Erfolgreiche Klage gegen DAZN: Preisanpassungsklausel unwirksam
OLG München v. 11.10.2024 - 39 U 2482/23 eDie Parteien streiten im Verbandsklageverfahren um einen Unterlassungsanspruch hinsichtlich mehrerer Bestimmungen in den AGB der Beklagten. Der Kläger ist der Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen und 27 weiterer verbraucher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland. Die Beklagte bietet in Deutschland den Sport- Streamingdienst DAZN an.
Das LG verurteilte den Streamingdienst, die Verwendung verschiedener Klauseln in ihren AGB zu unterlassen. Das OLG hat diese Entscheidung im Wesentlichen bestätigt, die Berufung von DAZN zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen.
Die Gründe:
Das LG hat die Beklagte zutreffend verurteilt, es zu unterlassen, die streitgegenständlichen Klauseln in AGB zu verwenden.
1. Ziffer 2.1 der AGB ist unwirksam. Die Klausel lautet:
"Wir bieten einen Online-Videodienst, der (unter anderem) die Übertragung von Sportereignissen (live und on-demand), Zusammenfassungen von Sportereignissen und andere ähnliche Inhalte bietet, deren Gestaltung und Verfügbarkeit mit der Zeit variieren kann (insgesamt "Inhalte"). Die Inhalte unterliegen gewöhnlich gewissen Beschränkungen (z.B. bestimmten Gebietsbeschränkungen) (...)"
Die streitgegenständliche Klausel legt nicht den Leistungsinhalt fest. Vielmehr ist sie für die Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts entbehrlich. Das Leistungsangebot ist bei Abschluss des jeweiligen Abonnements konkret geregelt. Dies ergibt sich aus der Leistungsbeschreibung der Beklagten, Anlage BB1, vorgelegt mit der Berufungsbegründung. Demnach wählt der Kunde ein Paket, in dem die Sportereignisse einzeln aufgeführt sind, die ihm nach dem Vertragsabschluss zur Verfügung stehen, so z.B. D. Unlimited: Uefa Cup, Bundesliga Fußball, supercoppa Italiana und viele einzeln aufgeführte Angebote mehr.
Die Klausel ermöglicht es der Beklagten dem Wortlaut nach, auch grundlos die Zusammensetzung, Beschaffenheit und Quantität des erworbenen Abonnementpaketes zu ändern. Bei kundenfeindlicher Auslegung kann die Beklagte den gesamten vertraglich vereinbarten Inhalt abändern, soweit sich ihr Angebot im Sportbereich bewegt. Die Vereinbarung dieses umfassenden Leistungsänderungsvorbehalts ist nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam, weil sie auch unter Berücksichtigung der Interessen der Beklagten für die Abonnenten nicht zumutbar ist.
2. Die Klausel Ziffer 2.3 ist ebenfalls unwirksam. Sie enthält Bestimmungen zu zwei Gesichtspunkten, zum einen zur Änderungsbefugnis und zum anderen zur Zustimmungsfiktion.
Ziffer 2.3 lautet: "Wir sind berechtigt, diese Bedingungen zu ändern, etwa aufgrund einer Gesetzesänderung oder um eine bessere Funktionalität des D. Services sicherzustellen, wobei die Abonnement-Struktur des D. Services vorbehaltlich der Ziffer 4.8 in ihrer Gesamtheit nicht zu Deinen Lasten eingeschränkt wird. Änderungen dieser Bedingungen werden Dir von uns per E-Mail an die zuletzt eingetragene Emailadresse mitgeteilt. Änderungen unserer Zahlungsbedingungen werden Dir ebenfalls unmittelbar mitgeteilt.
Die Änderungen gelten als angenommen, wenn Du nicht innerhalb von vierzehn (14) Tagen ab Mitteilung widersprichst, sofern wir Dich in der Mitteilung auf diese Folge eines fehlenden Widerspruchs hinweisen."
Zur Änderungsklausel 2.3 Satz1: Die Klausel ist gem. § 308 Nr. 4 BGB unwirksam und auch nicht, wie der Beklagtenvertreter meint, nach § 327 r BGB wirksam. Zunächst ist nicht klar, worauf die Klausel: "Wir sind berechtigt, diese Bedingungen zu ändern", sich überhaupt bezieht.
