie die Bilder zu eigenen PR-Zwecken genutzt hat, genügte dafür nicht.

Die Beklagte schuldet dem Kläger ein fiktives Lizenzhonorar i.H.v. 9.150 € nebst Zinsen sowie Erstattung der für die ausgesprochene vorgerichtliche Abmahnung sowie die Dokumentation des Verstoßes angefallenen Kosten. Der Anspruch auf Zahlung eines fiktiven Lizenzhonorars in der geltend gemachten Höhe ergab sich aus § 97 Abs. 2 UrhG und § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB i.V.m. § 102a UrhG. Der Anspruch auf Zahlung eines fiktiven Lizenzhonorars bei unberechtigter Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Werks ergab sich verschuldensunabhängig bereits unter dem Gesichtspunkt der Eingriffskondiktion, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB i.V.m. § 102a UrhG. Darüber hinaus war der Beklagten aber auch ein Verschuldensvorwurf i.S.d. § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG zu machen.

Es entspricht der verkehrsüblichen Sorgfaltspflicht bei Umgang mit urheberrechtlich geschützten Werken, dass man die Berechtigung zur Nutzung eines Werks prüft und sich darüber Gewissheit verschafft. Dass die Beklagte ihre Berechtigung zur Nutzung der streitgegenständlichen Fotografien in diesem Sinne geprüft habe, hatte sie selber bereits nicht vorgetragen. Sie berief sich vielmehr allein darauf, dass sie seitens der S-GmbH im Rahmen der Weitergabe der Bilder nicht explizit auf die Urheberschaft des Klägers hingewiesen worden sei. Dies genügte zur Wahrung der insoweit anzuwendenden Sorgfaltsanforderungen ersichtlich nicht. Für die unterlassene Urheberbenennung rechtfertigte sich schließlich ein 100 %iger Zuschlag auf das üblicherweise zu zahlende Honorar.

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