29.03.2011

Zu Schadensersatzansprüchen einer Bank gegen ehemalige Vorstandsmitglieder wegen angeblicher Pflichtverstöße durch Zinsgeschäfte

Eine Bank hat nicht alleine deshalb Schadensersatzansprüche gegen ehemalige Vorstandsmitglieder, weil durch einzelne - von diesen beschlossene - derivative Zinsgeschäfte zum Teil negative Ergebnisse erzielt wurden. Bei der Feststellung eines Schadens kann nicht isoliert auf einzelne Geschäfte abgestellt werden; erst wenn sich bei einer Saldierung aller Geschäfte eines Paketes ein negatives Ergebnis ergeben hätte und nach Berücksichtigung evtl. abgeschlossener Sicherungsgeschäfte wäre ein Schaden möglich.

OLG Frankfurt a.M. 22.3.2011, 5 U 29/06
Der Sachverhalt:
Die Beklagten waren Mitglieder des Vorstands der Klägerin, der Corealcredit Bank AG, nachdem diese durch die Fusion zweier Vorgängerinstitute Anfang 2001 entstanden war. In den Jahren 2001/2002 entschieden die Beklagten, dass für die Klägerin - neben deren originären Hypothekenbankgeschäft - auch derivative Zinsgeschäfte vorgenommen werden sollten, u.a. Zinsswap-Geschäfte und Forward Rate Agreements. Diese Geschäfte überstiegen nach Bezugsbeträgen das Volumen des Bilanzgeschäfts erheblich, ohne dass für drohende Verluste Rückstellungen gebildet worden waren.

Die Dienstverträge der Beklagten wurden in den Jahren 2002 bis 2003 einvernehmlich aufgehoben. Die Klägerin sieht in dem Handeln ihrer ehemaligen Vorstandsmitglieder eindeutige Pflichtverstöße, da die von ihnen abgeschlossenen Derivategeschäfte unzulässig gewesen seien. Mit ihrer Klage verlangt sie von den Beklagten Schadensersatz i.H.v. über 250 Mio. € wegen des negativen Ergebnisses von 52 vorzeitig aufgelösten Derivategeschäften sowie die Feststellung, dass die Beklagten zudem für 147 weitere, noch nicht beendete Geschäfte schadensersatzpflichtig seien.

Das LG wies die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Der Klägerin steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Schadensersatzanspruch zu.

Die Klägerin konnte keinen Schaden darlegen, der durch die Entscheidungen der Beklagten verursacht worden wäre. Der Abschluss eines Derivategeschäfts selbst kann noch nicht als Vermögensminderung zum Nachteil der Klägerin begriffen werden. Derivategeschäfte sind - jedenfalls als Hilfsgeschäfte - auch nicht grundsätzlich verboten. Zu einem Schaden durch diese Geschäfte kann es nur dann gekommen sein, wenn sich die Vermögenslage der Klägerin im Vergleich zur hypothetischen Situation ohne Abschluss dieser Geschäfte besser dargestellt hätte.

Bei diesem Vergleich kann nicht isoliert auf das negative Ergebnis eines einzelnen Geschäfts abgestellt werden. Es ist zu berücksichtigen, dass die Beklagten nicht über den Abschluss von Einzelgeschäften, sondern ganzer Pakete entschieden haben, von denen einzelne auch Vermögensvorteile einbrachten. Die Klägerin hätte deshalb für jeden einzelnen Beschluss der Vorstände - nicht nur zu den Geschäften mit negativem Ergebnis - vortragen müssen, zu welchem Ergebnis er geführt hat. Erst wenn sich bei einer Saldierung aller Geschäfte eines Paketes ein negatives Ergebnis ergeben hätte, wäre ein Schaden möglich.

Selbst dann aber wäre ein Schaden noch nicht gegeben. Es muss nämlich berücksichtigt werden, dass die Klägerin für das sich aus mehreren Einzelgeschäften ergebende Gesamtrisiko Sicherungsgeschäfte abgeschlossen hat (sog. "Makro-Hedging"). Ein Schaden durch die beanstandeten Anlageentscheidungen der Beklagten könnte deshalb nur dann vorliegen, wenn sich die Gesamtvermögensposition der Klägerin bei Berücksichtigung aller Geschäfte verschlechtert hätte. Dies hat die Klägerin indes nicht dargelegt.

OLG Frankfurt a.M. PM vom 22.3.2011
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