30.08.2023

Bei vermieteten funkablesbaren Heizkostenverteilern muss auch der Code mitgeteilt werden

Die Vermietung von Funk-Heizkostenverteilern zum Gebrauch beinhaltet ohne Weiteres die Vereinbarung, dass die vermieteten Verteiler auch per Funk durch den Mieter ohne Mitwirkung des Vermieters ausgelesen werden können. Denn wird ein Produkt mit einer bestimmten Funktionalität beschrieben, so darf der Nutzer grundsätzlich davon ausgehen, dass er diese Funktionalität ohne zusätzlichen Aufwand nutzen kann.

AG Frankfurt a.M. v. 20.4.2023 - 30 C 796/22
Der Sachverhalt:
Die Klägerin begehrte von der Beklagten für das Abrechnungsjahr 2022 die Zahlung einer Miete für 128 Funk-Heizkostenverteiler. Bereits am 23.1.2019 hatte die Beklagte durch ihren neuen Messdienst die Kündigung des Gerätevertrages zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Die Klägerin bestätigte die Kündigung zum 27.5.2028. Zwischen den Parteien bestand zudem eine Vereinbarung über einen Ablese- und Abrechnungsdienst, die die Beklagte durch ihren neuen Abrechnungsdienst mit Schreiben vom 27.9.2019 ordentlich gekündigt hatte. Die Klägerin bestätigte die Kündigung mit sofortiger Wirkung. Folge der Kündigung war, dass zwar die Funkgeräte nach wie vor funktionsfähig waren und die entsprechenden Verbrauchswerte an den LC-Anzeigen des jeweiligen Heizkostenverteilers festgestellt und ermittelt werden konnten, der neue Abrechnungsdienst zur Ablesung der Verbrauchswerte jedoch die Wohneinheiten betreten musste.

Die Parteien schlossen sowohl für 2019 als auch für 2020 eine Vereinbarung über einen eingeschränkten Messdienst, wonach die Klägerin gegen eine Aufwandsentschädigung i.H.v. 62,35 € zzgl. Mehrwertsteuer weiterhin die Verbrauchsdaten per Funk auslesen und eine Ableseliste zur Verfügung stellen sollte, anhand derer der neue Messdienst die Abrechnung vornehmen konnte. Mit Schreiben vom 20.7.2020 verlangte die Beklagte von der Klägerin für weitere Liegenschaften erfolglos die Herausgabe der Entschlüsselungscodes. Am 23.4.2021 erklärte sie deswegen die außerordentliche Kündigung der Geräteverträge.

Die Beklagte war u.a. der Ansicht, für den Fall eines zunächst bestehenden Gerätevertrages sei die Vereinbarung einer Laufzeit von zehn Jahren unwirksam, jedenfalls habe sie den Vertrag wirksam außerordentlich gekündigt. Die Klägerin war der Auffassung, das Recht zur außerordentlichen Kündigung sei verwirkt.

Das AG hat die Zahlungsklage abgewiesen.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keine Ansprüche auf Zahlung der streitgegenständlichen Miete i.H.v. 379,28 €, insbesondere nicht auf Grund des Gerätevertrages.

Die Beklagte war gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB zur fristlosen Kündigung des Gerätevertrages berechtigt, denn es lag ein Sachmangel der Mietsache i.S.d. § 536 Abs. 1 S. 1 BGB vor. Die Klägerin gewährte der Beklagten nicht den vertragsgemäßen Gebrauch der Funk-Heizkostenverteiler, indem sie der Beklagten die Entschlüsselungscodes vorenthielt. Die Vermietung von Funk-Heizkostenverteilern zum Gebrauch - wie hier - beinhaltet ohne Weiteres die Vereinbarung, dass die vermieteten Verteiler auch per Funk durch den Mieter ohne Mitwirkung des Vermieters ausgelesen werden können. Denn wird ein Produkt mit einer bestimmten Funktionalität beschrieben, so darf der Nutzer grundsätzlich davon ausgehen, dass er diese Funktionalität ohne zusätzlichen Aufwand nutzen kann. Daran änderte auch die Bereitschaft der Klägerin nichts, die Auslesung der Verteiler "gegen eine Aufwandsentschädigung" vorzunehmen.

Der vertragsgemäße Gebrauch eines Funk-Heizkostenverteilers erstreckt sich darauf, dass dieser durch jedermann, der über einen passenden Empfänger verfügt, und ohne Mitwirkung der Vermieterin ausgelesen werden kann. Wenn die Klägerin die Verfügbarkeit wie vorliegend einschränkt und nur sich selbst bzw. von ihr beauftragte Dienstleister technisch in die Lage versetzt hat, die Funk-Heizkostenverteiler auszulesen, führte dies mittelbar zu einer Funktionseinschränkung, die die Beklagte in ihrem mietvertraglichen Alleinnutzungsrecht der Mietsache verletzt hat.

Die Kündigung aus wichtigem Grund war gem. § 543 Abs. 23 Nr. 1 BGB ohne vorheriges Abhilfeverlangen mit Fristsetzung - dem Verlangen nach Herausgabe des Entschlüsselungscodes - zulässig. Denn die Beklagte war zu einer Herausgabe des Codes offensichtlich nicht bereit. Das Recht der Beklagten zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund war auch nicht durch die Vereinbarung über einen eingeschränkten Messdienst betreffend die streitgegenständliche Liegenschaft verwirkt. Denn die Vereinbarung über den eingeschränkten Messdienst betreffend die streitgegenständliche Liegenschaft war für einzelne Abrechnungszeiträume begrenzt und machte damit deutlich, dass die Beklagte jedenfalls für die Zukunft nicht auf ein Kündigungsrecht verzichten wollte.

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