19.05.2021

Buchung eines Flugtickets ausländischer Fluggesellschaft über deutsche Internetseite - Gerichtsstand in Deutschland

Die Angabe einer vom Hauptsitz abweichenden Betriebsstätte im Impressum einer Website darf eine Kunde, der über diese Website ein Vertragsangebot abgibt, in der Regel dahin verstehen, dass die angegebene Stelle im Namen des Stammhauses die Leistung anbietet, Vertragsangebote entgegen nimmt und gegebenenfalls deren Annahme erklärt.

BGH v. 16.3.2021 - X ZR 9/20
Der Sachverhalt:
Der Kläger nahm die beklagte französische Luftverkehrsgesellschaft auf Schadensersatz wegen Stornierung eines Beförderungsvertrages in Anspruch. Er hatte im Dezember 2017 über die Webseite "airfrance.de" für den Sommer 2018 ein Ticket für einen Flug von San Francisco nach Paris in der First-Class und einen Weiterflug von Paris nach London in der Business-Class für insgesamt knapp 600 € gebucht. Nach Überweisung des Betrags wurde die Buchung bestätigt. Der Kläger erhielt ein elektronisches Ticket mit einem Reservierungscode. Als Ausstellungsort wies das Ticket u.a. "DIR - WEB Allemagne, Frankfurt am Main" aus. Als Kontakt vor Reiseantritt wurde eine Telefonnummer mit der Frankfurter Vorwahl "069" angegeben. Im Impressum der Homepage hieß es: "Air France in Deutschland: Air France Direktion für Deutschland, Zeil 5, 60613 Frankfurt am Main".

Einen Tag nach der Buchung teilte die Beklagte dem Kläger von der E-Mail-Adresse "Customer Care Europe" auf Englisch mit, dass das Ticket wegen eines Systemfehlers storniert worden sei. Der gezahlte Betrag wurde nachfolgend erstattet. Ende Januar 2018 hätte ein vergleichbarer Flug 10.578,86 € gekostet.

Der Kläger war der Ansicht, die Beklagte habe das Ticket nicht wirksam stornieren können. Er verlangte Schadensersatz i.H.d. objektiven Flugpreises von 10.578,86 €. Das LG hat die Klage als unzulässig abgewiesen, da es nicht international zuständig sei. Das OLG bestätigte die Entscheidung im Berufungsverfahren.

Auf die Rechtsmittel des Klägers hat der BGH die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.

Gründe:
Es liegt eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte auf Basis von Art. 7 Abs. 1 Nr. 5 EuGVVO (auch "Brüssel Ia-VO) vor. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen unterhält die Beklagte in Frankfurt a.M. eine Zweigniederlassung i.S.d. Vorschrift.

Die dargelegten Umstände reichen aus, um eine Zweigniederlassung darzustellen. Dabei spielen die in Frankfurt a.M. beschäftigten Mitarbeitern, die Angebote für den deutschen Markt konzipieren, eine maßgebliche Rolle. Außerdem gibt es einen Geschäftsführer für Deutschland.

Entgegen der Ansicht der Beklagten kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich nur um eine unselbständige Betriebsstätte handelt, die in jeder Hinsicht vom Hauptsitz abhängig ist. Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit die Mitarbeiter der Betriebstätte für den Abschluss von Geschäften intern der Zustimmung von Bediensteten des Hauptsitzes bedürfen. Ausschlaggebend sind nicht die geschäftsinternen Abläufe, sondern die Art und Weise, in der die Niederlassung gegenüber Dritten im Geschäftsverkehr auftritt. Der Bezug des Rechtsstreits zur Zweigniederlassung ist schließlich durch das Eingehen einer Verpflichtung im Namen des Stammhauses gegeben.

Im Anschluss an die EuGH-Rechtsprechung ist stets auf den äußeren Eindruck abzustellen. Wesentlich ist somit:
  • die Pflichtangaben gem. § 5 TMG ("Impressum"),
  • die Top-Level-Domain .de,
  • die Bezeichnung als "Air France in Deutschland",
  • der Hinweis auf die ausstellende IATA-Agentur auf dem elektronischen Ticket.
BGH/www.drboese.de
Zurück