21.02.2025

Durchreiseautorisierungen: Vermittlungsportal für Reisen muss über Notwendigkeit eines Transitvisums informieren

Findet ein Buchungsprozess für eine Reise ausschließlich über ein Vermittlungsportal statt, ist der Vermittler verpflichtet, alle für die Auswahlentscheidung wesentlichen Informationen auf seinem Portal zur Verfügung zu stellen. Dazu zählt der Hinweis auf eine etwaig erforderliche Durchreiseautorisation (hier: ESTA) im Fall eines Zwischenstopps in einem Drittland (hier: USA).

OLG Frankfurt a.M. v. 30.1.2025 - 6 U 154/24
Der Sachverhalt:
Die Beklagte betreibt eine Online-Buchungsplattform und vermittelt Pauschal- und Einzelreisedienstleistungen anderer Anbieter. Vertragspartner der Verbraucher werden die von ihr vermittelten Anbieter. Die Beklagte informiert die Verbraucher auf ihrem Portal nicht über die Notwendigkeit etwaiger Durchreiseautorisierungen.

Die Klägerin ist ein qualifizierter Verbraucherverband. Sie beruft sich darauf, dass eine Familie über das Portal der Beklagten einen Flug von Zürich nach Auckland mit Zwischenstopp in Los Angeles gebucht hatte. Da sie mangels Hinweises auf dem Portal der Beklagten nicht über die erforderliche Durchreiseautorisierung für die USA zu Transitzwecken (sog. ESTA) verfügte, wurde der gesamten Familie der Flug am Abreisetag verweigert. Sie hält das Verhalten der Beklagten für wettbewerbswidrig, soweit diese ohne Hinweise auf Durchreiseautorisierungen die Reisevermittlung anbiete.

Das LG verpflichtete die Beklagte auf Antrag der Klägerin, es zu unterlassen, Flugreisen zu vermitteln, ohne auf die Notwendigkeit etwaiger für einen Zwischenstopp erforderlicher Durchreiseautorisierungen hinzuweisen. Die Berufung der Beklagten hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Beklagte die Zulassung der Revision vor dem BGH beantragen.

Die Gründe:
Die Beklagte verhält sich wettbewerbswidrig. Sie muss alle für die Auswahlentscheidung relevanten Informationen zur Verfügung stellen, wenn der Buchungsprozess ausschließlich und vollständig auf ihrer Internetseite stattfindet. Dazu zählt hier der Hinweis auf etwaige Durchreiseautorisierungen.

Es besteht zwar keine allgemeine Aufklärungspflicht des Unternehmers im geschäftlichen Verkehr. Die notwendige Autorisierung im Fall eines Zwischenstopps stellt jedoch eine wesentliche Information über die Dienstleistung "Flugreise" dar. Ohne sie kann die Flugreise nicht angetreten und durchgeführt werden.

Der verständige Durchschnittsverbraucher benötigt jedenfalls einen pauschalen Hinweis auf ein mögliches Erfordernis für eine informierte Entscheidung bei der Auswahl und Buchung der von der Beklagten zur Vermittlung angebotenen Flüge und Flugvarianten. Er denkt bei einer Flugbuchung möglicherweise an Visumserfordernisse im Zielland, nicht aber an Durchreiseautorisierungen für reine Zwischenstopps.

Der Verbraucher ist im Informationsgefälle der Beklagten deutlich unterlegen. Die Durchführbarkeit der Reise spielt naturgemäß bei der Auswahl und Entscheidung für die eine oder andere Flugroute eine Rolle, etwa, wenn infolge kurzfristigen Reiseantritts es für den Verbraucher unmöglich ist, in der verbleibenden Zeit noch ein Durchreisevisum zu beantragen. Auch die mit einem solchen Visum verbundenen Kosten beeinflussen üblicherweise die Auswahlentscheidung.

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