04.06.2013

Zur Bemessung des mängel- oder beschädigungsbedingten Minderwertausgleichs beim Leasingvertrag

Bei einem Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung sind für die Bemessung des mängel- oder beschädigungsbedingten Minderwertausgleichs weder der vom Leasinggeber vorab intern kalkulierte Restwert noch der nach Vertragsablauf erzielte Verwertungserlös von Bedeutung. Soweit sich aus dem Senatsurteil vom 22.1.1986 (Az.: VIII ZR 318/84) etwas anderes ergeben sollte, hält der Senat hieran nicht fest.

BGH 24.4.2013, VIII ZR 265/12
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Leasinggesellschaft. Sie hatte im August 2007 mit der Beklagten einen Leasingvertrag über einen Audi Q7 mit Kilometerabrechnung und einer Laufzeit von 36 Monaten abgeschlossen. Dem Vertrag lagen die Leasingbedingungen der Klägerin für Geschäftsfahrzeuge in der Fassung von Dezember 2005 (AGB-LV) zugrunde. Darin war u.a. hinsichtlich der Rückgabe des Fahrzeugs nach Ablauf der vereinbarten Leasing-Zeit geregelt, dass der Leasing-Nehmer zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, wenn das Fahrzeug nicht frei von Schäden ist.

Die Beklagte gab das Fahrzeug nach Ablauf der regulären Vertragslaufzeit im November 2010 zurück. Ein Übergabeprotokoll wurde nicht erstellt. Im März 2011 ließ die Klägerin das Fahrzeug durch einen Sachverständigen begutachten. Im Anschluss verkaufte sie das Fahrzeug wie branchenüblich zum kalkulierten Restwert an einen Vertragshändler. Später nahm die Klägerin die Beklagte wegen behaupteter Mängel und Schäden an dem Fahrzeug auf Ausgleich des Minderwerts nebst Zinsen in Anspruch, den sie unter Bezugnahme auf das Gutachten mit 4.600 € netto bezifferte.

AG und LG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH die Berufungsentscheidung auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.

Gründe:
Das LG hat den geltend gemachten Minderwertausgleich zu Unrecht daran scheitern lassen, dass die Klägerin den kalkulierten Restwert des Fahrzeugs bei der anschließenden Veräußerung habe realisieren können und sie daher in vermögensrechtlicher Sicht genauso gestellt sei wie bei einer Rückgabe des Leasingfahrzeugs in vertragsgemäßem Zustand. Das Berufungsgericht hatte den Inhalt des Minderwertausgleichs und die Eigenart eines Kraftfahrzeugleasingvertrags mit Kilometerabrechnung nicht hinreichend erfasst.

Zwar zielt ein solches Geschäftsmodell insgesamt darauf ab, dass der Leasinggeber bei planmäßigem Vertragsablauf die volle Amortisation des zum Erwerb des Fahrzeugs eingesetzten Kapitals einschließlich des kalkulierten Gewinns erlangt. Der Anspruch des Leasinggebers auf Amortisation seines Anschaffungs- und Finanzierungsaufwands wird im Wege der "Mischkalkulation" durch die vom Leasingnehmer geschuldeten Zahlungen und durch die Verwertung des Leasingfahrzeugs erreicht, für dessen ordnungsgemäßen Zustand der Leasingnehmer einzustehen hat. Bei einer solchen Vertragsgestaltung finden jedoch typischerweise kein Ausgleich und keine Abrechnung des vom Leasinggeber intern kalkulierten Restwerts statt.

Die mit einem Kfz-Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung bezweckte Vollamortisation des Aufwands des Leasinggebers baut folglich nicht auf einer Restwertabrechnung auf. Das Verwertungsrisiko und die Verwertungschance liegen vielmehr allein beim Leasinggeber. Dieser trägt bei Rückgabe des Fahrzeugs in vertragsgemäßem Zustand das Risiko, dass er bei dessen Veräußerung die volle Amortisation des zum Erwerb des Fahrzeugs eingesetzten Kapitals einschließlich des kalkulierten Gewinns erzielt. Andererseits ist er nicht verpflichtet, den Leasingnehmer an einem durch Veräußerung des Fahrzeugs nach Vertragsablauf erzielten Gewinn zu beteiligen. Diese Grundsätze gelten auch für die Bemessung des Minderwertausgleichs bei Rückgabe des Fahrzeugs in vertragswidrigem Zustand.

Ein solcher Anspruch ist auf Zahlung des Betrages gerichtet, um den der Wert des Leasingfahrzeugs bei Vertragsablauf wegen der vorhandenen Schäden oder Mängel hinter dem Wert zurückbleibt, den das Fahrzeug in vertragsgemäßem Zustand hätte. An der oben beschriebenen Verteilung des Verwertungsrisikos und der Verwertungschancen ändert sich nichts. Daher sind für die Bemessung des mängel- oder beschädigungsbedingten Minderwertausgleichs weder der vom Leasinggeber vorab intern kalkulierte Restwert noch der nach Vertragsablauf erzielte Verwertungserlös von Bedeutung. Soweit sich aus dem vom Berufungsgericht herangezogenen Senatsurteil vom 22.1.1986 (Az.: VIII ZR 318/84) etwas anderes ergeben sollte, hält der Senat hieran nicht fest.

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