05.06.2025

Kein Anspruch des Entrümpelungsunternehmens auf Sensationsfund bei Wohnungsauflösung

Das LG Köln hat die Klage einer Entrümpelungsfirma gerichtet auf Zahlung eines Teilbetrages (100.000 €) für in der Wohnung entdecktes Bargeld von über 600.000 € als auch Finderlohn abgewiesen. Insbesondere vertragliche Ansprüche würden ausscheiden, da eine Regelung in den AGB des Unternehmens dahingehend, dass mit Beginn der Tätigkeit alle in dem Auftragshaushalt befindlichen Gegenstände in das Eigentum des Auftragnehmers übergehen, unwirksam sei.

LG Köln v. 8.5.2025 - 15 O 56/25
Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt in Bayern ein Unternehmen zur Entrümpelung von Wohnungen. Die Beklagte, für die eine Betreuung angeordnet ist, lebte bis zum Jahr 2022 in Bayern. Nachdem der ebenfalls unter Betreuung stehende Lebensgefährte nicht mehr in der Wohnung leben konnte, wollte die Beklagte nach Köln ziehen. Die Beklagte, vertreten durch ihren Betreuer, beauftragte die Klägerin mit der Entrümpelung der im Eigentum der Beklagten stehenden Wohnung gegen Zahlung von 2.850 €.

Die Parteien vereinbarten die Geltung der AGB der Klägerin. Darin ist u.a. geregelt: "Bei all unseren angebotenen Leistungen, [...] sind in den Räumlichkeiten befindliche Wertgegenstände vorab vom Auftraggeber (Kunden) zu entfernen bzw. sicherzustellen. Mit Beginn der Tätigkeit gehen alle in dem Auftragshaushalt befindlichen Gegenstände in das Eigentum des Auftragnehmers über. Die weitere Verwertung obliegt dem Auftragnehmer."

Für den Betreuer der Beklagten übergab die Betreuerin des Lebensgefährten die von ihr durchgesehene Wohnung an die Klägerin. Die Klägerin und ihre Mitarbeiter räumten zunächst die Wohnung, in der sie u.a. in Windelpackungen und an anderen streitigen Orten Bargeld in Höhe von 557.000 € sowie Schmuck und Münzen mit einem durchschnittlichen Verkehrswert von 29.000 € bis 32.000 € fanden.

Bargeld, Schmuck und Münzen wurden auf Wunsch des Betreuers der Beklagten an die Betreuerin des Lebensgefährten herausgegeben. Ebenso geschah es mit einem später im Keller der Wohnung in einem Koffer aufgefundenen weiteren Bargeld in Höhe von 66.500 €. Die Parteien verständigten sich wegen des Mehraufwands der Klägerin bezüglich der Abwicklung von Bargeld, Schmuck und Münzen auf die Zahlung von Mehrvergütung in Höhe von 2.000 €.

Außergerichtliche Aufforderungen der Klägerin auf Auszahlung des aufgefundenen Geldbetrags und des Schmucks seitens der Beklagten blieben erfolglos. Mit der Klage nimmt die Klägerin die Beklagte wegen des aufgefundenen Bargelds und Finderlohns auf einen Teilbetrag von 100.000 € in Anspruch. Sie ist insbesondere der Ansicht, dass ihr ein Anspruch darauf aufgrund der Regelung in ihren AGB zustehe. Der Betreuer der Beklagten habe bei der Durchsicht der Wohnung vor Übergabe an die Klägerin seine Pflichten verletzt. Zudem behauptet sie, sie habe Geld, Schmuck und Münzen nur herausgegeben, um für eine sichere Verwahrung zu sorgen, nachdem - was die Beklagte in Abrede stellt - eine Bank die Annahme verweigert habe.

Dieser Argumentation ist das LG nicht gefolgt und hat die erhobene Teilklage abgewiesen und auf die Widerklage der Beklagten festgestellt, dass der Klägerin auch keine weiteren Ansprüche gegen die Beklagte auf Zahlung weiterer 523.500 € sowie auf Herausgabe von Schmuck und Münzen oder entsprechendem Wertersatz zustehen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Der Klägerin stehen aus dem Vertrag keinerlei Ansprüche zu. Die in ihren AGB verwendete Klausel: "Mit Beginn der Tätigkeit gehen alle in dem Auftragshaushalt befindlichen Gegenstände in das Eigentum des Auftragnehmers über." ist unwirksam, weil sie eine Erklärung des Auftraggebers, hier die für einen Eigentumsübergang notwendige Übereignungserklärung fingiert, ohne dem Auftraggeber die Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung zu eröffnen (Verstoß gegen § 308 Nr. 5 BGB) und ihn unangemessen benachteiligt.

Dabei wiederholt die Regelung nicht nur, was nach geltendem Recht für konkludentes Verhalten ohnehin schon gilt. Denn aus Sicht der Klägerin kann sich hier nach allgemeinen Regeln aus der Wohnungsübergabe zur Entrümpelung jedenfalls dann nicht die schlüssige (sog. konkludente) Erklärung eines Übereignungsangebots hinsichtlich des gesamten Inhalts der Wohnung ergeben, wenn diese - wie hier - durch den Betreuer angesichts des krassen Missverhältnisses zwischen der Leistung der Klägerin und dem Wert des übereigneten Wohnungsinhalts erkennbar unter Verstoß gegen die Pflichten eines Betreuers in Vermögensangelegenheiten erfolgt ist. Die Klägerin kann nicht erwarten, dass der Betreuer der Beklagten ihr für eine Entrümpelung Wertgegenstände im hier vorliegenden Wert von mehreren Hunderttausend Euro überlassen und die Betreute hierzu verpflichten wolle.

