Feuerwehr bricht falsche Wohnungstür auf - Gemeinde muss Kosten erstatten
LG Stralsund v. 24.2.2025 - 2 O 154/24
Der Sachverhalt:
Dem Kläger gehört eine Eigentumswohnung in Mecklenburg-Vorpommern. Seine Wohnungseingangstür war durch Feuerwehreinsatzkräfte der Beklagten beschädigt worden. Diese hatten nach einem Rauchmelderalarm, der tatsächlich aus der Nachbarwohnung kam, die klägerische Wohnungstür gewaltsam aufgebrochen. Sie waren irrig davon ausgegangen, der Signalton gehe von dem Rauchmelder in der Wohnung des Klägers aus.
Der Kläger war der Ansicht, es sei auch unter den besonderen Bedingungen des Feuerwehreinsatzes erkennbar gewesen, dass das akustische Signal nicht aus seiner Wohnung komme, mindestens aber habe dies ohne größeren Aufwand abgeklärt werden können. Die Beklagte hafte bei dieser Sachlage wegen eines Verschuldens ihrer Feuerwehreinsatzkräfte nach Amtshaftungsgrundsätzen, zudem aber jedenfalls auch verschuldensunabhängig nach Maßgabe der §§ 72 ff. SOG M-V.
Die Beklagte verweigerte den Kostenersatz. Der Türaufbruch sei nach den Grundsätzen der Anscheinsgefahr rechtmäßig erfolgt. Zumindest aber treffe ihre Feuerwehreinsatzkräfte kein Verschulden. Damit müsse eine Amtshaftung ausscheiden. Aber auch für eine verschuldensunabhängige polizei- und ordnungsrechtliche Entschädigung sei kein Raum, mindestens aber seien solche Ansprüche wegen Ablaufs der diesbezüglichen gesetzlichen Ausschlussfrist erloschen.
In Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung hat das LG darauf hingewiesen, dass die Klage begründet sein dürfte, ohne dass es auf eine Beweisaufnahme ankäme.
Die Gründe:
Die Beklagte dürfte unabhängig von einem Verschulden ihrer Feuerwehreinsatzkräfte nach Maßgabe der §§ 72 ff. SOG M-V dem Kläger gegenüber für den Sachschaden entschädigungspflichtig sein.
Es besteht Einigkeit, dass mit Blick darauf, dass § 7 Abs. 6 Satz 1 BrSchG M-V im Grunde von einer Art feuerwehrlicher Ersatzzuständigkeit ausgeht, impliziert also durchaus die Bestimmungen des allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsrechts in Bezug genommen sind, letzten Endes auch die Bestimmungen der §§ 13-78 SOG M-V auf Maßnahmen der öffentlichen Feuerwehren zur - entsprechenden - Anwendung gelangen.
Nachdem hier aus der ex-post-Sicht unstreitig war, dass es nicht der klägerische Rauchmelder war, der das akustische Signal abgesondert und den Feuerwehreinsatz ausgelöst hatte, sondern derjenige aus der Nachbarwohnung, war der Kläger nur ein sog. Anscheinsstörer. Für die primäre gefahrenabwehrrechtliche Handlungsebene muss das zwar keinen Ausschlag geben, weil es hier nur auf die ex-ante-Perspektive ankommt. Danach mochte im vorliegenden Fall der Aufbruch der Tür durchaus rechtmäßig gewesen sein. Auf der sekundären Ebene der Kosten war aber der bloße Anscheinsstörer im Ergebnis wie ein Nichtstörer zu behandeln und als solcher nach den betreffenden Bestimmungen des Polizei- und Ordnungsrechts - hier konkret § 72 Abs. 1 SOG M-V - zu entschädigen, und zwar in Geld (§ 74 Abs. 2 Satz 1 SOG M-V) durch den betreffenden Verwaltungsträger (§ 75 Abs. 1 SOG M-V), der hinter den handelnden Amtsträgern steht, hier mithin durch die beklagte Gemeinde.
Es lag auch kein Ausschluss der Entschädigungshaftung wegen Fristablaufs vor. § 74 Abs. 5 Satz 1 SOG M-V setzt letztlich nur (irgend-) eine Geltendmachung binnen Jahresfrist voraus, nicht notwendigerweise eine Geltendmachung durch Klageerhebung oder sonst in einer (qualifizierten) Form, der nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts (§ 204 Abs. 1 BGB) eine verjährungshemmende Wirkung zukäme. Vielmehr reicht jede auch formlose Aufforderung, den Schaden auszugleichen, aus.
