31.03.2015

Zu den Voraussetzungen für ein Ersuchen an die BaFin um Auskunft über Kontostammdaten des Beschuldigten

Nach dem Wortlaut des § 24c Abs. 3 S. 1 Nr. 2 KWG erteilt die BaFin die Auskunft an die Strafverfolgungsbehörden, soweit dies für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist. Nach der Ermittlungsgeneralklausel der § 161 Abs. 1, § 160 StPO kann grundsätzlich jede Straftat Anlass eines Auskunftsersuchens sein; erforderlich, aber im Allgemeinen auch ausreichend ist ein Anfangsverdacht.

OLG Stuttgart 13.2.2015, 4 Ws 19/15
Der Sachverhalt:
Das AG verhängte gegen die Verurteilten im ersten Rechtszug jeweils eine Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 30 € wegen Hausfriedensbruchs. Das AG stellte bei beiden Verurteilten fest, dass sie Angestellte seien. Über ihre Einkommensverhältnisse trifft das Urteil keine Feststellungen. Die Verurteilten legten gegen dieses Urteil Berufung ein.

Zur Vorbereitung der Berufungshauptverhandlung ersuchte der Vorsitzende der mit dem Berufungsverfahren befassten Strafkammer die BaFin um Auskunft über die Kontostammdaten der Verurteilten (§ 24c Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 2 KWG). Auf Grundlage der übermittelten Kontostammdaten holte er bei den kontoführenden Kreditinstituten Kopien der Kontoeröffnungsunterlagen und Kontoauszüge für das Jahr 2014 ein. Die von den Kreditinstituten erteilten Auskünfte wurden zur Akte genommen. Das LG verwarf die Berufungen der Verurteilten als unbegründet. Die Verurteilten nahmen ihre Revisionen gegen das Urteil zwischenzeitlich zurück.

Die Verurteilten widersprachen in der Berufungshauptverhandlung der Verwertung der eingeholten Auskünfte und beantragten weiter, die Auskünfte über ihre Bankkonten und Kontobewegungen aus der Gerichtsakte zu entfernen und entweder den jeweils betroffenen Verurteilten auszuhändigen oder zu vernichten. Diese Anträge lehnte das LG ab.

Die hiergegen gerichteten Beschwerden der Verurteilten hatten vor dem OLG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Den Verurteilten steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Entfernung der erhobenen Kontodaten aus der Akte zu.

Ein Anspruch auf Entfernung der Auskünfte besteht bereits deshalb nicht, weil die Daten rechtmäßig erhoben sind. Entgegen der Ansicht der Verurteilten bestand schon kein Beweiserhebungsverbot. Hier war der Vorsitzende nach § 152 Abs. 2, § 160 Abs. 1, 2, 3 S. 1, § 161 Abs. 1, § 244 Abs. 2 StPO, § 24c Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 2 KWG befugt, zur Vorbereitung der Berufungshauptverhandlung die BaFin um Auskunft über die Kontostammdaten zu ersuchen und auf dieser Grundlage bei den jeweiligen Kreditinstituten Auskünfte über die Kontobewegungen einzuholen. Auch beim Verdacht geringfügiger Straften können die Strafverfolgungsbehörden zur Aufklärung der Vermögensverhältnisse, soweit sie für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind, eine Auskunft über Kontostammdaten einholen.

Nach dem Wortlaut des § 24c Abs. 3 S. 1 Nr. 2 KWG erteilt die BaFin die Auskunft an die Strafverfolgungsbehörden, soweit dies für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist. Die Bezugnahme auf die gesetzlichen Aufgaben weist darauf hin, dass sich Anlass und Gegenstand der Abfrage aus dem für die jeweilige Behörde geltenden Verfahrensrecht ergeben muss. Einschlägig ist hier die Ermittlungsgeneralklausel der § 161 Abs. 1, § 160 StPO. Danach kann grundsätzlich jede Straftat Anlass eines Auskunftsersuchens sein. Erforderlich, aber im Allgemeinen auch ausreichend ist ein Anfangsverdacht. Da die Maßnahme in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreift, unterliegt sie allerdings dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Das Auskunftsersuchen an die BaFin und die kontoführenden Kreditinstitute war hier verhältnismäßig. Im Zeitpunkt der Vorbereitung der Berufungshauptverhandlung konnte der Vorsitzende nicht wissen, ob die Verurteilten in Bezug auf ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse von ihrem Schweigerecht (vgl. § 243 Abs. 5 S. 1 StPO) Gebrauch machen werden. Auch unter Berücksichtigung der Grenzen, die sich für die Bemessung der Höhe des Tagessatzes aus dem Verschlechterungsverbot (§ 331 Abs. 1 StPO) ergeben, lag die Annahme der Notwendigkeit einer Beweiserhebung über die Einkünfte und Ausgaben der Verurteilten nicht erkennbar fern. Wie im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt, waren die Auskunftsersuchen auch unter Berücksichtigung des durch die Erhebung der personenbezogenen Daten begründeten Eingriffs in das Recht der Verurteilten auf informationelle Selbstbestimmung nicht unverhältnismäßig.

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