21.10.2014

Zur Haftung des GbR-Gesellschafters auf Auskunft und Schadensersatz für Wettbewerbsverstöße

Der Gesellschafter einer GbR haftet persönlich auf Auskunft und Schadensersatz für Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft unabhängig davon, ob er an der Verletzungshandlung selbst als Täter oder Teilnehmer beteiligt war oder ob ihm insoweit eine Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht vorzuwerfen ist. Die Auskunft, an wie viele Personen ein Rundschreiben versandt wurde, ist ein milderes Mittel gegenüber der vollständigen Verweigerung der Auskunft.

OLG Frankfurt a.M. 11.9.2014, 6 U 107/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Herstellerin von Nahrungsergänzungsmitteln, u.a. des Vitamin-Präparats "V". Der Vertrieb dieses Präparats erfolgte aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung zwischen der Klägerin, dem A-e.V. sowie den Beklagten bzw. ihres Handelsbetriebes B-GbR. Die Beklagten sind Gesellschafter der B-GbR. Die Zusammenarbeit der Parteien gestaltete sich in der Weise, dass die Klägerin die Nahrungsergänzungsmittel herstellte und die Beklagten diese über B-GbR an die Mitglieder des A-e.V. vertrieben. Die Klägerin gewährte den Beklagten einen Naturalrabatt i.H.v. 5 % sowie Skonto i.H.v. 3,5 %. Weiterhin gewährte sie eine Rückvergütung i.H.v. 5 % auf den Einkaufspreis, wobei diese Vergütung nicht der Beklagten zugutekam, sondern einer Gesellschaft, die hälftig einem der Beklagten und dem Inhaber der Klägerin gehörte.

Im zweiten Halbjahr 2011 strich die Klägerin die Rückvergütung und kündigte gleichzeitig die Streichung des Naturalrabatts sowie eine Senkung des Skontos von 3,5 % auf 2 % an. Die B-GbR wandte sich daraufhin mit einem Rundschreiben, das einer der Gesellschafter unterzeichnet hatte, an Ärzte in der Bundesrepublik. In dem Schreiben kündigte die Firma an, dass der Lieferant eine Preiserhöhung von ca. 12 % für alle "V"-Präparate angekündigt habe. Infolgedessen müsse man die Preiserhöhung leider an die Kunden weitergeben.

Die Klägerin hielt diese Aussagen für wettbewerbswidrig, da sie selbst nie eine Preiserhöhung der Produkte in diesem Umfang angekündigt habe. Sie erwirkte gegen die Beklagten eine einstweilige Verfügung. Erstinstanzlich beantragte sie, die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin vollständig darüber Auskunft zu erteilen, an welche bzw. wie viele Personen das Rundschreiben hinsichtlich der Preiserhöhung versandt worden war und zwar mit der Maßgabe, dass die entsprechenden Auskünfte an einen vereidigten Sachverständigen erteilt werden und sie selbst nicht die Namen und Adressen genannt bekommt. Außerdem beantragte sie, die Beklagten zu verurteilen, die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte an Eides statt zu versichern, sowie die Festsetzung von Schadensersatz.

Das LG verurteilte die Beklagten als Gesamtschuldner, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen. Im Übrigen wies es die Klage ab. Im Berufungsverfahren nahm die Klägerin die Klage im Umfang des Schadensersatzanspruchs zurück. Auf ihre eigene Berufung hin änderte das OLG das erstinstanzliche Urteil und verpflichtete Die Beklagte dazu, der Klägerin Wirtschaftsprüfervorbehalt Auskunft zu erteilen, an wie viele Personen das Rundschreiben versandt worden war.

Die Gründe:
Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Auskunftsanspruch nach §§ 9, 4 Nr. 8, 5 I S. 2 Nr. 2 UWG i.V.m. § 242 BGB.

Das Rundschreiben enthielt die unwahre Angabe, die Klägerin habe eine Preiserhöhung von ca. 12% angekündigt. Tatsächlich strich die Klägerin im 2. Halbjahr 2011 einen Naturalrabatt von 5% und kündigte eine Senkung des Skontos von 3,5% auf 2% an. Dies wirkte sich im Ergebnis wie eine Preissteigerung um 6,5% aus. Keine Preiserhöhung konnte hingegen in der Streichung der Rückvergütung in Höhe von 5 % auf den Einkaufspreis gesehen werden. Denn die Rückvergütung kam nicht unmittelbar der B-GbR zugute. Deshalb wurden ihre Einkaufskosten durch ihre Streichung auch nicht erhöht.

Der Gesellschafter einer GbR haftet persönlich auf Auskunft und Schadensersatz für Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft unabhängig davon, ob er an der Verletzungshandlung selbst als Täter oder Teilnehmer beteiligt war oder ob ihm insoweit eine Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht vorzuwerfen ist. Es fehlte im vorliegenden Fall auch nicht am Verschulden. Denn bei zumutbarer Überwachung hätte der Beklagte, der nicht unterschrieben hatte, von dem Inhalt des Rundschreibens, das im Zusammenhang mit einschneidenden Veränderungen der Lieferantenbeziehung bestand, Kenntnis erlangen können.

Eine Auskunftspflicht, die die Namen der angeschriebenen Kunden der Beklagten umfasst, wäre jedoch unverhältnismäßig. Zu berücksichtigen war, dass der Klägerin durch die unwahre Angabe, die Preiserhöhung betrage 12%, allenfalls ein geringer Schaden entstanden sein konnte. Denn die Beklagten hatten tatsächlich die Preise erhöht, nur nicht in dem behaupteten Umfang. Das Interesse an der Auskunftserteilung war also nicht sehr hoch zu bewerten. Demgegenüber war das Geheimhaltungsinteresse der Beklagten beträchtlich. Die Preisgabe der Kundendaten würde die Beklagten unbillig belasten. Der Anspruch der Klägerin beschränkte sich damit auf die Auskunft, an wie viele Personen das Rundschreiben versandt worden war. Hierbei handelte es sich um ein milderes Mittel gegenüber der vollständigen Verweigerung der Auskunft.

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