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Landesrecht M-V
Dem Kläger gehört eine Eigentumswohnung in Mecklenburg-Vorpommern. Seine Wohnungseingangstür war durch Feuerwehreinsatzkräfte der Beklagten beschädigt worden. Diese hatten nach einem Rauchmelderalarm, der tatsächlich aus der Nachbarwohnung kam, die klägerische Wohnungstür gewaltsam aufgebrochen. Sie waren irrig davon ausgegangen, der Signalton gehe von dem Rauchmelder in der Wohnung des Klägers aus.
Der Kläger war der Ansicht, es sei auch unter den besonderen Bedingungen des Feuerwehreinsatzes erkennbar gewesen, dass das akustische Signal nicht aus seiner Wohnung komme, mindestens aber habe dies ohne größeren Aufwand abgeklärt werden können. Die Beklagte hafte bei dieser Sachlage wegen eines Verschuldens ihrer Feuerwehreinsatzkräfte nach Amtshaftungsgrundsätzen, zudem aber jedenfalls auch verschuldensunabhängig nach Maßgabe der §§ 72 ff. SOG M-V.
Die Beklagte verweigerte den Kostenersatz. Der Türaufbruch sei nach den Grundsätzen der Anscheinsgefahr rechtmäßig erfolgt. Zumindest aber treffe ihre Feuerwehreinsatzkräfte kein Verschulden. Damit müsse eine Amtshaftung ausscheiden. Aber auch für eine verschuldensunabhängige polizei- und ordnungsrechtliche Entschädigung sei kein Raum, mindestens aber seien solche Ansprüche wegen Ablaufs der diesbezüglichen gesetzlichen Ausschlussfrist erloschen.
In Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung hat das LG darauf hingewiesen, dass die Klage begründet sein dürfte, ohne dass es auf eine Beweisaufnahme ankäme.
Die Gründe:
Die Beklagte dürfte unabhängig von einem Verschulden ihrer Feuerwehreinsatzkräfte nach Maßgabe der §§ 72 ff. SOG M-V dem Kläger gegenüber für den Sachschaden entschädigungspflichtig sein.
Es besteht Einigkeit, dass mit Blick darauf, dass § 7 Abs. 6 Satz 1 BrSchG M-V im Grunde von einer Art feuerwehrlicher Ersatzzuständigkeit ausgeht, impliziert also durchaus die Bestimmungen des allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsrechts in Bezug genommen sind, letzten Endes auch die Bestimmungen der §§ 13-78 SOG M-V auf Maßnahmen der öffentlichen Feuerwehren zur - entsprechenden - Anwendung gelangen.
Nachdem hier aus der ex-post-Sicht unstreitig war, dass es nicht der klägerische Rauchmelder war, der das akustische Signal abgesondert und den Feuerwehreinsatz ausgelöst hatte, sondern derjenige aus der Nachbarwohnung, war der Kläger nur ein sog. Anscheinsstörer. Für die primäre gefahrenabwehrrechtliche Handlungsebene muss das zwar keinen Ausschlag geben, weil es hier nur auf die ex-ante-Perspektive ankommt. Danach mochte im vorliegenden Fall der Aufbruch der Tür durchaus rechtmäßig gewesen sein. Auf der sekundären Ebene der Kosten war aber der bloße Anscheinsstörer im Ergebnis wie ein Nichtstörer zu behandeln und als solcher nach den betreffenden Bestimmungen des Polizei- und Ordnungsrechts - hier konkret § 72 Abs. 1 SOG M-V - zu entschädigen, und zwar in Geld (§ 74 Abs. 2 Satz 1 SOG M-V) durch den betreffenden Verwaltungsträger (§ 75 Abs. 1 SOG M-V), der hinter den handelnden Amtsträgern steht, hier mithin durch die beklagte Gemeinde.
Es lag auch kein Ausschluss der Entschädigungshaftung wegen Fristablaufs vor. § 74 Abs. 5 Satz 1 SOG M-V setzt letztlich nur (irgend-) eine Geltendmachung binnen Jahresfrist voraus, nicht notwendigerweise eine Geltendmachung durch Klageerhebung oder sonst in einer (qualifizierten) Form, der nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts (§ 204 Abs. 1 BGB) eine verjährungshemmende Wirkung zukäme. Vielmehr reicht jede auch formlose Aufforderung, den Schaden auszugleichen, aus.
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