21.02.2024

Anspruch auf Auflassung eines Grundstückes gegen einen mit Weitergabeverpflichtung Beschenkten?

Eine Auflage, die den Beschenkten verpflichtet, den geschenkten Gegenstand spätestens mit seinem Ableben unentgeltlich auf einen Dritten zu übertragen, fällt nicht ohne weiteres unter den Tatbestand des § 2302 BGB. Eine Auflage, die den Beschenkten verpflichtet, zugunsten eines Dritten ein Schenkungsversprechen abzugeben, das unter der Bedingung steht, dass der Dritte den Beschenkten überlebt, ist nach § 2302 BGB nichtig.

BGH v. 28.11.2023 - X ZR 11/21
Der Sachverhalt:
Die Parteien sind kraft gewillkürter Erbfolge Mitglieder der Erbengemeinschaft nach ihrem Vater (Erblasser). Die Kläger sind die Kinder aus der ersten Ehe des Erblassers. Die Beklagte zu 1) ist die zweite Ehefrau des Erblassers, wobei die Ehegatten 1995 u.a. Gütertrennung vereinbart hatten. Der Beklagte zu 2) ist der Sohn aus der zweiten Ehe des Erblassers, mithin der Halbbruder der Kläger.

Über das in Streit stehende Grundstück hatte der im März 2019 verstorbene Vater des Erblassers mit diesem im Jahr 1995 eine mit "Hausübergabe" überschriebene notarielle Vereinbarung abgeschlossen. Darin verpflichtete sich der Erblasser für bestimmte Konstellationen zur Rückübereignung des Grundstücks bzw. zur Übereignung an seine leiblichen Kinder. In einer als Nachtrag bezeichneten notariellen Vereinbarung aus Mai 2003 vereinbarten die Parteien des Übergabevertrags ergänzend, dass die beiden Kläger das Grundstück spätestens beim Ableben des Erblassers je zur Hälfte erhalten, falls der Erblasser nicht schon zu Lebzeiten übereigne, was er nach dem Tode seines Vaters jederzeit tun könne.

In einem weiteren notariellen Nachtrag aus Juni 2008 hatte sich der Erblasser dazu verpflichtet, das Grundstück spätestens bei seinem Ableben an die beiden Kläger und den Beklagten zu 2) als Miteigentümer zu je einem Drittel zu übereignen. Bis zum Tod des Erblassers kam es nicht zu dieser Übereignung. Eigentümer desselben sind derzeit die vier Parteien als Miterben. Die Kläger begehrten von den Beklagten die Zustimmung zur (anteiligen) Übertragung des Grundstücks, auf die Kläger und den Beklagten zu 2) und Bewilligung von deren Eintragung im Grundbuch jeweils zu 1/3 als Eigentümer.

Das LG hat der Klage stattgegeben, da den Klägern gegen die Beklagten der geltend gemachte Anspruch auf Auflassung und Eintragung der Eigentumsübertragung im Grundbuch nach § 1967 BGB zustehe. Das OLG hat das Urteil bestätigt. Auf die Revision der Beklagten hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen.

Gründe:
Zwar sind die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, dass eine Auflage, die den Beschenkten verpflichtet, den geschenkten Gegenstand spätestens mit seinem Ableben unentgeltlich auf einen Dritten zu übertragen, wirksam vereinbart werden kann. Die Frage, ob eine Auflage dieses Inhalts zulässig ist, wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet. Rechtsprechung zu der Frage ist - abgesehen vom angefochtenen Urteil - nicht veröffentlicht. Eine Auflage, die den Beschenkten verpflichtet, den geschenkten Gegenstand spätestens mit seinem Ableben unentgeltlich auf einen Dritten zu übertragen, fällt nicht ohne weiteres unter den Tatbestand des § 2302 BGB. Das Verbot des § 2302 BGB erfasst grundsätzlich nur Verpflichtungen im Hinblick auf Verfügungen von Todes wegen, nicht aber in Bezug auf Rechtsgeschäfte unter Lebenden.

Eine Auflage, die den Beschenkten verpflichtet, zugunsten eines Dritten ein Schenkungsversprechen abzugeben, das unter der Bedingung steht, dass der Dritte den Beschenkten überlebt, ist allerdings nach § 2302 BGB nichtig. Wenn eine Schenkung unter einer Auflage der in Rede stehenden Art vereinbart wird, steht dem vom Beschenkten erlangten Vermögensvorteil zwar von Beginn an die Verpflichtung gegenüber, dem begünstigten Dritten ein Schenkungsversprechen von Todes wegen zu erteilen. Auch dies ist aber eine Konstellation, die § 2302 BGB gerade verhindern soll. Ohne eine solche Auflage stünde es dem Beschenkten frei, über den geschenkten Gegenstand nach seinem Belieben unter Lebenden oder von Todes wegen zu verfügen. § 2302 BGB zielt darauf ab, eine Beschränkung der zuletzt genannten Möglichkeit zu verhindern.

Wirksam ist eine Auflage vielmehr, wenn die Parteien des Schenkungsvertrags bereits einen - wenn auch bedingten - Anspruch des Dritten auf Übereignung des geschenkten Gegenstands begründen. Unter den Tatbestand von § 2302 BGB fällt nur die Verpflichtung, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten, nicht zu errichten, aufzuheben oder nicht aufzuheben, nicht aber die Vornahme solcher Rechtshandlungen. Die Freiheit, von Todes wegen über Vermögen zu verfügen, kann zwar auch durch den Abschluss eines Erbvertrags, durch ein gemeinschaftliches Testament oder durch ein formgerecht abgegebenes Schenkungsversprechen i.S.v. § 2301 Abs. 1 BGB beschränkt sein. Beschränkungen dieser Art lässt das Gesetz aber ausdrücklich zu. § 2302 BGB erfasst nur Vereinbarungen, die den Schuldner verpflichten, solche Beschränkungen einzugehen.

Mit rechtsfehlerhaften Erwägungen waren die Vorinstanzen allerdings zu dem Ergebnis gelangt, eine Pflicht zur Weiterübertragung sei bereits im Vertrag aus 1995 vereinbart worden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts konnte aus dem Umstand, dass die Parteien in dem Vertrag aus 1995 eine Pflicht zur Übereignung des Grundstücks an die Kinder des Erblassers nur für bestimmte Konstellationen vorgesehen hatten, nicht auf eine Ergänzungsbedürftigkeit des Vertrags geschlossen werden. Dem Umstand, dass die Vertragsparteien in den Verträgen aus 2003 und 2008 eine weitergehende Pflicht zur Übereignung des Grundstücks an die Kinder des Erblassers vereinbart hatten, konnte nicht entnommen werden, dass dies bereits im Jahr 1995 dem Willen der Vertragsparteien entsprach.

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