03.01.2022

Zu den Prüfungspflichten eines Anlageberaters

Trägt ein Anlageberater vor, dass die Kundin durch frühere Beratung mit Sohn und Ehemann über die Kapitalanlage aufgeklärt worden sei, muss er davon ausgehen, dass die Kundin die Beteiligung auf der Grundlage der behaupteten früheren Beratung gezeichnet hat. Er müsste deshalb überprüfen, ob der Inhalt ihrer früheren Beratung weiter gelten soll. Dazu gehört, zu prüfen, ob es neue relevante Informationen über die mit der Kapitalanlage verbundenen Risiken gibt.

LG Hamburg v. 8.11.2021 - 322 O 96/21
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte unter Mitwirkung der Beklagten im November 2016 bei der P. G. V.- und V.-GmbH Kauf- und Verwaltungsverträge über Container gezeichnet. Die Gesellschaft wurde daraufhin insolvent. Die Klägerin behauptete, die Beklagte habe sie nicht ordnungsgemäß über die Risiken der Kapitalanlage aufgeklärt. Die Beklagte sei deswegen verpflichtet, ihr den insoweit entstandenen Schaden zu ersetzen.

Nachdem sie die Klage in der Hauptsache i.H.v. rund 4.490 € für erledigt erklärt hatte, beantragte die Klägerin u.a. die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 49.187 € Zug um Zug gegen Abtretung der verbleibenden Rechte aus dem Vergleich mit dem Insolvenzverwalter sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von allen wirtschaftlichen und steuerlichen Nachteilen, insbesondere einer Rückzahlung der erhaltenen Mieten freizustellen. Die Beklagte machte geltend, die Klägerin sei durch frühere Beratungen über die Kapitalanlage aufgeklärt worden. Ein Wunsch nach einer erneuten Beratung habe es vor Abschluss der vorliegenden Geschäfte nicht gegeben.

Das LG gab der Klage statt.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung der vertraglichen Auskunftspflicht.

Zwischen der Beklagten und der Klägerin ist ein konkludenter Auskunftsvertrag zustande gekommen. Das gilt sowohl, wenn man von dem Vortrag der Klägerin ausgeht, wonach zu den vorliegenden Geschäften eine Beratung stattgefunden hat, als auch wenn man mit dem Beklagtenvortrag davon ausgeht, dass die Klägerin vor der hier streitgegenständlichen Kapitalanlage nicht den Wunsch nach einer Beratung geäußert hat und dementsprechend auch keine stattgefunden hat.

Die Beklagte trägt selbst vor, dass die Klägerin durch frühere Beratung mit Sohn und Ehemann über die Kapitalanlage aufgeklärt worden sei. Die Beklagte musste daher davon ausgehen, dass die Klägerin die Beteiligung auf der Grundlage der behaupteten früheren Beratung zeichnete. Die Beklagte hätte deshalb überprüfen müssen, ob der Inhalt ihrer früheren Beratung weiter gelten würde. Dazu hätte gehört, zu prüfen, ob es neue relevante Informationen über die mit der Kapitalanlage verbundenen Risiken gab. Insbesondere hätte die Beklagte sich über die eingeschränkten Bestätigungsvermerke in den Jahresabschlüssen der P. G. V.- und V.-GmbH informieren und die entsprechenden Informationen an die Klägerin weitergeben müssen.

Nach der Vermutung des aufklärungspflichtigen Verhaltens ist davon auszugehen, dass die Klägerin die Kapitalanlage bei ordnungsgemäßer Information nicht gezeichnet hätte.

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