19.07.2016

Zum urheberrechtlichen Schutz topographischer Landkarten als Datenbank (TK 50 II)

Geografischen Daten, die von einem Dritten aus einer topografischen Landkarte herausgelöst werden, um eine andere Landkarte herzustellen und zu vermarkten, stellen unabhängige Elemente einer Datenbank i.S.v. § 87a Abs. 1 S. 1 UrhG dar, da sie den Kunden des die Daten verwertenden Unternehmers nach ihrer Herauslösung sachdienliche Informationen liefern. Auf die Zweckbestimmung von topografischen Landkarten sowie ihren vom typischen Nutzer zu erwartenden Gebrauch kommt es für die Beurteilung der Unabhängigkeit der Elemente hingegen nicht an.

BGH 10.3.2016, I ZR 138/13
Der Sachverhalt:
Der klagende Freistaat Bayern gibt durch das Landesamt für Vermessung und Geoinformation topografische flächendeckende Landkarten für das gesamte Bundesland Bayern im Maßstab 1:50.000 (sog. TK 50) heraus. Diese Karten werden nach (bundesweit) einheitlichen Abbildungsvorschriften (einem sog. Musterblatt) und einem einheitlichen geodätischen Bezugssystem erstellt.

Der beklagte Verlag veröffentlicht u.a. Atlanten, Tourenbücher sowie Karten für Radfahrer, Mountainbiker und Inline-Skater. Der Kläger behauptete, der Beklagte habe zur Erstellung seines Kartenmaterials seine TK 50 Karten genutzt und die maßgeblichen Daten übernommen. Das LG gab der u.a. auf Unterlassung der Vervielfältigung sowie auf Schadensersatz gerichteten Klage stattgegeben. Die Verurteilung zur Unterlassung ist in Rechtskraft erwachsen, nachdem der Beklagte sich hiergegen nicht mit der Berufung gewandt hatte. Das OLG hat die Klage im Berufungsverfahren abgewiesen, soweit der Beklagte zur Auskunftserteilung, Rechnungslegung sowie Schadensersatzpflicht verpflichtet worden war.

Auf die Revision des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 18.9.2014 (TK 50 I) dem EuGH die Frage zur Auslegung des Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 96/9/EG über den rechtlichen Schutz von Datenbanken zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der EuGH hat hierüber durch Urteil vom 29.10.2015 (C-490/14) entschieden, dass Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 96/9/EG dahin auszulegen ist, dass geografischen Daten, die von einem Dritten aus einer topografischen Landkarte herausgelöst werden, um eine andere Landkarte herzustellen und zu vermarkten, nach ihrer Herauslösung ein hinreichender Informationswert bleibt, um als "unabhängige Elemente" einer "Datenbank" i.S.d. Bestimmung angesehen werden zu können.

Infolgedessen hat der BGH das Berufungsurteil aufgeheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen.

Die Gründe:
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die auf den Schutz von Datenbanken nach §§ 87a ff. UrhG gestützten Ansprüche auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie auf Schadensersatz nicht verneint werden.

Für die Beurteilung des Streitfalls kommt es auf die Frage an, ob die übrigen Voraussetzungen einer Datenbank i.S.v. § 87a Abs. 1 S. 1 UrhG gegeben sind. Die Vorschrift setzt Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 96/9/EG um und greift die Schutzvoraussetzungen nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie auf. § 87a Abs. 1 S. 1 UrhG ist deshalb richtlinienkonform auszulegen. Insofern war die Annahme des OLG falsch, bei den Geodaten und den Angaben zu den topografischen Eigenschaften der Landschaft handele es sich nicht um unabhängige Elemente i.S.v. § 87a Abs. 1 S. 1 UrhG u. Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 96/9/EG.

Eine Sammlung von unabhängigen Elementen liegt vor, wenn die Elemente sich trennen lassen, ohne dass der Wert ihres informativen, literarischen, künstlerischen, musikalischen oder sonstigen Inhalts dadurch beeinträchtigt wird. Infolgedessen handelt es sich bei topografischen Landkarten um Datenbanken i.S.v. § 87a Abs. 1 S. 1 UrhG. Wie der EuGH auf den Vorlagebeschluss entschieden hat, stellen geografische Daten, die von einem Dritten aus einer topografischen Landkarte herausgelöst werden, um eine andere Landkarte herzustellen und zu vermarkten, unabhängige Elemente einer Datenbank i.S.v. Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 96/9/EG dar, da sie den Kun-den des die Daten verwertenden Unternehmers nach ihrer Herauslösung sachdienliche Informationen liefern. Auf die Zweckbestimmung von topografischen Landkarten sowie ihren vom typischen Nutzer zu erwartenden Gebrauch kommt es für die Beurteilung der Unabhängigkeit der Elemente hingegen nicht an.

Linkhinweise:

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