11.12.2020

Keine Vorlagepflicht des Mietvertrages für Zustimmung zur Vermietung

Die Nichtvorlage des Mietvertrags ist kein wichtiger Grund zur Verweigerung der nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer erforderlichen Zustimmung zur Vermietung (und zur Veräußerung) einer Eigentumswohnung.

BGH v. 25.9.2020 - V ZR 300/18
Der Sachverhalt:
Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Das Gebäude umfasst drei Einheiten. In dem hier maßgeblichen Zeitraum gehörten die Wohnung im Erdgeschoss den Beklagten, die im ersten Obergeschoss dem Kläger und die Wohnung im Dachgeschoss den Parteien gemeinschaftlich. Nach der Teilungserklärung dienen die Einheiten Wohnzwecken. Die Vermietung einer Wohnung bedarf der schriftlichen Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer, die nur aus wichtigem Grund versagt werden darf.

Im Juni 2015 informierte der Kläger die Beklagten darüber, dass er seine Wohnung an eine Familie mit vier Kindern im Alter von zwei, vier, sechs und acht Jahren vermieten wollte. In der Zeit vom 19.6.2015 bis 31.10.2016 überließ er die Wohnung der Familie unentgeltlich, da die Beklagten der Vermietung nicht zugestimmt hatten. Der Kläger hat von den Beklagten zunächst die Erteilung der Zustimmung zur Vermietung verlangt. Nach Auszug der Familie hat er unter Änderung seines Antrags die Feststellung beantragt, dass die Beklagten verpflichtet waren, ihre Zustimmung zu der Vermietung seiner Wohnung zu erteilen.

Das AG hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das LG die Klage abgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der BGH das Berufungsurteil insoweit aufgehoben als der Klageantrag zu 1 abgewiesen worden war und die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.

Gründe:
Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist die Nichtvorlage des Mietvertrags kein wichtiger Grund zur Verweigerung der Zustimmung.

Nach verbreiteter Ansicht darf ein Wohnungseigentümer die Erteilung seiner erforderlichen Zustimmung zur Veräußerung oder Vermietung von Wohnungseigentum zwar davon abhängig machen, dass ihm Informationen über den vorgesehenen Erwerber oder Mieter zugänglich gemacht werden. Im Verweigerungsfall soll im Rahmen von § 12 Abs. 1 WEG die Zustimmung versagt werden können. Teilweise wird dies damit begründet, dass die Zustimmung zwar unverzüglich erteilt werden müsse, bei dieser Sachlage aber kein schuldhaftes Zögern. Nach anderer Ansicht ist die Erteilung solcher Informationen Voraussetzung für die Fälligkeit des Zustimmungsanspruchs. Jedenfalls soll eine Verzögerung dann keine zu vertretende Pflichtverletzung sein. Ein solches Recht kann dem Wohnungseigentümer, dessen Zustimmung zur Vermietung erforderlich ist, jedenfalls nur im Hinblick auf Informationen oder Unterlagen zugebilligt werden, die bei objektiver Betrachtung für die Prüfung erforderlich sind, ob der geplanten Vermietung (oder Veräußerung) wichtige Gründe entgegenstehen.

Zu diesen Informationen und Unterlagen gehören zwar Angaben zu Namen, Beruf, Familienstand, Wohnanschrift des Mietinteressenten und zur Zahl der Personen, die mit ihm einziehen sollen; diese hatte der Kläger den Beklagten allerdings übermittelt. Der Mietvertrag für die vorgesehene Vermietung, auf dessen Nichtvorlage das Berufungsgericht seine Entscheidung stützt, gehört dagegen nicht dazu. Denn nach überwiegender Meinung darf die Erteilung der Zustimmung zur Veräußerung ebenso wie zur Vermietung einer Eigentumswohnung vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen der Wohnungseigentümer nicht von der Vorlage des Erwerbs- bzw. Mietvertrags abhängig gemacht werden.

Das Vorliegen oder Fehlen eines wichtigen Grundes zur Versagung der Zustimmung zur Vermietung hängt damit entscheidend von der Person des Mieters und der Personen, die mit ihm einziehen sollen, sowie davon ab, ob zu erwarten ist, dass sich diese an die Regeln der Wohnungseigentümergemeinschaft halten. Aus dem Inhalt des Mietvertrages können sich zwar in besonderen Ausnahmefällen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Mietbewerber die Regeln der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht einhalten will. Selbst rechtlich oder tatsächlich unzutreffende Angaben im Vertrag ergeben aber in aller Regel keine belastbaren objektiven Anhaltspunkte dafür, dass sich der Mieter der Wohnung seinen Verpflichtungen entziehen will.

Im praktischen Ergebnis liefe die Vorlage des Kaufvertrages im Zusammenhang mit der Zustimmung zur Veräußerung deshalb meist darauf hinaus, den Kaufpreis und andere interne Vereinbarungen des verkaufenden Wohnungseigentümers mit dem Erwerber offen zu legen, auf die es für die Prüfung des Vorliegens oder Fehlens eines wichtigen Grundes für die Versagung der erforderlichen Zustimmung gar nicht ankommt. Für die Vorlage des Mietvertrages im Zusammenhang mit der Erteilung der Zustimmung zur Vermietung gilt nichts Anderes.
BGH online
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