Die Formulierung "etwa aufgrund einer Gesetzesänderung oder um eine bessere Funktionalität des D. Services sicherzustellen" ist nicht transparent. Die Änderungsmöglichkeiten sind nur als Beispiel aufgeführt ("etwa"). Es ist unklar, welche weiteren Änderungsgründe in Betracht kommen. Auch die Formulierung "oder um eine bessere Funktionalität des D. Services sicherzustellen" ist unbestimmt.
Die Formulierung "wobei die Abonnement-Struktur des D. Services vorbehaltlich der Ziffer 4.8 in ihrer Gesamtheit nicht zu Deinen Lasten eingeschränkt wird" ist intransparent. Es ist bereits nirgends definiert, was die Abonnement-Struktur ist. Soweit dies in der mündlichen Verhandlung von den Beklagtenvertretern erläutert wurde, entstand zwar Klarheit, was hiermit ursprünglich gemeint war (die Streaming-Struktur mit der dauerhaften Nutzungsmöglichkeit im Abozeitraum im Vergleich zu einem Abo, bei dem z.B. 2 x pro Monat etwas geliefert wird), aus der Klausel kann dies jedoch nicht herausgelesen werden. Es ist auch nicht ersichtlich, was "nicht zu deinen Lasten" sein soll. Indem der Kunde persönlich angesprochen wird, ist eine Objektivierbarkeit der Klausel nicht gegeben.
Der weitere Zusatz "Die Änderungen gelten als angenommen, wenn Du nicht innerhalb von vierzehn (14) Tagen ab Mitteilung widersprichst, sofern wir Dich in der Mitteilung auf diese Folge eines fehlenden Widerspruchs hinweisen.", ist ebenfalls unwirksam. Die Zustimmungsfiktion ist bereits auf Grund der unmittelbaren Verknüpfung mit dem ersten unwirksamen Teil der Klausel unwirksam.
3. Die Klausel 4.7 ist ebenfalls gem. § 308 Nr. 4 BGB unwirksam. Ziffer 4.7 lautet:
"Vorbehaltlich der Mitteilungspflichten gemäß Ziffer 2.3 können wir unseren Serviceplan von Zeit zu Zeit ändern, sofern die Änderungen für Dich zumutbar sind."
Die Klausel verstößt gegen das bei Prüfung des § 308 Nr. 4 BGB zu berücksichtigende Transparenzgebot. Die Änderungsbefugnis beschränkt sich nicht auf hinreichend konkretisierte und triftige Änderungsgründe, die dem Interesse der Beklagten an einer derart weitreichenden Änderungsbefugnis den Vorrang vor dem Interesse der Abonnenten an der Beibehaltung des abonnierten Pakets geben könnten. Da die Klausel keinerlei Voraussetzungen für Änderungen formuliert, ist sie bereits aus diesem Grunde unwirksam (s. BGH v. 15.11.2007 - III ZR 247/06).
Es ist auch nicht hinreichend bestimmt, was der "Serviceplan" ist, der geändert werden darf und wieweit das möglich sein soll.
4. Die Klausel 4.8 ist wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Die Klausel lautet:
"Wir behalten uns das Recht vor, den Preis für den D. Service an sich verändernde Marktbedingungen, bei erheblichen Veränderungen in den Beschaffungs- oder Bereitstellungskosten oder bei Änderungen der Umsatzsteuer oder vergleichbaren Steuern anzupassen. Zusätzlich behalten wir uns vor, den Preis bei erheblichen Veränderungen im Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamts entsprechend anzupassen; als erhebliche Veränderung gilt eine Anhebung von 0,5 Prozentpunkten oder mehr gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Preisänderungen finden frühestens nach dreißig (30) Tagen ab dem Tag unserer E-Mail-Benachrichtigung an Deine zuletzt eingetragene Emailadresse Anwendung."
Die Preisanpassungsklausel verstößt gegen § 307 Abs. 1 BGB. Die Klausel ist nicht hinreichend klar bestimmt und unangemessen benachteiligend.
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Aufsatz:
Die Metamorphose der Änderung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Volker Lang / Patrick Rösler, ZIP 2022, 504
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