28.11.2023

Eltern können nach einer Hausgeburt nicht eigenständig das Geschlecht ihres Kindes festlegen

Es ist nicht ersichtlich, dass ein Neugeborenes in der Lage wäre, bereits eine Geschlechtsidentität auszubilden. Es kommt insoweit gerade nicht darauf an, welches Geschlecht bzw. Nicht-Geschlecht die Eltern für das Kind annehmen. Die Vorschrift des § 22 Abs. 3 PStG stellt insoweit auf die körperlich feststellbaren Geschlechtsmerkmale ab.

OLG München v. 1.9.2023, 31 Wx 210/23 e
Der Sachverhalt:
Das Kind der Beschwerdeführer war 2022 im Rahmen einer Hausgeburt zur Welt gekommen. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Beurkundung des Geschlechts des Kindes. Die Beschwerdeführer begehrten insoweit als Geschlecht des Kindes "ohne" in das Geburtsregister einzutragen. Dieses Geschlecht ("ohne") ist auf einem Formblatt zur Geburtsanzeige, mit dem die unterstützende Hebamme die Geburt anzeigte, angekreuzt. Nach § 22 Abs. 3 PStG kann ein Kind ohne Geschlecht in das Geburtsregister eingetragen werden, wenn "das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden" kann.

Das Standesamt hat den Antrag der Eltern abgewiesen. Das AG hat den Antrag der Beschwerdeführer auf Verfahrenskostenhilfe zurückzuwiesen. Das OLG hat die Entscheidung im Beschwerdeverfahren bestätigt.

Die Gründe:
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bot keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Der Beurkundung stand entgegen, dass sich der Senat keine sichere Kenntnis davon verschaffen konnte, dass die Voraussetzungen des § 22 Abs. 3 PStG vorlagen. Die Voraussetzung für die Eintragung, dass das betroffene Kind kein Geschlecht aufweist, wäre gewesen, dass sich der Senat davon zu überzeugen vermochte, dass das Kind im Sinne des Gesetzes keinem Geschlecht zugeordnet werden kann. Ein solcher Nachweis konnte indes nicht geführt werden.

Die einzige Angabe, die vorhanden war, war die durch die Hebamme eingereichte formularmäßige Geburtsanzeige. Nachfragen durch das Kreisverwaltungsreferat wurden durch die Hebamme mit Verweis auf ihre Schweigepflicht, die im Übrigen für Personenstandsanzeigen nicht besteht (§ 6 Abs. 3 BayHebBO), nicht beantwortet. Weitere Ausführungen dazu, weswegen das Kind keinem Geschlecht zuzuordnen sei, ergaben sich aus den vorliegenden Unterlagen und den Erklärungen der Verfahrensbeteiligten nicht.

Soweit durch den anwaltlichen Vertreter der Beschwerdeführer geltend gemacht worden war, die Geschlechtsidentität einer Person sei zu berücksichtigen, konnte dies im vorliegenden Fall nicht verfangen. Denn es war nicht ersichtlich, dass ein Neugeborenes in der Lage gewesen wäre, bereits eine Geschlechtsidentität auszubilden. Es kommt insoweit gerade nicht darauf an, welches Geschlecht bzw. Nicht-Geschlecht die Eltern für das Kind annehmen. Die Vorschrift des § 22 Abs. 3 PStG stellt insoweit auf die körperlich feststellbaren Geschlechtsmerkmale ab.

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