10.01.2012

Zur Reisekostenerstattung für einen Rechtsanwalt an einem dritten Ort

Zwar ist ein Unternehmen nicht gehalten, einen Bevollmächtigten am Gerichtsort zu beauftragen. Klagt es allerdings bei einem auswärtigen Gericht oder wird dort verklagt und beauftragt es einen Rechtsanwalt, der weder am Gerichtsort noch am Unternehmenssitz der Partei und auch nicht an dem Ort der unternehmensinternen Bearbeitung der Sache ansässig ist, kann es die Reisekosten des Anwalts regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten vom Unternehmenssitz zum Gerichtsort erstattet verlangen.

BGH 21.12.2011, I ZB 47/09
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine in London ansässige Versicherungsgesellschaft, die über eine Zweigniederlassung in Düsseldorf verfügt. Eine eigene Rechtsabteilung hat die Zweigniederlassung nicht.

Die Klägerin nahm die Beklagte wegen eines Transportschadens vor dem LG Frankfurt a.M. auf Zahlung von 14.300 € in Anspruch. Mit der Prozessvertretung hatte sie in Hamburg ansässige Rechtsanwälte beauftragt. Nach gerichtlichem Vergleich sollte die Klägerin 30 % und die Beklagte 70 % der Kosten des Rechtsstreits tragen. Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens meldete die Klägerin zudem die Kosten eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts für die Wahrnehmung von zwei Terminen vor dem LG i.H.v. 1.269 € zur Kostenausgleichung an.

LG und OLG berücksichtigten die Kosten des unterbevollmächtigten Rechtsanwalts nur bis zur Höhe der Reisekosten für zwei Fahrten von Düsseldorf nach Frankfurt i.H.v. 531 €. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf weiteren Kostenausgleich.

Die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Unterbevollmächtigten richtet sich nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die gegebenenfalls zusätzlich entstehenden Kosten eines Unterbevollmächtigten sind aber nur insoweit erstattungsfähig, als sie die durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten ersparten erstattungsfähigen Reisekosten des Hauptbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen. Maßstab für die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten des Hauptbevollmächtigten ist dabei § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ZPO. Danach ist die Beauftragung des Hauptbevollmächtigten nicht erforderlich, wenn ein am Ort des Prozessgerichts ansässiger Rechtsanwalt als Hauptbevollmächtigter hätte beauftragt werden müssen.

Zwar war die Klägerin nicht gehalten, einen Bevollmächtigten am Gerichtsort zu beauftragen. Sie konnte aber auch nicht die höheren Kosten beanspruchen, die dadurch entstanden waren, dass sie einen Hauptbevollmächtigten an einem vom Unternehmenssitz abweichenden dritten Ort beauftragt hatte. Erstattungsfähig sind die Reisekosten des Hauptbevollmächtigten, der eine Partei vertritt, die bei einem auswärtigen Gericht klagt, und der weder am Gerichtsort noch am Unternehmenssitz der Partei ansässig ist, regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten vom Unternehmenssitz zum Gerichtsort, d.h. im vorliegenden Fall für zwei Fahrten von Düsseldorf nach Frankfurt.

Eine Ausnahme hiervon kommt nur in Betracht, wenn ein Unternehmen einen Prozessbevollmächtigten an dem Ort beauftragt, an dem die vorausgegangene unternehmensinterne Bearbeitung der Sache erfolgt ist. Einen derartigen Ausnahmefall hatte das OLG aber zutreffend verneint. Der BGH sieht dabei für sich allein noch keinen ausreichenden Grund zur Beauftragung des auswärtigen an einem dritten Ort ansässigen Prozessbevollmächtigten, wenn zwischen der Partei und dem Prozessbevollmächtigten eine vertrauensvolle Zusammenarbeit besteht. Damit vergleichbar war der vorliegende Fall, in dem die Klägerin nicht an ihrem Unternehmenssitz in Düsseldorf, sondern in Hamburg ansässige Prozessbevollmächtigte vorprozessual und prozessual mit der Rechtsverfolgung beauftragt hatte.

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