12.07.2013

Zur Verschwendung von Vermögen durch den Schuldner bei unentgeltlicher Übertragung von Kneipenmobiliar

Ein Schuldner verschwendet kein Vermögen, wenn er das Mobiliar einer gepachteten Gaststätte unentgeltlich auf einen Erwerber in der Erwartung überträgt, dass der Verpächter diesem die Gaststätte nur verpachten wird, wenn er die in Höhe des Verkehrswerts des Mobiliars offen stehenden Ansprüche auf Zahlung der Pacht begleicht.

BGH 20.6.2013, IX ZB 11/12
Der Sachverhalt:
Der spätere Schuldner erwarb im Januar 2005 von einem Vorpächter eine Gaststätte u.a. gegen Zahlung von 20.000 €. Etwa einen Monat vor Stellung des Insolvenzantrags überließ er sie seiner damaligen Lebensgefährtin ohne direkte Gegenleistung; diese zahlte an den Verpächter etwa 5.000 € auf rückständige Pachtverbindlichkeiten des Schuldners.

Auf Eigenantrag des Schuldners wurde im Juli 2008 über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt H als Insolvenzverwalter bestellt. Dieser verglich sich im Sommer 2009 mit der Lebensgefährtin des Schuldners dahin, dass diese zur Abwendung einer Anfechtungsklage im Hinblick auf die Überlassung der Gaststätte 5.000 € an die Masse zahlte.

Im Schlusstermin beantragten zwei Insolvenzgläubiger, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen. Zur Begründung beriefen sie sich u.a. darauf, dass dieser die Gaststätte unentgeltlich an seine Lebensgefährtin abgegeben habe.

AG - Insolvenzgericht - und LG untersagten dem Schuldner die Restschuldbefreiung. Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners hob der BGH den Beschluss des LG auf dun verwies die Sache zur erneuten Entscheidung dorthin zurück.

Die Gründe:
Nach § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO ist die Restschuldbefreiung zu versagen, wenn der Schuldner im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch vereitelt hat, dass er Vermögen "verschwendet" hat. Eine Verschwendung kommt u.a. auch bei einer schenkweisen Hergabe von Vermögensgegenständen ohne nachvollziehbaren Anlass in Betracht, wenngleich eine nach § 134 InsO anfechtbare Schenkung für sich genommen nicht ohne weiteres den Versagungsgrund ausfüllt. Der Tatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO kann schließlich gegeben sein, wenn der Schuldner ohne zwingenden wirtschaftlichen Grund Waren erheblich unter dem Einkaufs-, Gestehungs- oder Marktpreis veräußert oder Leistungen weit unter Wert erbringt.

Mit dem vom LG festgestellten Sachverhalt kann eine Vermögensverschwendung durch den Schuldner danach nicht begründet werden. Das LG hat allein auf die Überlassung des Gaststättenmobiliars abgestellt. Weiter hat es für möglich angesehen, dass dessen Verkehrswert im Zeitpunkt der Überlassung nicht mehr als 5.000 € betragen habe. Dann aber hat der Schuldner durch die Übertragung des Mobiliars auf die damalige Lebensgefährtin nichts verschwendet, weil das Mobiliar nicht außerhalb einer sinnvollen und nachvollziehbaren Verhaltensweise übertragen worden ist.

Der Verpächter hatte Ansprüche gegen den Schuldner auf rückständige Pacht i.H.v. etwa 5.000 €, die die damalige Lebensgefährtin und Erwerberin der Gaststätte ausgeglichen hat. Zwar ist nach der Beschwerdeentscheidung davon auszugehen, dass diese die Schulden nicht als Gegenleistung für die Übertragung des Mobiliars übernommen hat. Dem Schuldner war jedoch klar, dass der Verpächter die Erwerberin nur dann als neue Gaststättenpächterin akzeptieren werde, wenn sie die Altschulden übernehme, womit der Verkehrswert des Mobiliars - wenn er die Gaststätte mitsamt dem Mobiliar übertragen wollte - von vornherein mit diesen Verbindlichkeiten belastet war.

Der angefochtene Beschluss konnte daher keinen Bestand haben. Er war aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das LG zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO). Das LG wird dabei zu beachten haben, dass es nach dem Vortrag der Versagungsantragsteller nicht allein um die Übereignung des Gaststättenmobiliars gegangen sei, sondern der Schuldner seiner damaligen Lebensgefährtin den gesamten Gaststättenbetrieb unentgeltlich übergeben haben soll. Das LG wird deswegen zu prüfen haben, welchen objektiven Verkehrswert die gepachtete Gaststätte im Sommer 2008 gehabt hat.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück