03.05.2023

Geburtsname nach Maßgabe deutschen Sachrechts

Erwirbt ein Kind aufgrund Anerkennung der Vaterschaft durch einen Deutschen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 StAG die deutsche Staatsangehörigkeit, führt das Kind vorbehaltlich einer abweichenden Rechtswahl der Sorgerechtsinhaber gem. Art. 10 Abs. 1 EGBGB grundsätzlich einen Geburtsnamen nach Maßgabe deutschen Sachrechts.

BGH v. 22.3.2023 - XII ZB 105/22
Der Sachverhalt:
Die Kindesmutter ist ghanaische Staatsangehörige. Nach ihrer Eheschließung in Ghana mit einem deutschen Staatsangehörigen im Jahr 2009 trug sie zunächst dessen Familiennamen L. als Ehenamen. Nach der Scheidung im Jahr 2014 und der Geburt ihres Kindes im Oktober 2019 in Deutschland erklärte die Kindesmutter - vertreten durch ihre Schwester mit "statutory declaration" vom 18.10.2019 - vor dem Superior Court of Judicature in Accra (Ghana), ihrem durch die vormalige Eheschließung erworbenen Namen nunmehr ihren Geburtsnamen hinzuzufügen, so dass ihr Familienname mit sofortiger Wirkung L.-G. laute. In ihrer Geburtsanzeige gegenüber dem Standesamt vom 13.11.2019 benannte sie auch den Kindsvater, der den Familiennamen W. trägt und deutscher Staatsangehöriger ist. Weiter bestimmte sie darin, dass sich der Familienname des Kindes nach dem Recht von Ghana richten und G.-W. lauten solle.

Im Mai 2020 erkannte der Kindesvater seine Vaterschaft zu dem Kind mit Zustimmung der Kindesmutter in notarieller Form an und erklärte sich damit ein-verstanden, dass das Kind nach dem Recht von Ghana den Familiennamen G.-W. erhalte. Gleichwohl trug das Standesamt das Kind mit dem Geburtsnamen L.-G. in das Geburtenregister ein. Nachdem die Kindeseltern im November 2020 gemeinsame Sorgeerklärungen abgegeben hatten, haben sie im Januar 2021 beim AG beantragt, die Berichtigung des Geburtseintrags anzuordnen. Dieses hat den Antrag zurückgewiesen. Das KG hat das Standesamt im Beschwerdeverfahren angewiesen, den Geburtenregistereintrag für das Kind auf G.-W. zu berichtigen. Auf die Rechtsbeschwerde der Behörde hat der BGH den Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das KG zurückverwiesen.

Gründe:
Die bisher getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht die von den Antragstellern beantragte Berichtigung des Geburtseintrags.

Ein Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 1 Satz 2 StAG tritt nach soweit ersichtlich allgemeiner und zutreffender Auffassung rückwirkend mit der Geburt des Kindes ein. Dies führte im vorliegenden Fall dazu, dass sich die Namensbestimmung gem. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB selbst dann rückwirkend ab dem Zeitpunkt seiner Geburt ausschließlich nach deutschem Sachrecht richtet, wenn das Kind mehreren Staaten angehörte. Die rückwirkende Anwendung deutschen Sachrechts schließt es aber aus, dass das Kind wirksam einen Geburtsnamen nach ghanaischem Sachrecht erworben hat.

Auf der Grundlage deutschen Sachrechts schied die von den Antragstellern begehrte Berichtigung des im Geburtenregister eingetragenen Geburtsnamens aus. Danach bestimmt sich der Geburtsname für das betroffene Kind gem. § 1617 a Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift erhält ein Kind als Geburtsnamen den Namen seiner - wie hier - nicht verheirateten Mutter, den diese im Zeitpunkt der Geburt des Kindes geführt hat, sofern der Mutter das alleinige Sorgerecht zugestanden hat. Wer Inhaber der elterlichen Sorge ist, wird, wenn keine deutsche oder in Deutschland anzuerkennende ausländische Sorgerechtsentscheidung vorliegt, in selbständiger Anknüpfung gem. Art. 16 Abs. 1 des Haager Kinderschutzabkommens (KSÜ) nach dem Sachrecht des Staates bestimmt, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Macht das Sorgerechtsstatut die Zuweisung der elterlichen Sorge von der Abstammung abhängig, ist diese ebenfalls selbständig nach Art. 19 EGBGB anzuknüpfen. Bei hier vorliegendem gewöhnlichem Aufenthalt des Kindes im Inland ist deutsches Recht zur Bestimmung der elterlichen Sorge berufen.

Nach deutschem Sachrecht hatte die (nicht verheiratete) Kindesmutter gem. § 1626 a Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 BGB im Zeitpunkt der Geburt des Kindes die alleinige elterliche Sorge, weil die Eltern eine Sorgeerklärung (§ 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB) erst später nach der Beurkundung des Geburtsnamens abgegeben haben. Nach der Regelung des somit anwendbaren § 1617 a Abs. 1 BGB kam eine Berichtigung des Geburtsnamens des Kindes auf den Namen G.-W., wie von den Kindeseltern beantragt, nicht in Betracht. Auch die von den Eltern nach der Beurkundung begründete gemeinsame elterliche Sorge für das Kind bot keine Grundlage dafür, die Eintragung des begehrten Geburtsnamens mittels einer Maßgabenanordnung hinsichtlich einer vorzunehmenden Folgebeurkundung auszusprechen. Denn auch bei gemeinsamer elterlicher Sorge kann der Geburtsname des Kindes gem. § 1617 b Abs. 1 i.V.m. § 1617 Abs. 1 Satz 1 BGB lediglich nach dem Namen des Vaters oder der Mutter, nicht jedoch als Doppelname der Eltern bestimmt werden.

Im weiteren Verfahren wird das Beschwerdegericht zu prüfen haben, ob die von den Eltern nach Art. 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EGBGB getroffene Rechtswahl, nach der sich die Namensbestimmung für das Kind nach ghanaischem Recht richten soll, wirksam ist. Nach dieser Vorschrift können allerdings von vornherein nur solche Rechtsordnungen gewählt werden, die eine den familiären Bezug erkennbar machende Namenserteilung vorsehen. Rechtsordnungen, die ausschließlich Eigennamen kennen oder die eine Namensbestimmung für das minderjährige Kind in das freie Belieben der sorgeberechtigten Eltern stellen und dabei auch die Erteilung von sog. Phantasienamen zulassen, können nicht gewählt werden, da die nach solchen Regeln erfolgende Namensgebung nicht den Begriff des "Familiennamens" i.S.d. Art. 10 Abs. 3 EGBGB erfüllt. Insoweit kommt es (ausschließlich) auf den Inhalt der gewählten Rechtsordnung, nicht hingegen darauf an, ob der konkret gewählte Name des Kindes wie hier einen familiären Bezug erkennbar macht. Hierzu hatte die Vorinstanz noch keine ausreichenden Feststellungen getroffen.

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Aufsatz
Wolfgang Keuter
Entwicklungen im Statusrecht 2022
FamRZ 2023, 565

Kurzbeitrag
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