05.03.2013

Zu den Anforderungen an die Schriftform beim Mieterwechsel

Werden wesentliche vertragliche Vereinbarungen nicht im Mietvertrag selbst schriftlich niedergelegt, sondern in Anlagen ausgelagert, müssen die Parteien zur Wahrung der Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit dieser Schriftstücke in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich machen. Der Mieterwechsel muss zur Wahrung der Schriftform dergestalt beurkundet sein, dass sich die vertragliche Stellung des neuen Mieters im Zusammenhang mit dem zwischen dem vorherigen Mieter und dem Vermieter geschlossenen Mietvertrag ergibt.

BGH 30.1.2013, XII ZR 38/12
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte im Mai 1996 der N-GmbH ein Gewerbeobjekt zum Betrieb eines Logistikunternehmens zur festen Mietdauer von 15 Jahren vermietet. Im August 1998 wurde die Umfirmierung der N-GmbH in J-GmbH im Handelsregister eingetragen. Diese schloss im April 2001 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen "Kauf- und Übertragungsvertrag über einen Geschäftsbetriebsteil". In Ziffer 3.1 vereinbarten die Vertragsparteien, dass die Käuferin an Stelle der Verkäuferin mit schuldbefreiender Wirkung für die Verkäuferin in sämtliche Rechte und Pflichten (auch Dauerschuldverhältnisse) der in der beigefügten Anlage 3.1 genannten Verträge eintritt.

In der Anlage 3.1 befand sich eine mit der Bezeichnung "Raummieten 2000" überschriebene tabellarische Aufstellung von Mietobjekten, eingeteilt in Standorte, Bezeichnung der Vermieter und Angabe der zu zahlenden Mieten. In den Jahren 2001 und 2002 wurde die Miete von der J-GmbH, danach von der Beklagten an die Klägerin bezahlt. Die Beklagte kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 30.3.2011 zum 30.9.2011. Die Klägerin war hingegen der Ansicht, dass zwischen den Parteien ein befristetes Mietverhältnis bis zum 31.5.2016 bestehe, das bis dahin nicht ordentlich kündbar sei.

Die Feststellungsklage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Die Gründe:
Zwar war die vereinbarte Vertragsübernahme wirksam und die Beklagte anstelle der Vormieterin in den Mietvertrag eingetreten. Wird ein Mieterwechsel - wie hier - in Form einer Vereinbarung zwischen dem Vormieter und dem neuen Mieter vorgenommen, bedarf es der Genehmigung durch den Vermieter, die auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen kann. Der Mietvertrag wahrte jedoch nach der Vertragsübernahme durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht mehr die für die Wirksamkeit der vereinbarten Laufzeit von mehr als einem Jahr erforderliche schriftliche Form. Er galt somit gem. §§ 550 S. 1, 578 Abs. 1 BGB als auf unbestimmte Zeit geschlossen und konnte von der Beklagten ordentlich gekündigt werden.

Nach ständiger BGH-Rechtsprechung ist die Schriftform des § 550 BGB nur gewahrt, wenn sich die für den Abschluss des Vertrages notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen insbesondere den Mietgegenstand, den Mietzins sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergibt. Werden wesentliche vertragliche Vereinbarungen nicht im Mietvertrag selbst schriftlich niedergelegt, sondern in Anlagen ausgelagert, müssen die Parteien zur Wahrung der Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit dieser Schriftstücke in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich machen. Der Mieterwechsel muss zur Wahrung der Schriftform dergestalt beurkundet sein, dass sich die vertragliche Stellung des neuen Mieters im Zusammenhang mit dem zwischen dem vorherigen Mieter und dem Vermieter geschlossenen Mietvertrag ergibt.

Diesen Anforderungen genügten die hier vorliegenden, über den Mieterwechsel erstellten Urkunden, nämlich der ursprüngliche Mietvertrag aus Mai 1996, der Kauf- und Übertragungsvertrag über einen Geschäftsbetriebsteil aus April 2001 sowie dessen Anlage 3.1, die nur in ihrer Gesamtheit die Voraussetzungen eines formwirksamen Mietvertrags erfüllen können, nicht. Insbesondere fehlte es an einem hinreichend deutlichen Bezug in dem Vertrag aus April 2001 auf den ursprünglichen Mietvertrag. Es fehlte an konkreten Angaben zum Mietobjekt, den ursprünglichen Mietvertragsparteien und zum Datum des Vertrags. Insofern fehlte es an dem für die Wahrung der Schriftform erforderlichen lückenlosen Zusammenhang aller Schriftstücke, aus denen sich die wesentlichen vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ergeben.

Der Beklagten war auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt, sich auf den Mangel der Schriftform zu berufen. Denn jede Partei darf sich grundsätzlich auch nach jahrelanger Durchführung des Mietvertrages darauf berufen, dass die für den langfristigen Mietvertrag vorgesehene Form nicht eingehalten ist. Aus dem Umstand, dass die Parteien ihren Pflichten aus dem Mietvertrag über einen längeren Zeitraum bis zu der ordentlichen Kündigung durch eine Partei nachgekommen sind, lässt sich nicht herleiten, sie hätten darauf vertrauen können, der Vertragspartner werde nicht von der besonderen Kündigungsmöglichkeit Gebrauch machen, die das Gesetz vorsieht, wenn die Schriftform nicht eingehalten ist.

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