02.10.2018

Bestimmte Zivilrechtsstreitigkeiten mit besonderer Nähe zu familienrechtlich geregelten Rechtsverhältnissen sind als Familiensachen anzusehen

Mit § 266 FamFG sollen bestimmte Zivilrechtsstreitigkeiten, die eine besondere Nähe zu familienrechtlich geregelten Rechtsverhältnissen aufweisen oder die in engem Zusammenhang mit der Auflösung eines solchen Rechtsverhältnisses stehen, ebenfalls Familiensachen werden. Ein inhaltlicher Zusammenhang liegt z.B. vor, wenn das Verfahren vor allem die wirtschaftliche Entflechtung der ehemaligen Ehegatten nach Scheidung betrifft.

BGH 22.8.2018, XII ZB 312/18
Der Sachverhalt:

Die beiden Beteiligten waren miteinander verheiratet und lebten seit 2008 getrennt. Ab 2008 war das Scheidungsverfahren rechtshängig. Der Antragsgegner war bis in das Jahr 2011 alleiniger Gesellschafter der T. GmbH, deren Geschäftsführerinnen von 2003 bis 2008 seine damalige Ehefrau, die Antragstellerin sowie seine neue Lebensgefährtin waren. Alleinige Geschäftsführerin der GmbH war ab dem Ausscheiden der Antragstellerin die Lebensgefährtin.

Die beiden Beteiligten gewährten der GmbH 2002 Kredite i.H.v. insgesamt rd. 90.000 € auf Grundlage von vier unbefristeten Darlehensverträgen. Die Rückzahlung sollte auf erstes Anfordern erfolgen. Im März 2014 forderte die Antragstellerin den Antragsgegner auf, gemeinsam mit ihr die Kündigung der Darlehen gegenüber der GmbH zu erklären. Der Antragsgegner reagierte jedoch nicht. Mit ihrer Klage hat die Antragstellerin die Verurteilung des Antragsgegners zur Miterklärung der Darlehenskündigung begehrt. Der Antragsgegner wandte ein, er habe der Antragstellerin 2003 die Hälfte der Kreditsumme in bar ausgezahlt.

Das LG verwies den Rechtsstreit nach entsprechendem Hinweis an das Familiengericht, das es um einen Anspruch gegen den Antragsgegner als den Ehemann gehe und die begehrte Kündigung im Zusammenhang mit der Trennung der Beteiligten stehe. Das Familiengericht wies den Antrag zurück. Die dagegen erhobene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hatte vor dem OLG teilweise Erfolg. Es entsprach einem Hilfsantrag der Antragstellerin, der Zahlung eines Schadensersatzes i.H.v. der Hälfte der Kreditsumme gem. §§ 745 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB. Die weiteren Anträge wies er zurück und ließ die Rechtsbeschwerde nicht zu. Die dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BGH als unstatthaft und daher unzulässig verworfen.

Die Gründe:

Es liegt eine sonstige Familiensache i.S.d. § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG vor mit der Folge, dass eine Nichtzulassungsbeschwerde gesetzlich nicht gegeben und die Rechtsbeschwerde gem. § 70 Abs. 1 FamFG nur bei Zulassung durch das OLG eröffnet wäre. Diese fehlt jedoch im Streitfall.

Das Rechtsmittelgericht hat das Verfahren allerdings so weiter zu betreiben, wie es im Falle einer formell richtigen Entscheidung durch die Vorinstanz und dem danach gegebenen Rechtsmittel geschehen wäre. Würde es sich daher entgegen der Annahme der Vorinstanzen um keine Familiensache, sondern um eine allgemeine Zivilsache handeln, wäre die Nichtzulassungsbeschwerde gem. § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO statthaft. Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall.

Mit § 266 FamFG hat der Gesetzgeber den Zuständigkeitsbereich der Familiengerichte erweitert. Damit sollen bestimmte Zivilrechtsstreitigkeiten, die eine besondere Nähe zu familienrechtlich geregelten Rechtsverhältnissen aufweisen oder die in engem Zusammenhang mit der Auflösung eines solchen Rechtsverhältnisses stehen, ebenfalls Familiensachen sein. Allein die Sachnähe des Familiengerichts zum Verfahrensgegenstand ist für die Zuordnung entscheidend. In den Fällen des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG muss ein Zusammenhang mit Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe bestehen. Ein inhaltlicher Zusammenhang liegt vor, wenn das Verfahren vor allem die wirtschaftliche Entflechtung der Ehegatten betrifft.

Gemessen an diesen Grundsätzen ist das vorliegende Verfahren eine sonstige Familiensache i.S.d. § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG. Der nötige Zusammenhang ist gegeben. Anlass für die Streitigkeit ist das Scheitern der Ehe und die Frage der wirtschaftlichen Entflechtung der beiden Beteiligten. Die für § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG erforderliche, sachliche Verbindung des Rechtsstreits zu den familienrechtliche geregelten Rechtsverhältnissen der Beteiligten ist damit gegeben. Dass die Ansprüche ihren Rechtsgrund nicht unmittelbar in der Ehe haben, ist insoweit unschädlich. Ausgeschlossen sind nur Fälle, in denen ein vorhandener familienrechtlicher Bezug völlig untergeordnet ist. Dies ist nicht der Fall, wenn Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe - wie hier - in tatsächlicher Hinsicht für die geltend gemachte Rechtsfolge ursächlich sind.

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