Zudem benachteiligt die Regelung die Beklagte als Auftraggeberin im Zusammenhang der Gesamtregelung unangemessen. Zwar besteht grundsätzlich ein berechtigtes Interesse des Entrümplers, die übernommene Entsorgung des Wohnungsinhalts "unbesehen" vornehmen zu dürfen, etwa Behältnisse wie Koffer und Kisten ohne Prüfung des Inhalts der Abfallwirtschaft zuzuführen, oder ein Interesse, den vereinbarten Lohn durch Verwertung aller zurückgelassenen Gegenstände aufzubessern. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - dem Auftraggeber die Möglichkeit eingeräumt und empfohlen wird, die Räumlichkeiten auf Wertgegenstände durchzusehen und diese zu entfernen. Indes unterscheidet die vorliegende Regelung nicht zwischen für den Auftraggeber bei einer sorgfältigen Durchsicht erkennbaren Wertgegenständen, wie sie etwa in Schränken oder Aufbewahrungsbehältnissen üblicherweise verwahrt werden, und "versteckten" Wertgegenständen, etwa Bargeld oder Schmuck im Spülkasten der Toilettenspülung, auf der Rückseite von Schrankwänden usw., mit anderen Worten Wertgegenständen an Orten, die bei einer üblichen, auch sorgfältigen Durchsicht mit zumutbarem Aufwand nicht durchgeschaut werden. Für einen solchen Fall fehlt eine Regelung, die den Interessen beider Vertragsparteien angemessen Rechnung trägt, etwa der gesetzlichen Herausgabepflicht des Entrümplers (§ 667 BGB) ein angemessenes Zusatzhonorar gegenüberstellt. Hier ist im Gegenteil einseitig nur eine nicht näher beschriebene Vertragsanpassung des Honorars nur zu Gunsten des Auftragnehmers vorgesehen, auch wenn der Wert des "versteckten" Wertgegenstands erkennbar außer Verhältnis zum (Mehr-)Aufwand bei der Entrümpelung steht. Das Risiko des Übersehens von Wertgegenständen wird dadurch einseitig auf den Auftraggeber verlagert.

Mögliche Ansprüche auf Herausgabe des Geldes aus Eigentumsgesichtspunkten (§ 985 BGB) bestehen ebenfalls nicht, da die Klägerin ihr Eigentum jedenfalls aufgrund der Einzahlung des Bargelds bei einem Kreditinstitut verloren hat. § 985 BGB begründet keinen Anspruch auf einen entsprechenden Geldwert (sog. Geldwertvindikation). Bereicherungsansprüche (§ 812 BGB) stehen der Klägerin aufgrund der erläuterten Rechtslage ebenfalls nicht zu, weil der Beklagten als Eigentümerin von Bargeld, Schmuck und Münzen diese zugestanden haben, die Übergabe durch die Klägerin also nicht ohne Rechtsgrund erfolgt ist und die Beklagte auch nichts auf Kosten der Klägerin erlangt hat.

Weil auch die Voraussetzungen anderer Anspruchsgrundlagen nicht ersichtlich sind, ist anschließend weiter zu prüfen gewesen, ob der von der Klägerin hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Finderlohn (§ 971 BGB) besteht. Ein solcher Anspruch, der sich rechnerisch mit höchstens 19.670 € beliefe (§ 971 Abs. 1 S. 2 BGB), besteht dagegen nicht.

Der Anspruch auf Finderlohn setzt voraus, dass die Klägerin Finder einer verlorenen Sache wäre (§§ 965, 971 BGB). Verloren sind Sachen, die nach dem Besitzrecht besitzlos, aber nicht herrenlos sind. Nicht besitzlos sind liegengelassene, versteckte Sachen, deren Lage bekannt und deren jederzeitige Wiedererlangung möglich ist, oder verlegte Sachen, deren Lage noch nicht endgültig vergessen ist. Hier erstreckt sich der generelle Besitzwille der Beklagten auf alle in ihrer Wohnung befindlichen Gegenstände. Anhaltspunkte dafür, dass sie den Besitz an den Gegenständen aufgeben wollte, ergeben sich nicht. Insbesondere aus dem Entrümpelungsvertrag und der Übergabe der Wohnung an die Klägerin folgt keine Besitzaufgabe am gesamten Wohnungsinhalt, denn die Entrümpelung hat der der Beklagten nach öffentlichem Recht obliegenden ordnungsgemäßen Entsorgung des Wohnungsinhalts gedient. Ohnehin ist hier damit zu rechnen gewesen, dass die Beklagte Geld, Schmuck und Münzen wieder an sich nehmen würde und den Besitz nicht aufgeben will. Insgesamt ist die Klage daher abzuweisen gewesen und auf die Widerklage der Beklagten die begehrte Feststellung zu treffen. Wie sich aus den Begründungen ergibt, stehen der Klägerin Ansprüche dem Grunde nach wegen des Bargelds unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Hinsichtlich des Schmucks und der Münzen gilt nichts Anderes.

Mehr zum Thema:

Aktionsmodul Zivilrecht
Mit dem Aktionsmodul Zivilrecht stehen dem umfassend tätigen Praktiker die Inhalte der Beratermodule zum Arbeitsrecht, Familienrecht, Mietrecht und WEG-Recht, Zivilrecht und Zivilverfahrensrecht zur Verfügung. 4 Wochen gratis nutzen!

Otto Schmidt Answers optional dazu buchen und die KI 4 Wochen gratis nutzen! Die Answers-Lizenz gilt für alle Answers-fähigen Module, die Sie im Abo oder im Test nutzen.
 
LG Köln PM vom 2.6.2025