19.02.2013

Zur Fortsetzung der Anfechtungsklage gegen Aufsichtsratswahlen nach Rücktritt des Aufsichtsrates

Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungsklage gegen die Wahl des Aufsichtsrats einer AG entfällt nicht ohne weiteres bei einem Rücktritt des Aufsichtsrates. Es entfällt in solchen Fällen nur, wenn eine erfolgreiche Wahlanfechtung, die grundsätzlich zur Nichtigkeit der Wahl von Anfang an führt, keine Rechtsfolgen hat, d.h., wenn im Aufsichtsrat keine Beschlüsse gefasst wurden, bei denen es auf die Stimmen der Aufsichtsräte ankam, deren Wahl angefochten ist.

BGH 19.2.2013, II ZR 56/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Aktionär der Beklagten, der IKB Deutsche Industriebank AG. Auf der Hauptversammlung der Beklagten am 28.8.2008 waren sechs Aufsichtsratsmitglieder gewählt worden. Zwischen dem 1.10.2008 und dem 5.2.2009 legten alle Aufsichtsratsmitglieder ihr Amt nacheinander nieder. Der Kläger hat bereits im September 2008 beantragt, die Beschlüsse der Hauptversammlung über die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder für nichtig zu erklären. Das LG wies die Klage ab.

Das OLG wies die anschließende Berufung des Klägers ohne Prüfung der vom Kläger vorgebrachten Anfechtungsgründe zurück. Es war der Ansicht, der Kläger habe das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung der Wahlbeschlüsse mit der Beendigung des Amtes der Aufsichtsräte durch die Amtsniederlegung verloren. Für die Vergangenheit bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis allenfalls dann, wenn die in anfechtbarer Weise gewählten Aufsichtsratsmitglieder in der Zeit bis zur Beendigung des Amtes rechtlich relevante Beschlüsse gefasst hätten, zu denen es ohne ihre Mitwirkung nicht oder jedenfalls nicht mit dem gleichen Inhalt gekommen wäre. Dazu hätte der Kläger zumindest vortragen müssen, welche Beschlüsse in welchen Sitzungen des Aufsichtsrats gefasst worden seien.

Auf die Revision des Klägers hob der BGH die Berufungsentscheidung auf und wies die Sache zur weiteren Aufklärung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Der Kläger hatte sein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage nicht verloren. Dieses entfällt nach dem Rücktritt der Aufsichtsräte nur, wenn eine erfolgreiche Wahlanfechtung, die grundsätzlich zur Nichtigkeit der Wahl von Anfang an führt, keine Rechtsfolgen hat. Das ist allenfalls dann der Fall, wenn im Aufsichtsrat keine Beschlüsse gefasst wurden, bei denen es auf die Stimmen der Aufsichtsräte ankam, deren Wahl angefochten ist. Da der Kläger als Aktionär allerdings keinen Einblick in die Vorgänge im Aufsichtsrat hat, muss die beklagte AG die Sitzungen des Aufsichtsrats und die Stimmverhältnisse bei Abstimmungen darlegen, wenn sie sich auf den Wegfall des Rechtsschutzinteresses für die Wahlanfechtung berufen will.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 31 vom 19.2.2013
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